Münsteraner Weihbischof zum Sinn der Fasten- und Bußzeit

Es Jesus nach tun

Die Fastenzeit als heilsame Zeit, vierzig Tage des Öffnens auf das Wesentliche. Verzicht und Besinnung kann durchaus heilsam sein. Das erklärt der Münsteraner Weihbischof Dr. Stefan Zekorn im domradio.de-Interview. Er spricht über den Sinn des Verzichtes und auf welche Weise man die Tage bis Ostern bewusst gestalten kann.

Stefan Zekorn (Weihbischof im Bistum Münster) (KNA)
Stefan Zekorn (Weihbischof im Bistum Münster) / ( KNA )

domradio.de: Warum verzichten wir eigentlich in den vierzig Tagen vor Ostern?
Weihbischof Zekorn: Weil wir es damit Jesus nach tun. Wir hören ja in der Heiligen Schrift, wie Jesus am Beginn seines öffentlichen Wirkens vierzig Tage in die Wüste gegangen ist und dort gefastet hat. Die Kirche hat diese Tradition in der Vorbereitung auf das Osterfest aufgenommen.

domradio.de: Viele nehmen sich in der Vorbereitung auf das Osterfest viele Dinge vor, wie zum Beispiel auf Schokolade, Alkohol oder Rauchen zu verzichten. Müssen es denn immer unbedingt verzehrbare Genüsse sein, die wir fasten oder geht das auch ganz anders?
Weihbischof Zekorn: Ja, es geht auch ganz anders, wobei ich glaube, dass das Fasten im Sinne des Fastens beim Essen durchaus seine wichtige Bedeutung hat. Nicht umsonst begegnet uns das Fasten im Alten und Neuen Testament durchgängig als ein Fasten in der Nahrung. Ich glaube, das liegt daran, dass die Nahrung ein so alltäglicher Vorgang ist, dass wir hier eine gute Möglichkeit haben, Verzicht einzuüben. Natürlich sind das kleine Schritte aber - wie so oft im Leben - sind es die kleinen Schritte, die uns hineinführen in eine Haltung und die uns dann irgendwann auch einmal größere Schritte ermöglichen.

domradio.de: Von der Hl. Teresa von Avila ist der Satz überliefert: "Wenn Fasten, dann Fasten und wenn Rebhuhn, dann Rebhuhn." Über das Fasten beim Essen haben wir schon gesprochen. Aber kann ich mich denn nicht auch gut auf Ostern vorbereiten ganz ohne Verzichten?
Weihbischof Zekorn: Ob es ganz ohne Verzichten geht, weiß ich nicht. Man muss nicht den Schwerpunkt auf das Fasten beim Essen legen, aber der Verzicht als solcher ist in unserem Leben sehr wichtig und zwar - ich will es einmal so nennen - als ein Training der inneren Freiheit. Im Alltag ist es ja oft so, dass viele Dinge uns einfach so umgeben und wir sie ganz selbstverständlich annehmen und manchmal erst nach einiger Zeit merken: "Da hab ich mich gar nicht für entschieden. Da lebt mich irgendetwas." Ich glaube, bewusster Verzicht ist eine Möglichkeit, nicht gelebt zu werden sondern selbst zu leben, die eigene Freiheit zu trainieren. Deshalb glaube ich, ganz ohne Verzicht ist eine Fastenzeit nicht denkbar, eine Zeit der Vertiefung auf den hin, der ja die Fülle ist und von dem allein ich die Fülle erwarte. Darum ist es wichtig, dass ich mir immer wieder deutlich mache, dass die Fülle eben nicht in den vielen Kleinigkeiten des Alltags liegt, von denen ich sie manchmal mir erhoffe.

domradio.de: Um sich aber doch wieder auf das Wichtige und Richtige zu besinnen, gibt es in der Fastenzeit eigentlich Angebote über Angebote. Es gibt SMS-Fasten, Online-Fastenimpulse, Heilfasten und vieles mehr. Wenn Sie als Weihbischof, der Sie ja viele Kontakte mit den Menschen haben, beispielsweise auf einer Firmreise, von einem Gläubigen gefragt werden, wie er die Fastenzeit für sich gut gestalten kann: was würden Sie ihm raten?
Weihbischof Zekorn: Ich glaube, die alte Trias, die alte Dreiheit von Fasten, Gebet und Almosen uns auch heute gute Hinweise gibt. Also: Fasten im Sinne von dem Bemühen, irgendwo beim Essen tatsächlich ein Stück Verzicht zu üben als ein kleiner Schritt. Das Gebet zu intensivieren, das natürlich beim Einzelnen sehr unterschiedlich ist. Aber im Moment empfehle den Firmanden, die ich firme, sich am Tag drei Minuten zu nehmen. Nur drei Minuten und in diesen drei Minuten aber ganz bewusst den Kontakt zu suchen und Gott das zu sagen, was mir auf dem Herzen ist und bereit sein, auf ihn zu hören. Ich glaube, dass das ein guter Anfang ist. Das dritte sind Almosen - also die Öffnung auf die hin, die in Not sind und zu versuchen, das Herz ihnen zu öffnen und ganz konkret auch etwas für sie zu tun. Sei es für manche das Butterbrot für jemanden, der unter Umständen an der Tür schellt, sei es aber auch das Geld für die, die es etwas in der weiten Welt von uns brauchen. Fasten, Gebet, Almosen! Diese Trias ist nach wie vor, so glaube ich, eine bewährte, gute Hilfe.

domradio.de: Drei Minuten raten Sie den Firmanden. Sie als Weihbischof haben ja auch einen gut gefüllten Terminplan. Wie versuchen Sie denn für sich persönlich, die Fastenzeit zu gestalten? Sind das dann auch die drei Minuten am Tag oder gibt es da Möglichkeiten, auch noch mehr Zeit zu widmen?
Weihbischof Zekorn: Für mich ist tatsächlich auch der Akzent einmal beim Essen darauf zu achten. Die klassischen Süßigkeiten fallen bei mir zum Beispiel auch weg und das ist, finde ich, schon ein deutliches äußeres Zeichen. Was das Gebet angeht, versuche ich vor allen Dingen abends, wenn ich nicht spät wiederkomme, mir mehr Zeit als sonst für das Gebet zu nehmen. Ich mache das jetzt schon von Aschermittwoch an und merke, wie gut mir das tut. Nicht unbedingt die Zeitung zu lesen, die ich noch nicht gelesen habe oder noch ins Internet zu gucken, sondern mir einfach noch die Zeit zu nehmen, noch vor Gott zu kommen, mit ihm den Tag zu reflektieren, noch in die Heilige Schrit zu schauen und in dieser Ausrichtung auf die Mitte des Lebens, die Gott ist, dann ins Bett zu gehen. Das ist sehr heilsam. Eigentlich könnte man es das ganze Jahr so tun, aber es ist gut, dass es Zeiten gibt, wo man angeregt wird, so etwas besonders vorzunehmen. Vielleicht hält es dann ja auch ein bisschen länger. Manchmal ist es so.

domradio.de: Für Sie ist die Fastenzeit also eine ganz heilsame Zeit in der Vorbereitung auf Ostern?
Weihbischof Zekorn: Das erlebe ich so. Und ich erlebe es für mich, aber auch in den Gemeinden, in die ich komme, wo viele Initiativen sind, die wirklich diese Zeit vertiefen. Ich denke etwa an eine Ausstellung, die ich gerade in einer Gemeinde eröffnet habe zum Thema "Kreuz". Viele Kreuze weisen die Menschen auf diese Mitte hin. Wenn wir jetzt über Verzicht sprechen in der Fastenzeit, dann macht uns das Kreuz ja deutlich, dass diese kleinen Schritte unseres Verzichts aber ein Stück Teilhabe sind an der großen Lebenshingabe, die Jesus uns vorgelebt hat und die wir als Christen ja versuchen, mit unserem ganzen Leben einzuschwingen. Nochmal: das sind oft kleine Schritte, aber ich finde, die kleinen Schritte sind es oft im Leben, die uns eine tiefere Haltung ermöglichen und uns zum Größeren führen.  
Das Interview führte Matthias Friebe.