Durch die Fastenzeit mit Pater Anselm Grün

Der Weg nach Innen

Wahrhaft genießen kann nach den Worten Anselm Grüns nur, wer auch verzichten kann. Auf domradio.de wird der Benediktinerpater tägliche Impulse in der Fastenzeit geben. "Vor der Fastenzeit freue ich mich nicht besonders darauf, weil ich merke, es ist eine Herausforderung. Aber in der Fastenzeit merke ich, es tut mir gut. Ich komme wieder ein Stück in Ordnung mit meinem Leben", sagt Anselm Grün.

 (DR)

Fasten solle aus Freude geschehen, "aus Freude an der inneren Freiheit und an einem intensiveren Leben", schreibt der Bestsellerautor. Die Fastenzeit sei die Trainingszeit für die innere Freiheit. Wer faste, um sich zu bestrafen, weil er zu viel gegessen habe, erlebe nicht die Wohltat des Fastens.



Lust auf Askese

Der Mensch sollte Lust auf Askese haben und sich dabei beweisen, dass er frei sei und nicht einfach von seinen Bedürfnissen beherrscht werde, erinnert Grün. Dabei sei es jedem selbst überlassen, worauf er verzichten wolle. Er selbst beginne die Fastenzeit immer mit einem Fastenkurs für 30 Leute, berichtet der Benediktiner. Dabei verzichteten alle Teilnehmer auf Essen, tränken nur Tee, Wasser und Gemüsebrühe. Die ersten beiden Tage seien manchmal mühsam. Doch dann fühle man sich frei: "Die Sinne sind wacher. Man träumt intensiver. Man nimmt die Natur um sich intensiver wahr."



Mit 250 Buchtiteln und eine Gesamtauflage von mehr als 16 Millionen verkauften Exemplaren ist Pater Anselm Grün der meistgelesene christliche Autor im deutschen Sprachraum. Seine spirituellen Ratgeber wurden in über 25 Sprachen übersetzt. Außerdem ist der Ordensmann als Vortragsredner und Berater von Führungskräften gefragt.



Theologe und Betriebswirt

Seine Bücher entstehen vor allem nachts, denn im Hauptberuf ist der Cellerar seit 32 Jahren für die 20 Wirtschaftsbetriebe seiner unterfränkischen Abtei Münsterschwarzach verantwortlich.



Im Zuge der Wirtschaftskrise räumte der Pater öffentlich ein, sich an der Börse teilweise verspekuliert zu haben. Grün stammt aus dem fränkischen Junkershausen und wuchs in München auf. Mit 19 Jahren trat er in die Benediktiner-Abtei Münsterschwarzach bei Würzburg ein, in der er bis heute lebt. Sein Theologiestudium schloss er mit einer Promotion ab, außerdem studierte er Betriebswirtschaft.



Die Menschen sehnten sich nach einer Spiritualität, "die nicht bewertet und moralisiert, sondern in eine christliche Erfahrung führt", erklärt sich Grün seinen Erfolg. Den Vorwurf, seine Theologie sei esoterisch, weist der Benediktiner mit dem Rauschebart und den langen Haaren zurück. Er versuche aber, die christliche Botschaft in einer Sprache zu verkünden, die suchende Menschen anspreche, auch solche, die bisher in der Esoterik gesucht hätten, sagt Grün.



Den "inneren Raum" spüren

Einfach zu leben bedeute nicht nur Askese, vielmehr solle der Mensch das Leben voller Freude und Leidenschaft genießen. "Aber auf das Wesentliche vereinfachen", meint der Pater. Er meditiere jeden Morgen. "Das ist wichtig, um den inneren Raum zu spüren. Dort wohnt Gott, und der Trubel hat keinen Zutritt", berichtet Grün. Zum "einfachen Leben" gehöre auch ein fester Rhythmus, meint der Pater, dessen vor fünf Uhr beginnender Tag durch Arbeit in der Verwaltung, feste Gebets-, Rekreations- und Mahlzeiten strukturiert ist. Die Menschen heute ließen sich oft unter Druck setzen durch Erwartungen anderer.



"Es ist nur die Frage, ob ich den Druck übernehme oder sportlich reagiere in aller Freiheit", rät der Fan des TSV 1860 München. Nicht bewerten lassen und auch nicht sich selbst pausenlos fragen "Was denken die anderen von mir?", so einer seiner wichtigsten Ratschläge. Jeder sei einzigartig und solle überlegen, welche Lebensspur er eingraben möchte, empfiehlt der Pater.


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