Guido Cantz über Humor in Zeiten der Corona-Pandemie

Das Lächeln zurück ins Wohnzimmer bringen

Witze machen ist sein Beruf: Der Komiker und Fernsehmoderator Guido Cantz zieht aber bei Corona eine Grenze. "Dafür sind zu viele Menschen weltweit krank", sagt er im Interview und spricht über seine Auffassung von Humor als bekennender Christ. 

Komiker und TV-Moderator Guido Cantz / © Tobias Hase (dpa)
Komiker und TV-Moderator Guido Cantz / © Tobias Hase ( dpa )

DOMRADIO.DE: Sie sind Moderator der TV-Show "Verstehen Sie Spaß?". Mal ganz einfach gefragt: Verstehen wir momentan noch Spaß?

Guido Cantz (Komiker und Fernsehmoderator): Es ist auf jeden Fall schwieriger geworden, in solchen Zeiten Spaß zu verstehen. Ich glaube aber, dass Humor immer wichtiger wird, je länger die Leute zu Hause sind und sich mit dem Thema Krise beschäftigen. Ich glaube auch, dass Leute wie ich da die Aufgabe haben, das Lächeln wieder ein wenig ins Wohnzimmer zurück zu bekommen.  

DOMRADIO.DE: Und das müssen Sie jetzt konkret tun. Am Samstag steht die große Jubiläumssendung an: 40 Jahre "Verstehen Sie Spaß?". Aber Sie haben die gleichen Probleme wie alle, man muss Abstand halten und mit dem Publikum wird das auch schwierig sein. Sie hatten gestern die Generalprobe, welche Auswirkungen hat das auf die Show?

Cantz: Wir haben gar kein Publikum. Alle im Team haben Maskenpflicht und wir haben ein deutlich verkleinertes Team. Es gibt ganz große Hygienevorschriften, was natürlich absolut richtig ist. Es werden nur zwei Gäste live im Studio sein mit großem Abstand. Einmal Dr. Eckart von Hirschhausen, der Mediziner, Komiker und ein guter Freund von mir ist. Und Bülent Ceylan ist da, der Rest wird zugeschaltet.

DOMRADIO.DE: Wie schafft man es in einer solchen Lage, trotzdem lustig zu sein?

Cantz: Das ist mein Job. Und ich glaube, dass neben Informationen, die natürlich in diesen Tagen sehr wichtig sind, damit die Leute informiert sind, auch Unterhaltung eine große Aufgabe zuteilwird. Wir müssen versuchen, unseren Job gut zu machen und müssen den Leuten ein bisschen Zerstreuung bieten.

Es hilft ja nichts, den Kopf in den Sand zu stecken. Man muss auch nach vorne schauen. Vielleicht können wir mit so einer Sendung am Samstagabend ein bisschen helfen, dass die Familie, die eh schon näher zusammengerückt ist, zusammen Fernsehen guckt und vielleicht auch zusammen lacht.

DOMRADIO.DE: Machen Sie denn auch Witze über Corona oder ist das ein absolutes No-Go?

Cantz: Ich glaube, man sollte keine Witze über Corona machen, aber über die Begleiterscheinungen kann man natürlich Witze machen. Mit der Tatsache, dass es seit Wochen kein Mehl gibt, kann man sich – finde ich – schon lustig auseinandersetzen. Aber das Thema an sich ist, glaube ich, zu ernst, dafür sind auch zu viele Menschen weltweit krank.

DOMRADIO.DE: Die Frage dahinter ist ja schon fast eine Philosophiefrage für Komiker: Über was kann man Witze mache, über was nicht? Wo liegt da für Sie grundsätzlich die Grenze?

Cantz: Da zieht jeder eine andere Grenze. Ich glaube, dass man über den Tod oder so was Witze machen kann, das macht jeder anders. Aber aktuell über Intensivstationen, über Leute, die krank sind, Witze zu machen, finde ich extrem schwierig.

Das liegt auch daran, dass mein Vater selbst COPD-Patient (Chronische obstruktive Lungenerkrankung, Anm. d. Red.) ist und mit 80 zur absoluten Risikogruppe gehört. Den hab ich jetzt selbst seit einigen Wochen nicht sehen können. Wenn man selbst persönlich betroffen ist, macht man sowieso automatisch keine Witze. Wie gesagt: Das macht jeder anders. Wir sind eine Familiensendung, da muss man humortechnisch sowieso etwas finden, wo alle Generationen Freude dran haben können.

DOMRADIO.DE: Bekommt man denn jetzt eine neue Sensibilität für das Thema? Gibt es irgendetwas, was Sie jetzt nicht mehr machen würden, was Sie aber früher okay gefunden hätten?

Cantz: Ja, klar, man bekommt auf jeden Fall eine andere Sensibilität, weil man das Gebäude und das Studio nur unter Aufsicht eines Security-Mitarbeiters betreten darf und wenn man sich die Hände desinfiziert hat. Es ist alles anders.

Und ja, auch wir überlegen, ob man irgendeinen Gag, ein Wortspiel, einen Scherz machen kann. Wenn man nur noch die Schere im Kopf hat, dann kann man das überhaupt nicht mehr machen. Dann muss man konsequent sagen: So eine Sendung findet nicht mehr statt. Das wollen wir aber extra nicht. Wir wollen ein Zeichen setzen.

DOMRADIO.DE: Sie sind selbst überzeugter Katholik. Denkt man da noch mal anders über das Thema Humor? Wird das irgendwann blasphemisch oder spielt das gar keine Rolle?

Cantz: Nein, gar nicht. Ich bin Christ, war lange Messdiener, meine Frau ist Katechetin bei uns in der Gemeinde. Wir machen also sehr viel. Ich finde Kirche sehr wichtig, auch für Kinder, dass man denen so etwas anbietet im Leben. Aber nicht umsonst gibt es ja das "Osterlachen", das ein bisschen in Vergessenheit geraten ist. Ich finde, Kirche und Lachen schließt sich in keiner Weise aus.

Man kann auch gute Laune haben, auch in einem Gottesdienst. Ich finde, das sollte man sogar. Und bei Blasphemie ist die Frage auch wieder: Wo setze ich da meine Grenze? Man kann über Kirche genauso Witze machen. Sollte man auch, weil Kirche – zumindest in meinem Alltag – eine große Rolle spielt. Ich finde, Christ sein und auf der Bühne stehen und Witze zu machen – da gibt es ja einige bekannte Beispiele – gehören auf jeden Fall zusammen.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


Eckart von Hirschhausen / © Harald Oppitz (KNA)
Eckart von Hirschhausen / © Harald Oppitz ( KNA )

Komiker Bülent Ceylan / © Uwe Anspach (dpa)
Komiker Bülent Ceylan / © Uwe Anspach ( dpa )
Quelle:
DR