Bund Katholischer Unternehmer feiert 70-jähriges Jubiläum

"Gewinnorientierung ist nicht das Einzige"

Wirtschaften auf dem Fundament der Katholischen Soziallehre und Eintreten für christliche Werte – das ist das Selbstverständnis des Bundes Katholischer Unternehmer. In diesem Jahr feierte er seinen 70. Gründungstag. 

Katholischer Unternehmerverband wird 70 Jahre alt / © Flamingo Images (shutterstock)
Katholischer Unternehmerverband wird 70 Jahre alt / © Flamingo Images ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Unternehmer und Arbeitgeberverbände gibt es viele: Was unterscheidet den Bund Katholischer Unternehmer von den anderen?

Prof. Dr. Dr. Ulrich Hemel (Vorsitzender des Bundes Katholischer Unternehmer / BKU): Wir bieten eine Heimat für all diejenigen Unternehmer und Unternehmerinnen, die ein starkes Wertebewusstsein haben und die speziell im christlichen und katholischen Glauben verankert sind. Dieses Gefühl der Verbundenheit ist mehr als das, was normale Verbände von Arbeitgebern bieten können. Denn es ist eine Gewähr dafür, dass wir uns eben auch in Wirtschaftsfragen, in politischen Fragen, aber natürlich auch in kirchlichen Fragen austauschen.

DOMRADIO.DE: Was war damals, 1949, der Grund für die Gründung des BKU?

Hemel: Das war kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, der ja zunächst einmal ein Zusammenbruch war. Da stellte sich dann die Frage nach der Werteorientierung, speziell auch in der Verankerung im katholischen Glauben, schon ein sehr großes Anliegen. Wir dürfen ja nicht vergessen: Die provisorische Bundeshauptstadt der neu gegründeten Bundesrepublik war in Bonn. Das bedeutet, dass viele Personen hier zusammen gewirkt haben, um den Grundgedanken der christlichen Soziallehre zu verwirklichen. Deswegen hat der BKU tatsächlich in den Gründungsjahren der jungen Bundesrepublik eine besonders prägende Rolle, auch im sozialpolitischen Geschehen, gespielt.

DOMRADIO.DE: Sie verstehen sich als Interessenvertretung, die die christlichen Werte auf der Grundlage der katholischen Soziallehre in die Wirtschaft einbringt. Das oberste Ziel eines Unternehmers ist in der Regel die Gewinnmaximierung. Wie passt das mit der katholischen Soziallehre im Sinne von Verantwortung gegenüber der Schöpfung und den Mitmenschen zusammen?

Hemel: Es passt sehr gut zusammen. Wenn Sie sagen, dass Gewinnorientierung wesentlich für Unternehmen ist, dann wird Ihnen jeder Unternehmer zustimmen. Aber es ist doch nicht das Einzige. Es ist auch heute nicht das Einzige. In diesem Jahr 2019 hat dies auch das Board der CEOs großer Unternehmen in Amerika ebenfalls anerkannt und hat gesagt: Unternehmen brauchen einen Sinn, einen Zweck. Das haben wir schon lange gesagt. Das hängt damit zusammen, dass gutes Wirtschaften immer zugleich dem eigenen Wohl und dem Gemeinwohl dienen muss. Das haben wir tief verankert und aus dieser Balance zwischen Eigenwohl und Gemeinwohl ziehen wir unser Selbstverständnis.

DOMRADIO.DE: In Deutschland besitzen die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung mehr als die Hälfte des Vermögens. Wird dieses Wertebewusstsein immer weniger?

Hemel: Wir haben eine Gesellschaft, die sich in vielen Bereichen stärker polarisiert, als es wünschenswert wäre. Wenn wir uns für die soziale Marktwirtschaft einsetzen, dann auch deswegen, weil wir in ihr ein Friedensprojekt sehen, um die Kräfte des legitimen und nötigen Wettbewerbs auf der einen Seite und die Kräfte der sozialen Kohäsion, des sozialen Zusammenhalts, durch soziale Mindeststandards auf der anderen Seite zusammenzubinden.

Deswegen sind wir da als Bund Katholischer Unternehmer auch keineswegs verschlossen gegenüber neuen Initiativen. Nur bitte nicht gegen den berühmten Mittelstandsbauch, der entstanden ist und der dazu führt, dass jeder, der ein bisschen überdurchschnittlich verdient, sofort als Angehöriger einer Wirtschaftselite angesehen wird. Da gibt es eine Übertreibung in unserer Gesellschaft, die nicht gut tut und die übersehen lässt, wie viele kleine und mittlere Selbstständige und Unternehmer doch sehr, sehr hart für ihren Lebensunterhalt kämpfen müssen.

DOMRADIO.DE: Ihr Jubiläumsjahr steht unter dem Motto "Soziale Marktwirtschaft im 21. Jahrhundert – international, digital und ethisch". Vielen Menschen macht die Digitalisierung Sorgen. Arbeitsplätze werden wegfallen. Was wollen Sie dagegen setzen?

Hemel: Wir müssen uns mit dem Thema der digitalen Transformation auseinandersetzen, auch als BKU, auch als Gesellschaft. Wir sehen darin aber Chancen und Risiken. Zu den Chancen gehört es, dass wir durch kluge Bildungsinitiativen etwas erreichen können. Denn es ist ja eines der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, dass wir durchgängig auf der Welt eine sogenannte Quality Education, also eine qualitätsvolle Bildung und Erziehung, anbieten können. Das ist der Schlüssel auch für morgen, denn es werden nicht nur Arbeitsplätze wegfallen. Es werden auch Arbeitsplätze entstehen.

Wir sind selbst als BKU ein Beispiel dafür, denn wir haben eine Initiative gestartet, BKU in Afrika, mit einer Unternehmenspartnerschaft, wo wir Informatikabsolventen Arbeitsplätze anbieten. Die machen dann die Arbeiten für deutsche Unternehmen. Die Qualitätssicherung dafür geschieht in Deutschland, sodass wir bereits heute tatsächlich einige Dutzend Arbeitsplätze anbieten können mit einem Partnerunternehmen des BKU.

DOMRADIO.DE: Was sagen Sie denen, die trotzdem die berechtigten Sorgen haben?

Hemel: Da müssen wir uns zusammensetzen, denn eine gute Gesellschaft lebt vom Dialog und lebt von der Suche nach der besten Lösung. Da sind sowohl die Gemeinwohlorientierung als auch die Werteorientierung des BKU ein Schlüssel. Denn wir suchen nach Diskussionen, ohne zu polarisieren. Wir haben das auch für uns so gesagt: Wir halten Kontroversen aus, wir führen sie aber auch, und wir führen sie in der Achtung des Gegenübers. Das bedeutet, wir sind ein Ort, wo wir breit und auch unterschiedlich diskutieren können. Das schätzen viele unserer Mitglieder sehr.

Das Interview führte Katharina Geiger. 


Prof. Ulrich Hemel / © BKU (BKU)
Prof. Ulrich Hemel / © BKU ( BKU )
Quelle:
DR