Welche gesetzlichen Regelungen zur Abtreibungswerbung gelten in Europa?

Abtreibungswerbung: In Polen verboten, in Frankreich kein Thema

Am Donnerstag hat der Bundestag nach monatelangem Streit zwischen Union und SPD über den Kompromiss zum Werbeverbot für Abtreibungen abgestimmt. Wie ist dieses komplexe Thema in anderen Ländern Europas geregelt?

 (DR)

Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) hat nachgeschaut:

Österreich: Keine Regelung

Österreich: Anders als in Deutschland ist Werbung für Abbruchsmöglichkeiten im öffentlichen Raum möglich und präsent; die Thematik ist in Österreich nicht geregelt. Im Internet gibt es zudem zahlreiche Informationsseiten über ungeplante Schwangerschaften, die die Anbieter von Abbrüchen in Österreich auflisten.

In Österreich gebe es keinen Mangel an Informationen über Schwangerschaftsabbruch – aber zu wenig Unterstützung für Informationen über Schwangerenberatung, sagt die Generalsekretärin der "Aktion Leben Österreich", Martina Kronthaler. Der Verein beklagt stetig sinkende Unterstützung durch das Familienministerium.

Ein "Desinteresse der öffentlichen Hand" könne auch "als Indiz für ein Unverständnis für die Komplexität für Schwangerschaftskonflikte aufgefasst werden".

Großbritannien und Nordirland: Sprachsensible Werbung

Werbung für Beratungen und Dienstleistungen in Zusammenhang mit Abtreibungen sind in Großbritannien erlaubt. Im Ethik-Kodex des britischen Werberates heißt es zu den sogenannten Post Conception Advice Services, dass Werbende eine "faktische und unemotionale Sprache nutzen" müssen, die "nicht nahelegt, dass Abtreibungen (oder die Pille danach) ein Ersatz für Verhütung sind".

Zudem müsse deutlich signalisiert werden, wenn der Werbende keine direkte Überweisung zum Schwangerschaftsabbruch vornehmen darf, um "unnötige Herauszögerungen" zu vermeiden.

Anders als in Großbritannien sind in Nordirland Abtreibungen nicht legal. Grundsätzlich gälten Werbestandards aber für das gesamte Vereinigte Königreich, so der britische Werberat. Die Sonderregelungen in Nordirland führen dazu, dass sich Werbende im Vorfeld intensiv Rechtsberatung suchen sollten.

Irland: Gleiche Regeln für alle

Nach einem Referendum im Mai 2018 zur Streichung des Verfassungsparagrafen zum kompletten Abtreibungsverbot dürfen Schwangerschaften nun bis zur zwölften Woche ohne Nennung von Gründen abgebrochen werden. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums unterliegt Werbung für Abtreibungen keinen gesonderten Regelungen.

Der Werbende müsse demselben Verhaltenskodex und "derselben Rechtsprechung folgen wie alle anderen Dienstleister".

Frankreich, Belgien, Niederlande: Werbung kein Thema

In keinem der drei Länder ist Werbung für Abtreibung ein Thema in den Medien. Schwangerschaftsabbruch ist in allen drei Ländern erlaubt. Die Regeln dafür sorgen jedoch immer wieder für Debatten. Frankreich strich bereits 1975 Abtreibung aus dem Strafgesetzbuch.

In Belgien fordern Politiker immer wieder eine längere Frist für straffreie Abtreibungen. In Belgien sind sie in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen legal; in den benachbarten Niederlanden sind es 22 bis 24 Wochen.

Spanien: Abtreibung bis zur 22. Woche möglich

Abtreibungen in Spanien sind generell zulässig bis zur 14. Schwangerschaftswoche. Gesetzlich geregelt ist auch eine Abtreibung bis zur 22. Schwangerschaftswoche, sofern ein Risiko für Leben oder Gesundheit der Mutter besteht oder wenn der Fötus gravierende Anomalien aufweist. Landesweit nehmen Kliniken den Eingriff legal vor.

Russland: Seit 2014 ist Werbung illegal

In Russland gibt es nach offiziellen Angaben zwar jährlich mehr als 700.000 Abtreibungen; doch seit 2014 dürfen dort Arztpraxen und Kliniken nicht mehr für Schwangerschaftsabbrüche werben. Das Gesetz fand im Parlament eine breite Mehrheit, und auch Präsident Wladimir Putin steht hinter dem Verbot.

Die russische Antimonopolbehörde des Landes verhängte im Januar 2015 eine Strafe von 1.300 Euro gegen Google, weil die Suchmaschine auch Werbung für Abtreibungen aufgelistet hatte. Zugleich bestrafte die Behörde auch eine Klinik.

Polen: Werbung verboten

In Polen ist Werbung für Abtreibung verboten. Schwangere, die abtreiben wollen, erhalten von Frauenärzten meist keine Auskunft, wo das möglich ist. Der staatliche Gesundheitsfonds NFZ besteht aber darauf, dass Kliniken einen Ort für Schwangerschaftsabbrüche nennen.

Eine städtische Klinik in Warschau erhielt 2014 eine Geldstrafe, weil sie das unterlassen und sich unter Berufung auf die Gewissensklausel gegen Abtreibungen gestellt hatte. Die damalige rechtsliberale Oberbürgermeisterin setzte die Entlassung des Klinikdirektors durch.

Er hatte einer Frau einen Schwangerschaftsabbruch verweigert, obwohl bei dem Fötus schwere Kopf- und Hirndefekte festgestellt wurden. In diesem Fall ist eine Abtreibung in Polen erlaubt. Die Frau brachte das schwer kranke Kind zur Welt.

Tschechien: Keine Diskussion

Eine Diskussion wie in Deutschland hat es in Tschechien bislang nicht gegeben. "Allerdings kenne ich auch keine Kollegen, die Schwangerschaftsabbrüche offen anbieten würden", sagt Petr Piecha, pensionierter Chefarzt einer großen gynäkologischen Privatklinik in Prag. Dabei gehe man in Tschechien sehr liberal mit dem Thema um.

Straffrei waren Abtreibungen in der damaligen Tschechoslowakei schon seit den 1950er Jahren. Allerdings überstieg die hohe Zahl der Abbrüche nie die Zahl der Geburten. Nach 2000 sank die Zahl der Abtreibungen stetig. Abtreibungen sind kostenpflichtig, sofern es sich nicht um einen notwendigen Eingriff zum Schutz des Lebens der Schwangeren handelt. Ärzte können aus Gewissensgründen ablehnen, Abtreibungen vorzunehmen.


Gesetzestext des Paragrafen 219a Strafgesetzbuch / © Harald Oppitz (KNA)
Gesetzestext des Paragrafen 219a Strafgesetzbuch / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA