Kardinal Marx mahnt bei traditionellem Treffen von Kirche und Politik

"Kirche ist keine Sonderwelt"

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hat die Kirche beim Sankt-Michaels-Empfang aufgerufen, den Missbrauchsskandal entschieden aufzuklären. Die "wohlwollende Öffentlichkeit" solle das kritisch begleiten.

Symbolbild Missbrauch in der katholischen Kirche / © Jan Woitas (dpa)
Symbolbild Missbrauch in der katholischen Kirche / © Jan Woitas ( dpa )

Es gehe dabei nicht um die Rettung der Institution, sondern darum, die Botschaft des Evangeliums wieder in den Mittelpunkt zu rücken, sagte Marx beim traditionellen Sankt-Michaels-Empfang der katholischen Kirche in Berlin.

Zum Michaelsempfang waren neben Bundesumweltministerin Julia Klöckner (CDU) weitere hochrangige Parlamentarier gekommen. Auch Vertreter anderer Religionen sowie der Apostolische Nuntius in Berlin, Erzbischof Nikola Eterovic, und der Leiter des Katholischen Büros in Berlin, Prälat Karl Jüsten, nahmen teil.

Warnung vor fundamentalistischen Tendenzen

Nach Worten von Marx hat die Missbrauchsstudie die Kirche auf die "Diskussionsnotwendigkeit" mit der Gesellschaft hingewiesen. Sie habe die Frage gestellt: "Sind wir wirklich anschlusswillig?" Der Erzbischof von München und Freising warnte vor Tendenzen der Fundamentalisierung auch in der Kirche. Es sei wieder beliebt, "schwarz-weiß zu denken". Das Christentum habe aber deutlich gemacht: "Ein Glaube ohne kritische Vernunft wird keinen Bestand haben."

Die Kirche begrüße die offene, säkulare Gesellschaft, in der die Religionen frei ihre Überzeugung zum Ausdruck bringen könnten, so Kardinal Marx. Sie lerne auch aus der Gesellschaft und der Wissenschaft. Sie sei keine Sonderwelt, die sich abschotte.

"Vertuschen inakzeptabel"

Jüsten betonte mit Blick auf den Missbrauchsskandal, dass die Aufarbeitung eine dauerhafte Aufgabe sei. Das Verbrechen des Kindesmissbrauchs müsse vor weltliche Gerichte, es sei aber auch ein Verbrechen gegen Gott. "Das Vertuschen der Taten und das Decken der Täter in der Vergangenheit ist für uns heute inakzeptabel", so der Prälat.

Genauso inakzeptabel sei es, "wenn diejenigen, die dazu beigetragen haben, dass Täter ihr schändliches Handeln fortsetzen konnten, nicht zur Verantwortung gezogen werden".

Einen "Perspektivwechsel" fordere auch das Evangelium: "von den Erwachsenen zu den Kindern, von den Tätern zu den Opfern, von der Institution zu den Betroffenen". Diese Aufgabe dulde keinen Aufschub. Auch die gesellschaftspolitische Glaubwürdigkeit hänge vom Umgang mit diesem Thema ab, hob Jüsten hervor.


Quelle:
KNA
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