Kardinal: Missbrauchsvorwürfe gegen Bischöfe strikter verfolgen

Große Lücke

In jüngerer Vergangenheit richten sich Missbrauchsvorwürfe in der katholischen Kirche auch gegen Bischöfe und Kardinäle. Bei der Verfolgung dieser Fälle sieht der Vorsitzende der päpstlichen Kinderschutzkommission Nachbesserungsbedarf.

Symbolbild Missbrauch in der Kirche / © Andreas Gebert (dpa)
Symbolbild Missbrauch in der Kirche / © Andreas Gebert ( dpa )

Hier existiere im Vorgehen der Kirche eine "große Lücke" und seien "klarere Verfahren" erforderlich, so der Bostoner Kardinal und Vorsitzende der päpstlichen Kinderschutzkommission, Sean O'Malley, in einer auf der Internetseite des Erzbistums Boston veröffentlichten Erklärung.

Zu den Tatvorwürfen zählt er darin nicht nur den Missbrauch von Minderjährigen, sondern auch den sexuellen Umgang von Bischöfen und Kardinälen mit Erwachsenen. O'Malley kündigte an, er werde das Thema im Vatikan mit "großer Dringlichkeit" zur Sprache bringen.

Vorwürfe gegen früheren Erzbischof von Washington

Hintergrund sind die Missbrauchsvorwürfe gegen den früheren Erzbischof von Washington, Kardinal Theodore McCarrick. Dieser soll in der Vergangenheit Priesterseminaristen zum Sex genötigt haben und auch gegenüber Minderjährigen übergriffig geworden sein.

Papst Franziskus untersagte ihm die öffentliche Wahrnehmung priesterlicher Aufgaben. O'Malley betont in seiner Erklärung, die Kirche müsse in solchen Fällen schnell und entschieden handeln, die Anschuldigungen fair und zügig aufklären und das Meldeverfahren für Missbrauchsfälle besser in die Öffentlichkeit kommunizieren.

O'Malley äußerte sich in seiner Erklärung auch zum Brief eines Priesters an die päpstliche Kinderschutzkommission, in dem dieser den Kardinal über den Verdacht gegen McCarrick informieren wollte. Das Schreiben habe er jedoch nicht persönlich erhalten, so O'Malley.

Seine Mitarbeiter hätten die Vorwürfe nach den üblichen Regeln nicht als Angelegenheit der Kinderschutzkommission oder von O'Malleys Erzdiözese Boston gesehen. Die Zuständigkeit bei der kirchlichen Verfolgung von Missbrauchsvorwürfen liegt zunächst bei den jeweiligen Bistümern.

US-Kardinäle zeigen sich überrascht

Unterdessen zeigten sich die beiden US-Kardinäle Kevin Joseph Farrell und Donald Wuerl überrascht über die jüngsten Missbrauchsvorwürfe gegen Kardinal McCarrick. "Ich war geschockt und überwältigt", sagte der für Laien und Familien zuständige Kurienkardinal Farrell am Dienstag (Ortszeit) der katholischen Nachrichtenagentur CNS. "Ich habe während der sechs Jahre an seiner Seite niemals davon gehört". Farrell teilte sich zeitweise eine Wohnung mit McCarrick.

Auch Kardinal Donald Wuerl zeigte sich überrascht von den Vorwürfen. Der Erzbischof von Washington erklärte Ende Juni, er habe alle Aufzeichnungen und Dokumente der Erzdiözese angefordert, die Aufschlüsse liefern könnten. "Basierend auf der Durchsicht kann ich berichten, das keine Forderung - glaubhaft oder nicht - gegen Kardinal McCarrick während seiner Zeit hier in Washington erhoben worden ist."

Die "Washington Post" hatte berichtet, dass Kardinal McCarrick, der von 2001 bis 2006 das Erzbistum Washington leitete, nicht nur junge Priesteranwärter sexuell missbraucht haben soll, sondern mindestens auch zwei Minderjährige.


Der Bostoner Kardinal Sean Patrick O'Malley / © Romano Siciliani (KNA)
Der Bostoner Kardinal Sean Patrick O'Malley / © Romano Siciliani ( KNA )

Kardinal Theodore E. McCarrick / © Bob Roller (KNA)
Kardinal Theodore E. McCarrick / © Bob Roller ( KNA )

Kardinal Donald Wuerl / © Bob Roller (KNA)
Kardinal Donald Wuerl / © Bob Roller ( KNA )

Kevin Joseph Farrell / © Tyler Orsburn (KNA)
Kevin Joseph Farrell / © Tyler Orsburn ( KNA )
Quelle:
KNA