Debatte über AfD-Antrag zu Schwerbehinderten geht weiter

"Unchristliches Menschenbild"

Die Debatte über den umstrittenen Antrag der AfD zu Schwerbehinderten in Deutschland geht weiter. Während sich die AfD verteidigt, verurteilt der Evangelische Arbeitskreis der Union die Anfrage scharf.

Die allermeisten Schwerbehinderten sind Deutsche / © Frank Rumpenhorst (dpa)
Die allermeisten Schwerbehinderten sind Deutsche / © Frank Rumpenhorst ( dpa )

Der Evangelische Arbeitskreis der Union (EAK) verurteilte die Anfrage scharf. Sie sei ein "schockierender Beleg für einen gezielt inszenierten Tabubruch und politische Verantwortungslosigkeit, erklärte der EAK-Bundesvorsitzende, Thomas Rachel, am Donnerstag in Berlin. Die unmittelbare Verknüpfung von Behinderung mit Inzucht sowie nationaler Herkunft und Migrationshintergrund offenbare ein abgründiges und unchristliches Menschenbild der AfD.

In der vergangene Woche öffentlich gewordenen Anfrage wollten die AfD-Abgeordneten unter anderem wissen, wie viele Fälle der durch Heirat in der Familie entstandenen Behinderungen einen Migrationshintergrund haben. Gefragt hatte die AfD-Fraktion auch, wie viele der in der Bundesrepublik lebenden Schwerbehinderten keine deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Unter anderem hatte sich der der Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Peter Dabrock, empört über diese Anfrage gezeigt. Die Mitglieder des Würzburger Bündnisses für Zivilcourage haben inzwischen gegen Bundestagsabgeordnete der AfD Strafanzeige wegen Volksverhetzung gestellt.

Kritik an "nationalistisch-völkischer Ideologie"

Rachel erklärt weiter, Christen wüssten demgegenüber um ihre besondere Verantwortung für Schwache und Beeinträchtigte. CDU und CSU sähen sich in besonderer Weise den Menschen mit Behinderungen verbunden und verpflichtet. Und weiter: "Mit großer Sorge kritisieren wir die erfolgte Stigmatisierung von Menschen mit Einschränkungen durch die AfD. Diese Partei offenbart hier eine nationalistisch-völkische Ideologie."

Unterdessen verteidigte der kirchenpolitische Sprecher der AfD, Volker Münz, die Anfrage. Die von Dabrock aufgestellten Behauptungen, wonach die AfD Behinderte als "gesellschaftliches Übel" betrachte und sich mit ihrer Anfrage rechtsextremistischen Gedankenguts bediene, seien grob unwahr. Die Absicht und die Formulierung der Anfrage gäben das in keiner Weise her, so Münz in einem Gespräch mit der in Würzburg erscheinenden "Tagespost".

Mehr als 94 Prozent der schwerbehinderten Menschen sind Deutsche

In der Antwort auf die Anfrage teilt das Bundesarbeitsministerium in nüchterner Form mit, dass die Zahl der schwerbehinderten Bundesbürger von 6,71 Millionen im Jahr 2001 auf 7,61 Millionen im Jahr 2015 angestiegen sei. Danach ist vor allem die Anzahl von älteren Menschen mit einer Schwerbehinderung stark gewachsen. Die relative Bedeutung der angeborenen Behinderungen als Behinderungs-Ursache sei bereits seit längerem rückläufig. Bei mehr als 94 Prozent der schwerbehinderten Menschen handelt es sich danach um Deutsche. Die übrigen schwerbehinderten Menschen haben einen Migrationshintergrund. Dieses Verhältnis ist in den vergangenen Jahren in etwa gleich geblieben.

Auch die Spitzenvertreter der beiden Kirchen, Kardinal Reinhard Marx sowie Bischof Heinrich Bedford-Strohm hatten die Anfrage der AfD scharf kritisiert. Es sei unerträglich, wie ein Zusammenhang zwischen Migration, Behinderung und Inzest geschaffen werde, sagte Marx. Es werde eine Atmosphäre geschaffen, "die doch außerordentlich bedenklich ist". Bedford-Strohm sagte: "Hinter solchen Anfragen stecken Haltungen, die an eine Zeit erinnern, die wir überwunden zu haben glauben. Es sind letztlich menschenverachtende Haltungen."

 


Quelle:
KNA