VW-Bericht bestätigt Zusammenarbeit mit brasilianischer Diktatur

"Billigung ohne Einschränkung"

Volkswagens brasilianischer Ableger VW do Brasil hat zwischen 1969 und 1979 mit der damaligen Militärregierung zusammengearbeitet. Das ergab eine Untersuchung, die das Unternehmen selbst in Auftrag gegeben hatte. 

VW unterstützte Diktatur in Brasilien / © Julian Stratenschulte (dpa)
VW unterstützte Diktatur in Brasilien / © Julian Stratenschulte ( dpa )

Der 116 Seiten lange Bericht des Historikers Christopher Kopper von der Universität Bielefeld zeigt, dass VW loyal zu den herrschenden Militärs (1964-1985) stand. Die Menschenrechtsverletzungen seien von Werkschutzmännern begangen worden, und die Firmenleitung habe davon gewusst. 

"Der Werkschutz überwachte oppositionelle Aktivitäten seiner Beschäftigten und erleichterte durch sein Verhalten die Verhaftung von mindestens sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern", heißt es in der Untersuchung. 

Volkswagen habe die Militärdiktatur bis Ende der 1970er Jahre "uneingeschränkt gebilligt", heißt es in dem Bericht. Das Unternehmen habe sich dadurch ein günstiges Marktumfeld sichern wollen. Die Jahre der Militärdiktatur waren auch für Volkswagen wirtschaftlich erfolgreich. Rund 28.000 Mitarbeiter beschäftigte der Autobauer in seinem Werk in São Bernardo do Campo in der Nähe von São Paulo zu dieser Zeit.

Zahlreiche Verhaftungen

1969 habe die Zusammenarbeit des Werkschutzes mit der Geheimpolizei begonnen, heißt es weiter. "Die Informationen des Werkschutzes über die Funde illegaler Flugblätter und Zeitungen halfen der Politischen Polizei, Informationen über kommunistische Aktivitäten bei VW zu gewinnen und den Kreis der Verdächtigen einzugrenzen." 

Zahlreiche oppositionelle Arbeiter wurden aufgrund dieser Informationen verhaftet und gefoltert. Der bekannteste Arbeiter ist Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, der zu dieser Zeit Gewerkschaftsführer war. Auch Lula wurde vom Werkschutz observiert, diese Informationen führten dann zu seiner Verhaftung.

"VW muss sich konkreter und deutlicher äußern"

Der Menschenrechtsanwalt Wolfgang Kaleck begrüßte die Studie, forderte aber konkretere Schritte des Unternehmens. Die Untersuchung sei sehr weitgehend, weil der Historiker Christopher Kopper "die Dinge beim Namen nennt", sagte Kaleck dem Evangelischen Pressedienst (epd). Kaleck ist Vorsitzender des Europäischen Zentrums für Verfassungs- und Menschenrechte (ECCHR) in Berlin und vertritt den ehemaligen VW-Beschäftigten Lúcio Bellentani (73).

"VW muss sich konkreter und deutlicher äußern", sagte der Anwalt. Sein Mandant sei vom Werkschutz observiert und in dessen Beisein verhaftet und gefoltert worden. Bellentanis Aussage ist in der Studie dokumentiert. Kaleck will mit ihm zusammen mögliche strafrechtliche Konsequenzen prüfen. "Aber wir hoffen auf eine schnelle Verhandlungslösung", sagte er mit Blick auf VW. 

Gedenk- und Begegnungsstätte

Auf dem Werksgelände von VW wurde jetzt eine Gedenktafel zur Erinnerung an die Opfer der brasilianischen Diktatur enthüllt. Um die Menschenrechtsarbeit in Brasilien zu stärken, fördert VW nun eine Institution zur Unterstützung von Kindern und Jugendlichen. Kaleck erklärte, da habe man sich mehr erhofft.

Dem Anwalt zufolge geht es nicht nur um individuelle Entschädigungen, sondern um die Forderung der VW-Arbeiter nach einer Gedenk- und Begegnungsstätte, um auch Jugendliche über die Zusammenarbeit von VW do Brasil mit der Diktatur informieren zu können. Das müsse für einen Weltkonzern doch ein Leichtes sein.

Demonstrationen vor VW-Werk

Vor dem VW-Werk demonstrierten ehemalige Arbeiter. Statt zu feiern möge VW die Rolle des Unternehmens während der Diktatur gegenüber der Justiz offenlegen, fordern sie. Zudem erwarten die ehemaligen Arbeiter eine Entschuldigung des Konzerns. Sie litten bis heute unter den Folgen der damaligen Verfolgung. Man werde weiterhin versuchen, rechtliche Schritte gegen VW zu erwirken, so die Arbeiter.

Volkswagen do Brasil ist seit 1953 in dem südamerikanischen Land aktiv und dort der größte Autobauer.


Quelle:
KNA , epd