Konferenz im Vatikan über Fragen zum Lebensende

"Grundsatzfrage weltweit diskutieren"

Über medizinische und ethische Fragen zum Lebensende beraten Fachleute zur Zeit im Vatikan. Es gehe darum, das Thema von allen Seiten zu beleuchten, erklärt Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer, die die Konferenz mitorganisiert.

Montgomery: "Auf würdige Art und Weise das Leben zu Ende leben." / © Harald Oppitz (KNA)
Montgomery: "Auf würdige Art und Weise das Leben zu Ende leben." / © Harald Oppitz ( KNA )

domradio.de: Auch das brisante Thema der Sterbehilfe wird im Vatikan von Rechtsexperten, Medizinern, Experten für Palliativmedizin und medizinische Ethik, Theologen und Philosophen diskutiert. Wie bemerkenswert ist diese Debatte für Sie?

Frank Ulrich Montgomery (Präsident der deutschen Bundesärztekammer): Die Debatte haben wir in Deutschland ja in den Jahren 2005 bis 2011 sehr intensiv innerhalb der Ärzteschaft geführt. Wir haben dann in der letzten Legislaturperiode des Bundestages auch eine intensive Debatte auf dem deutschen politischen Parkett erlebt. Die endete im November 2015 mit der Verabschiedung eines Gesetzes gegen das gewerbsmäßige Betreiben von Sterbehilfe.

Jetzt sind wir hier gemeinsam mit dem Vatikan in der Organisation dieser Konferenz aufgetreten, denn wir wollten die Fragen sowohl von der theologischen als auch von der medizinischen, philosophischen, rechtlichen Seite beleuchten. Denn es gibt Länder auf der Welt, in denen inzwischen die Euthanasie, also das Töten von Patienten auf deren Wunsch, zum rechtlichen Standardprogramm gehört. Und wir wollen die Frage stellen, ob wir uns als Ärzte an solchen Dingen beteiligen dürfen.

 

 

domradio.de: Ihre Meinung zu diesem Thema ist klar: Sie sagen, es gehört nicht zur Aufgabe eines Arztes, seine Patienten umzubringen. Was wäre denn das Schlimme daran, wenn Ärzte extrem Leidenden unter wirklich strengen Vorgaben vielleicht auch diese Hilfe leisten dürften?

Montgomery: Es gibt zwei Dinge, die wir hier ganz besonders beachten müssen. Das erste ist: Es gibt heute in den hochentwickelten Industriestaaten, wie auch in Deutschland, Alternativen zur Euthanasie - mit einer sehr gut ausgebauten Palliativmedizin, mit einer intensiven Betreuung am Lebensende für unsere Patienten. Und wir wissen, dass Patienten denen man Palliativmedizin anbietet, sehr oft innerhalb von kurzer Zeit ihren Todeswunsch verlieren und auf eine würdige Art und Weise ihr Leben zu Ende leben.

Das zweite für uns wichtige Argument ist: Die oberste Aufgabe eines Arztes ist es, Leben zu erhalten und zu retten. Und wenn der Zielwechsel stattfindet, dass der Arzt nicht mehr Leben erhalten, heilen und Leiden lindern will, sondern töten will, dann verändert das das gesamte Spektrum der Tätigkeit eines Arztes. Der Patient kann nicht mehr sicher sein, dass ein heilender Mensch an sein Bett tritt. Sondern, da kommt ein Tötender. 

domradio.de: Was genau erhoffen Sie sich von der Konferenz?

Montgomery: Man muss ein bisschen den Hintergrund der Debatte erläutern. Wir haben in den 114 Staaten, die Mitglieder des Weltärztebundes sind, eine ganz große Anzahl von Ländern, die dieses Problem sehr klar und eindeutig so sehen, wie ich es eben beschrieben habe. Aber in einigen Industriestaaten - auch in unseren Nachbarstaaten Holland und Belgien - ist inzwischen die Euthanasie rechtlich zulässig.

Einige andere Staaten, wie zum Beispiel Neuseeland und Australien, diskutieren die Einführung von ärztlich assistiertem Suizid. Und da müssen wir einfach die Grundsatzfrage weltweit noch einmal diskutieren. Welcher Ort wäre dafür besser geeinigt als der Vatikan, in dem ja wirklich Strömungen aus aller Welt zusammenkommen. Wir sind sehr dankbar, dass die Päpstliche Akademie für das Leben und Papst Franziskus, der ja eine Öffnung der Kirche betreibt, uns dieses Forum hier bieten.

Das Interview führte Verena Tröster.


Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer (dpa)
Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer / ( dpa )
Quelle:
DR