Cusanuswerk ehrt früheren Leiter Ludger Honnefelder zum 80.

Auf der Suche nach dem Punkt für die richtigen Fragen

Er gehört zu den führenden Bioethikern - nicht nur in Deutschland. Dabei hatte er sich zunächst mit der mittelalterlichen Philosophie und Theologie beschäftigt. Zum 80. Geburtstag würdigte ihn das Cusanuswerk in Berlin.

Autor/in:
Norbert Zonker
Prof. Ludger Honnefelder (KNA)
Prof. Ludger Honnefelder / ( KNA )

Dass ein junger Wissenschaftler, der sich ausgerechnet auf die mittelalterliche Philosophie spezialisiert, einmal zu den führenden Bioethikern gehören wird, dürfte als eher unwahrscheinlich gelten. Doch auf eine solche Karriere kann der Philosoph und Theologe Ludger Honnefelder zurückblicken, der am Karfreitag 80 Jahre alt wurde. Wobei der Begriff "Mittelalterspezialist" durchaus eine Engführung wäre bei Honnefelder, der nach seiner Priesterweihe mit Arbeiten über Johannes Duns Scotus in Bonn seine Laufbahn startete und später in Berlin an der Freien Universität eine Professur für "Systematische Theologie mit besonderer Berücksichtigung der mittelalterlichen Philosophie/Theologie" innehatte,

Philosophie war für ihn nie eine Sache für bestimmte Schubladen, vielmehr geht es ihm immer ums Ganze. Und die großen Denker des Mittelalters wie Thomas von Aquin und Albertus Magnus stehen für ihn beispielhaft für eine gelungene Begegnung zwischen christlicher Theologie und griechisch-arabischer Wissenschaft. Von ihnen, davon ist er überzeugt, lässt sich auch heute noch lernen in der Auseinandersetzung mit einem schmalbrüstigen Naturalismus oder anderen Bestreitungen der Möglichkeit einer Metaphysik.

Große Themen

Bereits bei seiner ersten Stelle an der Theologischen Fakultät Trier

(1972-82) behandelten seine Vorlesungen die großen Themen: Anthropologie, Ethik, Logik, Wissenschaftstheorie oder Analytische Philosophie. Dabei zog Honnefelder in freier Rede, deren Intellektualität immer durch den rheinländischen Tonfall und einen trockenen Humor abgefedert ist, die Linien von den antiken Klassikern wie Platon und Aristoteles zu den Diskussionen der Gegenwart und umgekehrt.

1989 übernahm der gebürtige Kölner als Nachfolger seines Lehrers Wolfgang Kluxen den Bonner "Konkordatslehrstuhl" für die philosophische Ausbildung der katholischen Theologiestudenten. Längst hatte er sich da bereits über die Theologenzunft hinaus einen Namen gemacht, was sicher auch daran lag, dass er immer wieder die fachbereichsübergreifende Zusammenarbeit suchte - nicht zuletzt als langjähriger Leiter der Bischöflichen Studienförderung Cusanuswerk, das am Freitag zu Ehren des Jubilars eine "Lecture" in Berlin veranstaltete.

Leiter von Wissenschaftsinstitut

Zunehmend erhielt er Anfragen zu den neuen Entwicklungen in den Lebenswissenschaften wie Gentechnik, Klonen, Präimplantationsdiagnostik, Organspende oder Sterbehilfe, die nicht nur für Medizin und Biologie Neuland darstellten, sondern auch für die Philosophie und nicht zuletzt für die Politik. "In Situationen der Ratlosigkeit pflegt die Philosophie ihre Geschichte zu befragen und den Punkt zu suchen, an dem das richtige Fragen ansetzen kann", erläuterte Honnefelder in dem Buch "Welche Natur sollen wir schützen?" (2009) seinen Ansatz.

In Bonn führte dies zur Gründung eines Instituts für Wissenschaft und Ethik, das Honnefelder von 1993 bis 2007 leitete. Als Bundesforschungsminister Jürgen Rüttgers (CDU) ein Deutsches Referenzzentrum für Bioethik initiierte, siedelte er es an diesem Institut an und machte Honnefelder auch zu dessen Direktor (1999 bis 2007). Von dort aus ergaben sich immer neue Aufgaben der Politikberatung. So wurde Honnefelder etwa in die deutsche Delegation im Lenkungsausschuss für Bioethik des Europarats berufen (1993 bis 2012) oder - nominiert übrigens von der FDP - in die Bundestags-Enquetekommission "Recht und Ethik der modernen Medizin".

"Unruhestand"

Nach seiner Emeritierung 2001 führte er nicht nur zahlreiche Projekte weiter und blieb Direktor des Albertus-Magnus-Instituts (bis 2011), sondern absolvierte auch noch zwei Ehrenrunden in Berlin: Von 2005 bis 2007 war er an der Humboldt-Universität erster Inhaber der Guardini-Stiftungsprofessur für Religionsphilosophie und katholische Weltanschauung, deren Ausrichtung er prägte. 2009 begann er im Rahmen einer weiteren Stiftungsprofessur ein dreijähriges Forschungsprojekt zur Entwicklungsgeschichte der europäischen Identität. Das Leitthema "Einheit der Wissenschaft in der Verschiedenheit der Disziplinen: Die mittelalterliche Universität und der Beginn der modernen Weltsicht" schlug erneut den Bogen zurück zu seinen Anfängen.


Quelle:
KNA