Evangelische Kirche für nachhaltige Politik

"Die Zeit drängt"

Die Evangelische Kirche in Deutschland fordert ein Umdenken in der Handels-, Klima- und Entwicklungspolitik. Statt eines ständigen "Mehr an Gütern" sei eine "Ökonomie und Ethik des Genug" nötig.

Bedford-Strohm (dpa)
Bedford-Strohm / ( dpa )

Der EKD-Ratsvorsitzende und bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm sagte in München, nur mit einer nachhaltigen Entwicklungspolitik könne man Bedingungen für eine Welt schaffen, in der alle Menschen gut leben können. Bedford-Strohm stellte die neue EKD-Studie "...damit sie das Leben und volle Genüge haben sollen" zur nachhaltigen Entwicklung vor.

Mit Blick auf den UN-Entwicklungsgipfel in New York an diesem Wochenende sagte der EKD-Ratsvorsitzende: "Die Entscheidungen, die die Staats- und Regierungschefs in den kommenden Tagen treffen werden, stellen die Weichen über die Flüchtlingsströme der Zukunft". In der aktuellen Diskussion solle die Studie eine hilfreiche Stellungnahme darstellen.

Jeder muss Verhalten überdenken

Die Industrienationen, unter ihnen auch Deutschland, müssten vor allem ihre Handels- und Klimapolitik überdenken, mahnte Bedford-Strohm. Ansonsten gehe die weltweite Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinander, außerdem würden viele Regionen wegen Dürre oder Überflutung unbewohnbar. Wenn man jetzt also nicht deutlich umsteuere, gebe es künftig Hunderte Millionen von Armuts- und Klimaflüchtlingen. Auch das westliche Verständnis von Wohlstand müsse überdacht werden.

Laut Bedford-Strohm muss jeder Einzelne seine Verhaltensmuster überdenken. Er selbst etwa habe seinen Fleischkonsum reduziert und kaufe vor allem Fair-Trade-Produkte. Außerdem fahre er mit dem Fahrrad ins Büro und nicht mit dem Auto.

Gegen ein "ständiges Mehr"

Gesamtwirtschaftlich gesehen solle sich die Wirtschaftspolitik nicht allein daran orientieren, das Bruttoinlandsprodukt und damit auch den Verbrauch von Ressourcen zu steigern, heißt es in der Studie. Dies gelte auch für das sogenannte grüne Wachstum. Dabei werde oft ausgeblendet, dass ein "ständiges Mehr an Gütern" kein Ziel sein könne und auch Gewinne bei der Effizienz oft zur Steigerung des Verbrauchs an anderer Stelle führten.

Das auf den Verbrauch von Ressourcen setzende Denkmuster der Industriegesellschaften, das auf den Anfängen des kapitalistischen Industriesystems basiere, sei "weder universalisierbar noch zukunftsfähig", schreiben die Verfasser der Studie. Viel Zeit für ein Umdenken bleibe nicht: "Die Zeit drängt."

Forderung nach nationalem Nachhaltigkeitsplan

Klaus Seitz, Leiter der Abteilung Politik des evangelischen Hilfswerkes "Brot für die Welt", forderte bei der Präsentation der Studie einen nationalen Nachhaltigkeitsplan. Er müsse etwa zum Ziel haben, nachhaltigen Konsum und Produktion sowie die Energiewende zu forcieren. Außerdem dürfe es keine Handelspolitik zulasten der ärmeren Länder geben. Mit dem Bibelzitat im Titel "...damit sie das Leben und volle Genüge haben sollen" (Johannes 10,10) drücken die Verfasser das Ziel ihrer Überlegungen aus, dass weltweit die "Gesellschaften insgesamt gerechter und wohlhabender werden".

Verantwortlich für die 100-seitige Studie ist die EKD-Kammer für nachhaltige Entwicklung. Ihr gehören unter dem Vorsitz des Entwicklungsexperten Thilo Hoppe (Grüne) neben anderen die Ex-Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD), der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Günter Krings (CDU), der EKD-Umweltbeauftragte Hans Diefenbacher und die Chemikerin Gudrun Kordecki angehören.


Quelle:
epd