"Sozialpolitischer Aschermittwoch" in Essen

Zuwendung für ältere Menschen

Die Bedürfnisse älterer Menschen nach sozialer Teilhabe sollten stärker in den Blick genommen werden. Das sagte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) beim Sozialpolitischen Aschermittwoch in Essen.

Sozialministerin Nahles (dpa)
Sozialministerin Nahles / ( dpa )

Für viele vereinsamte Senioren sei vor allem mehr Zeit für Zuwendung wichtig, sagte Nahles. Sie könne sich im Alter sogar computerisierte Pflege vorstellen, "solange trotzdem noch jemand mit mir eine Tasse Kaffee trinkt". "Wir müssen nicht nur über Barrierefreiheit reden, sondern auch über Orte, wo man sich treffen kann", forderte die SPD-Politikerin. Vor Ort solche Begegnungsmöglichkeiten zu schaffen, sei eine kommunale Herausforderung.

Wertschätzung für Langzeitarbeitslose

Um schwer vermittelbaren Langzeitarbeitslosen mehr gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen, hält die Bundesarbeitsministerin einen zweiten Arbeitsmarkt für sinnvoll. "Gerade wenn es so gut läuft am Arbeitsmarkt, ist öffentlich geförderte Beschäftigung für mich keinesfalls ein Tabu." Es gebe Menschen, die dringend solche Angebote brauchten, sagte Nahles. Sie benötigten Aufgaben, die sie bewältigen könnten, soziale Kontakte und Wertschätzung.

"Es braucht Hilfe, die passt", betonte die Ministerin. Angebote für eine arbeitslose Alleinerziehende müssten anders aussehen als für jemanden, der bereits mehrere Jahre ohne Arbeit und zusätzlich gesundheitlich eingeschränkt sei. Junge Menschen mit schlechten oder ganz ohne Bildungsabschlüsse benötigten Chancen und Ermutigung, um den Weg in Ausbildung und Beruf zu schaffen, sagte Nahles.

Gute Arbeitsbedingungen weltweit durchsetzen

Nicht zuletzt müsse soziale Teilhabe auch in der globalisierten Welt gelten, forderte die Sozialdemokratin. Konsumenten müssten sich dafür interessieren, woher die von ihnen gekauften Produkte kommen und unter welchen Bedingungen sie hergestellt werden. "Wenn ein T-Shirt vier Euro kostet und die Näherin in Bangladesch dafür 13 Cent bekommt, kann sie davon ihre Kinder nicht zur Schule schicken." Bei einem doppelt so hohen Lohn sei das aber möglich. Produktions- und Lieferketten sowie gute Arbeitsbedingungen weltweit sollen auch beim G7-Gipfel unter deutscher Präsidentschaft im Juni auf Schloss Elmau in Bayern Thema sein, kündigte Nahles an.

Nahles für Fasten und Konsumverzicht

Die Sozialdemokratin bekannte sich zum Fasten und Konsumverzicht. Die Zeit bis Ostern biete ihr Chancen fürs Bewusstsein und "gegen das Weitermarschieren immer im selben Trott". Die 44-jährige Katholikin erklärte in ihrem auch persönlich gehaltenen Beitrag zum Gottesdienst, als junges Mädchen habe das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65) sie in den 70er Jahren geprägt. Aufgabe sei es, "eine politische, soziale und wirtschaftliche Ordnung zu schaffen, die immer besser im Dienst des Menschen steht und die dem Einzelnen wie den Gruppen dazu hilft, die ihnen eigene Würde zu behaupten und zu entfalten", zitierte sie Gedanken der Pastoralkonstitution "Gaudium et spes". Heute sei mit dieser Haltung verstärkt zudem der weltweite Blick auf menschengerechte Arbeit verbunden.

Vor Nahles Beitrag hatte Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck an die rund 300 Teilnehmer aus Kirche, Politik, Industrie, Handwerk und Gesellschaft das Aschenkreuz ausgeteilt. Dieses sei Zeichen für Vergänglichkeit und "für die Verantwortung, die wir füreinander und für die Gesellschaft übernehmen", sagte der Bisachof. Das Segensgebet zum Abschluss sprachen Overbeck und der Vizepräses der rheinischen Landeskirche, Christoph Pistorius.

Zum "Sozialpolitischen Aschermittwoch" laden das Bistum Essen und die Evangelische Kirche im Rheinland seit 1998 gemeinsam ein. Mit der Veranstaltung wollen sie einen Kontrapunkt zum Politikspektakel der Parteien an diesem Tag setzen und öffentlich für Solidarität und Gerechtigkeit werben.


Quelle:
epd , KNA