Strafe für Oben-Ohne-Protest im Kölner Dom

"Grobe Störung der Religionsausübung"

Mit einem Oben-ohne-Protest hatte eine Femen-Aktivistin vor einem Jahr für Wirbel im Weihnachtsgottesdienst im Kölner Dom gesorgt. Vor Gericht wurde sie jetzt zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Kölner Dompropst begrüßt das Urteil.

Femen-Aktivistin Josephine Witt (DR)
Femen-Aktivistin Josephine Witt / ( DR )

Richter Gerd Krämer wertete die Tat als "zielgerichtete, ideologische Meinungsäußerung", die nach Erwachsenenstrafrecht beurteilt werden müsse, auch wenn die junge Frau zum Tatzeitpunkt erst 20 Jahre alt war. Das Gericht blieb unter dem von der Staaatsanwaltschaft geforderten Strafmaß von 1.600 Euro. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert. Krämer sagte, Witt habe immer noch nicht verstanden, dass "wir Kölner mit dem Dom besonders empfindlich sind". Es gehe hier nicht um die Grundrechte von Kardinal Meisner, sondern um das Recht der Gottesdienstbesucher. "Es gibt Leute, für die ist das ein sehr heiliger Akt, der Weihnachtsgottesdienst im Kölner Dom."

Josephine Witt war am Ersten Weihnachtstag während einer Messfeier mit dem inzwischen emeritierten Kardinal Joachim Meisner an dessen 80. Geburtstag auf den Altar gesprungen.

Antireligiöse Parolen

Sie entblößte ihren Oberkörper, auf dem "Ich bin Gott" stand. Zudem skandierte sie antireligiöse Parolen. Die Anklage warf der damals 20-Jährigen vor, damit absichtlich und in grober Weise den Gottesdienst gestört zu haben. Da die Beklagte noch unter das für 18- bis 21-Jährige geltende Jugendstrafrecht fällt, hatte zunächst die Jugendgerichtshilfe gehört werden müssen. Diese sah Belege für die Anwendung des milderen Strafrechts, da die Aktion Hinweise auf jugendtypisches Verhalten aufweise. Es zeige sich ein Hang zu abenteuerlichem Handeln, ein überhöhter Drang zur Selbstdarstellung und spontanem, unüberlegtem Verhalten.

Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn widersprach dieser Einschätzung. Witts glatter Werdegang mit intaktem Elternhaus, Abitur mit 18 Jahren, Studium, Auslandsaufenthalt und Arbeit in der Entwicklungshilfe spreche nicht für ein Persönlichkeitsdefizit. Die Tat sei keineswegs spontan oder unüberlegt erfolgt. Für die Angeklagte spreche ihr Geständnis, "eine in sich durchaus achtenswerte Gesinnung und Motivation". Doch sei das Geständnis ohne eine tiefere Einsicht und nur "der Sache nach" erfolgt.

Keine Vorstrafe

Willuhn hatte die Anwendung von Erwachsenenstrafrecht und danach eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 20 Euro beantragt. Dies führt nicht zu einer Vorstrafe, so dass der weitere Weg der Beschuldigten nicht weiter beeinträchtigt werde. Witts Anwältin Eva Steiner hatte auf Freispruch plädiert.

Die Angeklagte selbst nannte ihre Tat allein politisch motiviert. Es sei ihr nicht primär darum gegangen, den Gottesdienst zu stören, sondern eine Botschaft für die Rechte der Frauen, für Frieden und Versöhnung zu verbreiten. Daher habe sie vor dem Protest auch die Stiefel ausgezogen, um niemanden zu verletzen, und sich anschließend widerstandslos wegführen lassen. Kardinal Meisner habe sich mehrfach abfällig über Frauen geäußert, Abtreibung mit dem Holocaust verglichen. Die evangelisch getaufte Witt, die sich als kulturelle Christin bezeichnete, zeigte sich überrascht über die Heftigkeit der Reaktionen der Menschen im Dom. Es sei bedauerlich, dass ihre Aktion offenbar keine Gesinnungsänderung in der katholischen Kirche zur Folge habe.

In einer ersten Reaktion begrüßte der Kölner Dompropst Norbert Feldhoff das Urteil. "Wir haben kein Verständnis für Äußerungen von Frau Witt vor Gericht, dass es ihr primär nicht um eine Störung des Gottesdienstes gegangen sei", sagte Feldhoff. "Wir sind der Meinung, dass die ungestörte Religionsausübung - unabhängig ob von Christen, Juden oder Muslimen - ein wichtiger Bestandteil des friedlichen Miteinanders in der Gesellschaft ist." Der Äußerung Witts, sie habe für Frieden eintreten wollen, entgegnete Feldhoff, die grobe Störung eines Gottesdienstes - ganz gleich, welcher Religion - diene nicht der Verständigung und dem Frieden.

Meisner: Gottes Segen nötig

Das Erzbistum Köln, das damals von Kardinal Joachim Meisner geleitet wurde, hatte die Störung verurteilt, jedoch zugleich erklärt, den Vorfall nicht hochspielen zu wollen. Meisner, der an dem Tag seinen 80. Geburtstag feierte, hatte die Aktion in dem Hochamt aufgegriffen und unter Applaus gesagt, Witt habe Gottes Segen gewiss besonders nötig.

Femen ist eine ursprünglich in Kiew gegründete Gruppe feministischer Aktivistinnen. Ihr Markenzeichen sind Oben-ohne-Aktionen, bei denen die Frauen ihre nackten Oberkörper mit Parolen bemalen. Josephine Witt war nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr bei drei weiteren Femen-Aktionen dabei. In Tunesien hatte sie im Juni 2013 halbnackt gegen die Festnahme einer tunesischen Femen-Frau demonstriert und war zu vier Monaten Haft verurteilt worden, wovon sie 29 Tage absaß.


Quelle:
KNA , dpa , DR , epd