Vor 100 Jahren starb die Schriftstellerin Bertha von Suttner

Eine Vorkämpferin für den Frieden

Österreicher haben sie fast täglich vor Augen: Ihr Konterfei ist auf der dortigen Zwei-Euro-Münze. Bis heute gilt Bertha von Suttner als Ikone des Pazifismus. Als erste Frau erhielt die Autorin des Romans "Die Waffen nieder!" den Friedensnobelpreis.

Bertha von Suttner / © Gemeinfrei
Bertha von Suttner / © Gemeinfrei

Auch ihr eigenes Leben, das am 21. Juni 1914, vor 100 Jahren und unmittelbar vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs, zu Ende ging, hätte genügend Stoff für einen Roman geboten. Als Gräfin Kinsky wurde sie 1843 in Prag geboren. Die Kinskys gehörten zum böhmischen Hochadel, doch davon hatte die junge Bertha wenig. Ihr Vater starb vor ihrer Geburt, die Mutter war spielsüchtig. Das Familienvermögen zerrann ihr unter den Händen und brachte ihre Tochter in eine prekäre Lage. Der standesgemäße Ausweg - eine reiche Heirat - gelang der hübschen und gebildeten Bertha nicht.

So nahm sie 1873 eine Stellung als Erzieherin im Haus des Barons von Suttner in Wien an. Dort blieb sie zwei Jahre; dann wollte die Baronin Suttner sie wieder loswerden. Denn zwischen dem ältesten Sohn der Familie, dem damals 23-jährigen Arthur, und der sieben Jahre älteren Hauslehrerin entwickelte sich eine Liebesbeziehung. Durch Vermittlung der Baronin wurde Bertha Sekretärin von Alfred Nobel in Paris. Genau zwei Wochen blieb sie dort - dann kehrte sie nach Wien zurück und heiratete heimlich Arthur von Suttner. Jetzt waren beide arm - Arthur wurde von seinen Eltern enterbt.

1889: Veröffentlichung ihres Romans "Die Waffen nieder!"

Das Paar siedelte nach Georgien über. Bertha schrieb dort Unterhaltungsromane und Erbauungsliteratur, ihr Mann Reiseberichte aus dem Kaukasus. Als 1886 ein Krieg zwischen Russland und Österreich-Ungarn auszubrechen drohte, kehrten sie zurück. Bertha hatte sich durch ihre Berufstätigkeit von einer Dame der Gesellschaft zu einer emanzipierten Frau gewandelt, die sich zunehmend auch politisch engagierte. Ihren Roman "Maschinenalter" veröffentlichte sie 1888 unter männlichem Pseudonym. Sie deckt darin die Kehrseite technischen Fortschritts auf, die Möglichkeit des Missbrauchs zu militärischen Zwecken. Fast visionär ist ihre Voraussage von Massenvernichtungswaffen.

Bertha von Suttner wurde eine Vorkämpferin für den Frieden; das verband sie mit feministischen Positionen. In "Die Waffen nieder!" erteilt sie der gängigen Ansicht, Krieg sei Männersache, eine Absage. Der tagebuchartige, teils autobiografische Roman von 1889 wurde ein Bestseller - auch weil er zeitlich mit dem Aufkommen des modernen, bürgerlichen Pazifismus zusammenfiel.

Ihr Aufruf zur Gründung einer österreichischen Gesellschaft für Friedensfreunde hatte durchschlagenden Erfolg; bereits nach einem Monat hatte der neue Verein 2.000 Mitglieder. Von Suttner unternahm ausgedehnte Vortragsreisen und besuchte Friedenskongresse. 1892 in Berlin forderte sie gemeinsam mit anderen "einen dauernden Völkerkongress", der Konflikte gewaltlos lösen sollte. 1919 wurde dieser Vorschlag im Völkerbund umgesetzt. Daneben engagierte sie sich mit ihrem Mann gegen den wachsenden Antisemitismus. "Friedensbertha" oder "Judenbertha" wurde sie von ihren Gegnern spöttisch genannt. Ihr Vertrauen in die Lernfähigkeit der Menschen schien grenzenlos.

Sorge um den Frieden vereinte Bertha von Suttner und Alfred Nobel

Parallel zu Darwins Evolutionstheorie setzte sie auf die Höherentwicklung des Menschen, der zur Einsicht in die Sinnlosigkeit des Krieges kommen werde. Friede durch Abrüstung war ihre Devise. Ihr Freund Alfred Nobel vertrat eine gegenteilige Haltung: Friede sei nur durch Abschreckung zu erreichen. Trotzdem einte die Sorge um den Frieden diese beiden gegensätzlichen Menschen. Vermutlich war es auch von Suttner, die Nobel anregte, einen Friedenspreis in seine Stiftung aufzunehmen. 1905 erhielt auch sie diese Auszeichnung.

Ihre letzten Lebensjahre waren von Krankheit und, nach dem Tod ihres Mannes, von Einsamkeit geprägt. In der europäischen Friedensbewegung geriet sie allmählich ins Abseits, doch während einer Vortragsreise durch die USA feierte man sie noch einmal begeistert. Dass all ihre Anstrengungen tragisch scheitern würden, hat sie nicht mehr miterlebt: Am 21. Juni 1914 starb Bertha von Suttner - eine Woche vor den verhängnisvollen Schüssen von Sarajevo.


Quelle:
KNA