Bundesweiter Tag der Organspende

In der Abwärtsspirale

Nach dem Bekanntwerden der ersten Betrugsfälle in Transplantationskliniken ist die Zahl der Organspenden dramatisch gesunken. Seitdem wirbt die Medizin um neues Vertrauen.

Autor/in:
Christoph Arens
12.000 warten auf Organe in Deutschland (dpa)
12.000 warten auf Organe in Deutschland / ( dpa )

Inzwischen liegt ein schwer überschaubares Bündel an Reformvorschlägen vor. Kritiker beklagen, dass die Maßnahmen die Architektur des Transplantationswesens nicht grundlegend ändern. Das System kontrolliere sich weiterhin selbst.

Fakt ist, dass Handlungsbedarf besteht. Denn die Bereitschaft zur Organspende in Deutschland ist im gesamten Jahr 2012 um 12,8 Prozent, im ersten Quartal 2013 um weitere 18 Prozent auf nur noch 230 Organspender gesunken. Die Zahl der gespendeten Organe ging um zehn Prozent zurück. Und das trotz einer massiven Werbekampagne der Krankenkassen für den Organspendeausweis. Mit dem bundesweiten "Tag der Organspende", der am Samstag in Essen zentral eröffnet wird, soll um neues Vertrauen geworben werden. Dann fällt auch der Startschuss für die neue Organspendekampagne des Bundesgesundheitsministeriums und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Das Motto: "Das trägt man heute: den Organspendeausweis".

"Wir haben ein Versorgungsproblem", räumt der Vorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), Rainer Hess, ein. Und der Chef der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, Karl-Walter Jauch, fordert schnelle Reformen: "Weiteres Zuwarten wäre buchstäblich tödlich", sagt der Münchner Chirurg mit Blick auf 12.000 Patienten auf der Warteliste.

Strafen für Manipulationen

So erklärt sich vielleicht, dass sich die Bundestagsfraktionen Mitte Mai trotz großer Gegensätze auf einen gemeinsamen Entschließungsantrag geeinigt haben, der noch vor den Wahlen in Gesetze gegossen werden soll. Demnach sollen Manipulationen an der Warteliste künftig bestraft werden - Juristen sehen hier bislang eine "Strafbarkeitslücke". Zudem muss sich die Bundesärztekammer laut Antrag die Richtlinien, nach denen Herzen, Lungen, Lebern, Nieren und Bauchspeicheldrüsen vergeben werden, künftig vom Bundesgesundheitsministerium genehmigen lassen. Und die Bundesregierung muss während der nächsten drei Jahre dem Bundestag einen jährlichen Bericht zu den Transplantationen vorlegen.

Keine Einigung gab es über die Grundstruktur des Transplantationssystems. Union, FDP und SPD wollen die bisherige Architektur beibehalten, in der die Organentnahme und ihre Vergabe über die privatrechtliche DSO abgewickelt werden. Die Grünen hingegen wollen die DSO in eine Gesellschaft öffentlichen Rechts mit strengeren Überwachungsmöglichkeiten überführen. Die Linke will das System verstaatlichen.

Stiftung verlangt mehr Rechte

Mehr staatliche Aufsicht bei gleichzeitiger Selbstverwaltung: Auch die DSO will Bund und Länder stärker in ihren Stiftungsrat einbinden. Zudem soll der Fachbeirat verstärkt dafür sorgen, dass bei Organspenden einheitliche medizinische Standards eingehalten werden. Geplant ist zudem der Aufbau eines Transplantationsregisters, das die Transparenz verbessern und die Qualität des Organspende- und Transplantationssystems erhöhen soll.

Dem Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, geht das nicht weit genug. Er verlangt mehr Rechte für die 12.000 Menschen in Deutschland, die auf eine Organspende warten. Sie müssten einen Anspruch darauf haben, in regelmäßigen Abständen über ihren Wartelistenplatz informiert zu werden: "Wartelistenentscheidungen", so Brysch, "müssen ausführlich, verständlich und schriftlich begründet werden".

Andere Konsequenzen wurden in Bayern gezogen. Dort verkündeten Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) und Gesundheitsminister Marcel Huber (CSU), dass künftig nur noch drei statt fünf Kliniken Lebern verpflanzen sollen. Strukturell seien drei Zentren ausreichend, erläuterte Ferdinand Mühlbacher, der Vorsitzende der Überprüfungskommission für die bayerischen Lebertransplantationszentren: "Es macht keinen Sinn, um Patientenzahlen zu konkurrieren, in erster Linie zählt die Ergebnisqualität."


Quelle:
KNA