Christlicher Verband für stärkeres Engagement der Kleidungs-Industrie

"Jeder kann sich für faire Produktionsbedingungen einsetzen"

Nach dem Einsturz einer Textilfabrik mit mehreren hundert Toten in Bangladesch wird die Kritik an der Textilindustrie und dem Verbraucherverhalten in westlichen Ländern lauter. Sandra Dusch Silva von der Christlichen Initiative Romero zeigt Auswege auf.

Autor/in:
Barbara Mayrhofer
Trauer um Textilarbeiterinnen in Bangladesch (dpa)
Trauer um Textilarbeiterinnen in Bangladesch / ( dpa )

KNA: Frau Dusch Silva, nach dem Einsturz einer Fabrik in Bangladesch stehen die Produktionsbedingungen von Kleidung in der Kritik. Wieso werden sie jetzt stärker wahrgenommen als bisher?

Dusch Silva: Ich glaube, es liegt daran, dass es so zahlreiche Fälle in kurzer Zeit waren. Wenn man mitbekommt, wie viele Menschen dafür sterben, dass wir hier billig Kleidung kaufen können, ist das sehr konkret und rüttelt die Menschen auf. Wir haben schon im vergangenen Jahr eine Studie zu Bangladesch gemacht. Dabei haben wir herausgefunden, dass es dort in den meisten Fabriken schon gebrannt hat, aber davon war hier nichts zu hören.

KNA: Wie viel wissen deutsche Konsumenten über die Produkte?

Dusch Silva: Ich glaube, viele haben ein Gespür dafür, dass es nicht in Ordnung ist, wenn sie etwas ganz billig kaufen. Viele wissen aber nicht, dass der Preis nichts über die Produktionsbedingungen aussagt. Teure Textilien werden oft in den gleichen Fabriken in Bangladesch produziert wie billige. Leider geben die Unternehmen freiwillig auch kaum Informationen darüber.

KNA: Bringen Skandale wie der Fabrikbrand die Menschen dazu, ihr Kaufverhalten zu ändern?

Dusch Silva: Es gibt unterschiedliche Gruppen. Manche sagen, dass die Welt eben so ist, wie sie ist, und kaufen ihre Kleidung, ohne zu überlegen, wofür die Unternehmen stehen. Aber viele fangen bei solchen Unglücken auch an nachzudenken und fragen bei uns nach, was sie tun können.

KNA: Was kann man denn tun? Ist es möglich einzukaufen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben?

Dusch Silva: Es gibt verschiedene Siegel, die zeigen, wie engagiert ein Unternehmen in Bezug auf soziale Verantwortung ist. Es gibt die FairWear Foundation, bei der sich die Mitglieder dazu verpflichten, ihr Unternehmen nach sozialen Standards zu führen. Es wird aber immer ein Kompromiss bleiben, denn der Produktionsweg ist viel zu komplex, um wirklich jeden Schritt zu überwachen und hundertprozentig faire Kleidung zu garantieren. Außerdem dauert es, bis Unternehmen Veränderungen in den Produktionsstätten durchsetzen können. Es ist wichtig, dass sie in den schon bestehenden Fabriken ansetzen, sonst wäre es für die Arbeiter und Arbeiterinnen fatal, wenn sie ihre Jobs verlieren. Generell kann aber jeder etwas für fair produzierte Kleidung tun, egal ob über Proteste, bewusstes Einkaufsverhalten oder politische Aktionen.

KNA: Was bedeutet es für die Arbeitskräfte in den Fabriken, wenn Kleidung extrem günstig ist?

Dusch Silva: Unternehmen wie Kik oder Primark verlangen eine so schnelle Lieferung, dass es nur durch extreme Überstunden und Druck auf die Beschäftigten zu erfüllen ist. Oder die Produktion muss zusätzlich ausgelagert werden an kleinere Fabriken. Auch bei dem aktuellen Fall in Bangladesch handelt es sich vermutlich um das Subunternehmen eines Kik-Lieferanten. Außerdem sind die Löhne oft nicht existenzsichernd und die Sicherheitsmaßnahmen sehr mangelhaft, so kommt es dann zu Bränden und Unfällen in den Fabriken.

KNA: Was ist auf politischer Ebene notwendig, um die Bedingungen in der Textilproduktion zu verbessern?

Dusch Silva: Wir fordern mehr Transparenz von den Unternehmen, eine Offenlegungspflicht, wo produziert wird. Außerdem wollen wir erreichen, dass die Unternehmen dafür haften müssen, wie und wo sie produzieren.


Quelle:
KNA