Neuer Amnesty-Bericht zur Todesstrafe

Kleine Hoffnungsschimmer

Neben erschreckenden Zahlen sieht der Menschenrechtsbeauftragte der Regierung Löning auch Hoffnungsschimmer. In China sei es beispielsweise als Fortschritt zu werten, dass jedes Todesurteil neuerdings vom Obersten Gericht überprüft werde.

 (DR)

Im weltweiten Kampf gegen die Todesstrafe haben Menschenrechtler im vergangenen Jahr einen Rückschlag erlitten. So wurden laut Amnesty International 2012 in Botswana, Gambia, Indien, Japan und Pakistan erstmals seit Jahren wieder Menschen hingerichtet. Dennoch lasse sich der Trend zur Abschaffung der Todesstrafe nicht mehr umkehren, heißt es in dem neuen Amnesty-Bericht. Weltweit haben inzwischen 140 Staaten die Todesstrafe im Gesetz oder in der Praxis abgeschafft.

Die meisten Hinrichtungen gab es in China

Die Menschenrechtsorganisation geht davon aus, dass auch im vergangenen Jahr in China die meisten Menschen hingerichtet wurden. Amnesty spricht von „Tausenden Menschen - und somit mehr als im Rest der Welt zusammen“. China ausgenommen wurden im vergangenen Jahr mindestens 682 Menschen (2011: 680) in 21 Ländern (2011: 21) hingerichtet. Mindestens 1.722 Menschen (2012: 1.923) wurden in 58 Ländern (2011: 63) zum Tode verurteilt.

Außerhalb Chinas sind laut Amnesty drei Staaten für drei Viertel der bekanntgewordenen Hinrichtungen verantwortlich: Iran (mindestens 314), Irak (mindestens 129) und Saudi-Arabien (mindestens 79). Danach folgen die USA (43) und Jemen (mindestens 28). Amnesty schätzt, dass es im Iran zahlreiche offiziell nicht bestätigte Exekutionen gab.

Zahlen zu China veröffentlicht die Organisation seit 2009 nicht mehr, da China Angaben zur Todesstrafe geheim halte.

"Trend zur Abschaffung der Todesstrafe ist ungebrochen"

In der Wiederaufnahme von Hinrichtungen in einigen Staaten sieht Amnesty bedauerliche Rückschläge. Oliver Hendrich, Experte zur Todesstrafe von Amnesty International in Deutschland, resümierte: „Doch insgesamt gilt: Der Trend zur Abschaffung der Todesstrafe ist ungebrochen.“ Lettland habe als weiteres Land die Todesstrafe komplett aufgegeben. „Die Zahl der Hinrichtungen hat sich kaum verändert, die Zahl der Henkerstaaten ist nicht gestiegen und erfreulicherweise gab es wieder weniger Todesurteile“, sagte Hendrich.

Fortschritte gab es in verschiedenen Regionen der Welt. In den USA schaffte Connecticut als 17. Bundesstaat die Todesstrafe ab, in Singapur blieben Hinrichtungen weiterhin ausgesetzt, in Vietnam wurde niemand hingerichtet und Ghana plant, die Todesstrafe in der neuen Verfassung abzuschaffen.

Todesstrafe bei Gotteslästerung

Amnesty verweist aber auch auf Staaten wie Afghanistan und Belarus, wo Menschen wegen erzwungener „Geständnisse“ zum Tode verurteilt wurden. In Gambia, Nordkorea und den Palästinensergebieten etwa wurde die Todesstrafe wegen „Verbrechen gegen den Staat“ verhängt. Außerdem würden in einigen Ländern auch Ehebruch und Homosexualität (Iran), Gotteslästerung (Pakistan), schwerer Raub (Kenia), religiöse Vergehen (Iran), Wirtschaftsdelikte (China) und Drogendelikte mit dem Tode bestraft.

Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP), sieht im neuen Amnesty-Bericht zur Todesstrafe auch kleine positive Entwicklungen. Dazu gehöre etwa, dass in den USA die Zahl der Bundesstaaten gestiegen sei, die die Todesstrafe abgeschafft hätten oder nicht mehr praktizierten.

Anlass zur Sorge gebe dagegen Saudi-Arabien „im allerhöchsten Maße“, beklagte Löning. Dort sei es im Gegensatz zu anderen Ländern nicht einmal möglich, mit den offiziellen Gesprächspartnern über den Sinn der Todesstrafe auch nur zu diskutieren. Jegliche Kritik an Hinrichtungen werde mit der Behauptung abgewiesen, es sei der „Wille Gottes“, dass es die Todesstrafe gebe.


Quelle:
epd