Die Fakten zur "Pille danach"

"Es findet keine Abtreibung statt"

Alle NRW-Bischöfe schwenken in der Sache "Pille danach" auf die Linie Kardinal Meisners um. Dr. Christian Albring, Vorsitzender des Bundesverbandes der Frauenärzte, erläutert im domradio.de-Interview noch einmal die medizinischen Fakten.

Dr. Christian Albring / © dggg
Dr. Christian Albring / © dggg

domradio.de: Wie lautet denn die offizielle Position Ihres Verbandes?

Dr. Christian Albring: Wir wissen heute, dass der Eisprung durch die Pille danach verschoben wird, wir wissen auch, dass es nicht zur Einnistungshemmung von befruchteten Eizellen kommt. Das heißt, alle Ärzte oder sonstige Menschen, die sagen, es käme zu einer Einnistungsverhinderung, die wissen das nicht, sondern die glauben nur daran. Und das ist im Bereich der Wissenschaft nicht gut.

domradio.de: Sind das denn neue wissenschaftliche Erkenntnisse? Woher kommt diese Uneinigkeit zwischen Gynäkologen, also Spezialisten?

Dr. Albring: Das sind in der Tat neue Erkenntnisse der letzten zwei Jahre und die sind erst dadurch bewusst geworden, weil es vor drei Jahren die Einführung eines neuen Präparats gab. In diesem Zusammenhang hat man die Literatur erforscht, hat neue Studien aufgelegt und diese Studien haben das gezeigt. Natürlich musste das neue Präparat mit dem alten verglichen werden, um zu sehen, ob es vielleicht besser wirkt. Und dabei hat man die Erkenntnis gewonnen, dass es nur zu einer Verschiebung des Eisprungs kommt, nicht aber zur Einnistungsverhinderung. Man hat Frauen, die nach dem Eisprung die Pille danach genommen haben, verglichen mit Frauen, die keine Pille zur Verhütung genommen haben. Dabei wurde festgestellt, dass in beiden Gruppen die Schwangerschaftsrate gleich hoch war. Das ist ein klarer Beweis dafür, dass die Pille eben nicht zur Verhinderung der Einnistung der befruchteten Eizelle führt.

domradio.de: Das heißt also ganz konkret, eine "abtreibende Wirkung" lässt sich definitiv ausschließen? Das ist ja für die katholische Kirche in der aktuellen Diskussion ausschlaggebend.

Dr. Albring: Eine abtreibende Wirkung lässt sich bei dieser Dosierung definitiv ausschließen.

domradio.de: Um welches Präparat geht es da? Erhältlich sind EllaOne und PiDaNa. Wirken beide Präparate wie von Ihnen beschrieben?

Dr. Albring: Das ist richtig, beide Präparate wirken so, dass sie den Eisprung verschieben, wobei die neuere Pille danach, also EllaOne, noch bis kurz vor dem Einsprung wirkt, also wenige Stunden vorher. Die andere Pille wirkt nur bei Einnahme zwei Tage vor dem Eisprung, und da innerhalb dieser Zeit die Befruchtungswahrscheinlichkeit am größten ist, ist es natürlich sinnvoll, nur noch die moderne Pille zu verordnen.

domradio.de: Gehen wir einmal davon aus, dass sich eine Frau an Sie wendet, und es findet das aufklärende Gespräch über die Pille danach statt: Wie lange kann man als Frau diese Pille dann noch einnehmen?

Dr. Albring: Wir wissen ja nicht immer, wenn ich nur mit der Frau spreche, wann die Frau den Eisprung hat. Zugelassen ist die alte Pille danach für drei Tage nach dem Geschlechtsverkehr, während die neue Pille für fünf Tage zugelassen ist. Also gilt: Habe ich heute Geschlechtsverkehr, dann kann ich ab heute bis fünf Tage danach noch die Pille danach nehmen, aber nur die moderne. Trotzdem empfehlen wir, die Pille danach immer so früh wie möglich zu nehmen, weil die höchste Wirkung dann auftritt, wenn sie gleich nach dem unerwünschten Verkehr genommen wird.

domradio.de: Die Opposition, also SPD und Grüne wollen jetzt erreichen, dass Frauen die Pille danach künftig auch ohne Rezept bekommen. Wie wichtig ist aus Ihrer Erfahrung, dass Frauen auch eine fachliche Beratung bekommen, bevor sie das Präparat nehmen?

Dr. Albring: Wichtig ist die Beratung deshalb, weil man den Frauen dann auch noch bezüglich einer kontinuierlichen Verhütung helfen kann, auch für die Monate danach und auch in Hinblick auf sexuell übertragbare Krankheiten. Außerdem ist die Beratung deshalb wichtig, um der Frau zu sagen, ob und wann sie die Pille danach nehmen muss, denn in den anderen Ländern, in denen die Pille danach freigegeben wurde, sind die Schwangerschaftsraten der unerwünschten Schwangerschaften nicht abgesunken, während das in Deutschland kontinuierlich seit knapp zehn Jahren schon der Fall ist. Das ist ein Erfolg der Beratung durch die Ärztinnen und Ärzte und der Aufklärung zum Beispiel durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

domradio.de: Wir haben gerade über die Wichtigkeit der Beratung gesprochen. Wie ist grundsätzlich Ihre Haltung dazu? Sollte man die Pille danach freigeben, so dass die Frauen gar nicht mehr zum Arzt gehen müssen, oder ist das der falsche Weg?

Dr. Albring: Die SPD und Die Linke fordern die Freigabe der alten Pille danach, denn die neue Pille danach, die EllaOne, ist europaweit verschreibungspflichtig. Wenn Sie aber die alte Pille freigeben, dann kommt es zu dreimal mehr Schwangerschaften als mit dem neuen Präparat. Insofern lehnt der Berufsverband der Frauenärzte diese Freigabe ab.

Das Interview führte Stephanie Gebert.