Thema Abtreibung spaltet die USA auch 40 Jahre nach der Legalisierung

Der erbitterte Streit geht weiter

Ein runder Jahrestag, doch feiern will niemand: Vor 40 Jahren erlaubte das Oberste US-Gericht Abtreibungen grundsätzlich. Doch die Debatte über Schwangerschaftsabbrüche endete damit nicht.

Autor/in:
Konrad Ege
 (DR)

Viele Bundesstaaten haben in den letzten Jahren die Möglichkeiten für eine Abtreibung erschwert. Befürworter legaler Schwangerschaftsabbrüche sind vielerorts in der Defensive. Das Urteil vom 22. Januar 1973 im Fall "Roe v. Wade" - benannt nach der anonymen Klägerin "Jane Roe" und dem texanischen Bezirksanwalt Henry Wade - kritisieren Abtreibungsgegner bis heute als krasse Fehlentscheidung. Die römisch-katholischen Bischöfe haben anlässlich des Jahrestages zu neun Tagen "Gebet und Buße" aufgerufen.

Dabei haben die Abtreibungsgegner in letzter Zeit durchaus Erfolge in einzelnen Bundesstaaten verbuchen können. Denn die Staaten dürfen medizinische Therapien selber regulieren - und damit auch Schwangerschaftsabbrüche. So können sie die Hürden für die Abtreibung hoch setzen, solange das Urteil im Fall "Roe v. Wade" nicht grundsätzlich konterkariert wird. Wobei es im Einzelfall stets umstritten ist, ob das Vorgehen des Bundesstaates rechtlich zulässig ist. Der Familienplanungsverband "Guttmacher Institute" kritisiert dieses Vorgehen als Salamitaktik der Abtreibungsgegner.

Erschwerte Gesetze

In etwa der Hälfte der 50 Bundesstaaten amtieren Regierungen, die Abtreibungen ablehnen. Im Jahr 2012 haben 19 Staaten den Schwangerschaftsabbruch mit 43 neuen Gesetzen erschwert. In Virginia etwa müssen Schwangere eine Ultraschalluntersuchung machen lassen, auch wenn Frau und Gynäkologe das für unnötig halten. Mehrere Staaten schreiben Fristen zwischen dem ersten Arztbesuch und dem Abbruch vor. In Utah zum Beispiel müssen Frauen 72 Stunden bis zur Abtreibung warten.

Einige Staaten haben kostspielige neue Bauvorschriften für medizinische Einrichtungen erlassen, die Abtreibungen vornehmen. In Virginia etwa müssen alle Gänge von Arztpraxen, in denen Frauen abtreiben können, so breit sein wie die Flure von Krankenhäusern - nämlich mindestens 1,5 Meter.

In Mississippi wiederum müssen Ärzte, die Abtreibungen vornehmen, von einem allgemeinen Krankenhaus zugelassen sein. Die Mediziner der gegenwärtig einzigen Abtreibungsklinik in dem Bundesstaat wurden aber von allen Krankenhäusern abgewiesen, wie örtliche Medien berichten. Die strengen gesetzlichen Vorgaben führen dazu, dass 87 Prozent der US-Landkreise gegenwärtig keinen Arzt und keine Klinik für Abtreibungen haben.

Die entschiedensten Gegner: weiße Evangelikale

Die Bevölkerung ist gespalten. Bei einer kürzlichen Erhebung des «Pew Research Center» erklärten 63 Prozent, das Urteil im Fall "Roe v. Wade" solle nicht aufgehoben werden. Bei einer Gallup-Umfrage bezeichneten sich jedoch die Hälfte als "Lebensschützer", also als Abtreibungsgegner - und nur 41 Prozent als Befürworter des Rechtes zum Schwangerschaftsabbruch. Die entschiedensten Abtreibungsgegner sind weiße Evangelikale. 54 Prozent von ihnen wollen "Roe v. Wade" rückgängig machen, wie das "Pew Research Center" ermittelt hat. Unter Katholiken sind es lediglich 38 Prozent.

Das war nicht immer so. Gleich nach dem Urteil von 1973 galt der Kampf gegen Abtreibung vor allem als katholische Sache. Der "Südliche Baptistenverband", die größte protestantische Kirche der USA, erklärte noch 1971, Abtreibung müsse in bestimmten Fällen erlaubt werden. Etwa wenn umfassende Hinweise vorlägen, die Schwangerschaft schade der "emotionalen, psychischen und physischen Gesundheit der Mutter". Zwölf Jahre später forderte die Kirche die Abschaffung von "Roe v. Wade".

Nach Angaben der Familienplanungsorganisation "Guttmacher Institute" ist in den USA knapp die Hälfte der Schwangerschaften nicht geplant. Rund 40 Prozent dieser Schwangerschaften endeten mit einem Abbruch. Im Jahr 2008 seien rund 1,21 Millionen Abtreibungen vorgenommen worden. Die Zahl der Abtreibungen sei seit 1990 rückläufig, als 1,6 Millionen Abtreibungen vorgenommen wurden.


Quelle:
epd