Moraltheologe: Das Verbrechen der Vergewaltigung bedeutet entsetzliches Dilemma

Konsequenter Lebensschutz

Die Kritik an zwei katholischen Kliniken, die eine vermutlich vergewaltigte Frau abwiesen, hält an. Im domradio.de-Interview erklärt der Moraltheologe Peter Schallenberg, warum die Kirche auch im Fall einer Vergewaltigung die Pille danach ablehnt.

 (DR)

domradio.de: Warum ist ein Verschreiben der Pille danach aus katholischer Sicht nicht möglich?

Schallenberg: Bei der Pille danach muss man unterscheiden zwischen der strikten Pille danach und der strikten Abtreibungspille. Es geht immer um die Wirkungsweise. Wenn die Abtreibungspille gemeint ist, handelt es sich um die Verhinderung der Einnistung einer befruchteten Eizelle in der Gebärmutter. Das ist nach Auffassung der katholischen Kirche eine Frühabtreibung - und damit die Tötung eines Embryos. Das kann niemals erlaubt sein, auch nicht durch schwere Notfälle. Wenn es sich im engeren Sinne um die Pille danach handelt, handelt es sich um die Behinderung der Ovulation, also vor der befruchteten Eizelle wird verhindert, dass die Befruchtung stattfindet. Und das bewirkt im engeren Sinne keine Abtreibung, sondern fällt darunter, dass - nach katholischer Auffassung durch die Enzyklika Humane Vitae - die Pille verboten ist. Das bezieht sich aber auf Katholiken und nicht auf die medizinische Versorgung in einem Krankenhaus. Da muss man genau differenzieren. Und man müsste jetzt fragen: Was verstanden die Ärzte in Köln unter der Pille danach? Es geht um den medizinischen Wirkstoff.

domradio.de: Für Katholiken sind aber beide Varianten untersagt?

Schallenberg: Nach katholischer Lehre ist es für Katholiken untersagt. Das ist eine Norm des Sexualrechtes, die für Katholiken gilt und nicht im Raum der Bioethik für die Versorgung von Kranken in katholischen Krankenhäusern. Normalerweise kommen wir in katholischen Krankenhäusern auch nicht in die Konfliktlage, zu entscheiden: Wird hier die Pille gegeben oder nicht?

domradio.de: Nun geht es bei der Diskussion auch um das Schicksal der vergewaltigten Frau und die Frage, wie eine Frau einem Kind gerecht werden kann, das aus einer Vergewaltigung entstanden ist...

Schallenberg: Das ist das eigentliche Problem jenseits der medizinischen Details, ein Problem, das im Grunde unlösbar ist: dass die Vergewaltigung einer Frau ein entsetzliches Verbrechen und eine Untat ist; und dass alles versucht werden muss, um mit damit umzugehen, der Frau zu helfen, ihr beizustehen, sie zu behandeln; dass es aus katholischer Sicht aber keine Lösung sein kann, eine Abtreibung durchzuführen. Ein Unrecht kann kein anderes bedingen. Wir sind der Auffassung, dass die Tötung eines unschuldigen Menschen, eines Embryos, immer ein Unrecht darstellt. Und das kann durch nichts gerechtfertigt werden. Das ist ein entsetzliches Dilemma. Aber wir haben keine andere Möglichkeit. Wir sind der Auffassung, dass es sich um menschliches Leben von der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle an handelt. Und dann muss man auch konsequent den Schutz dieses Lebens im Auge behalten.

Das Gespräch führte Christian Schlegel.


Msgr. Prof. Peter Schallenberg / © ksz
Msgr. Prof. Peter Schallenberg / © ksz
Quelle:
DR