Neuer Neusser Kreisdechant setzt auf Spagat zwischen Tradition und Reform

"Es geht nicht um rechts oder links"

Kirche zeitgemäß leben, aber die Wurzeln nicht vergessen: Dieser Spagat ist dem neuen Neusser Kreisdechanten wichtig. In seinem neuen Amt will Hans-Günther Korr auch das Verbandsleben lebendig halten und zeigen, dass der Glaube Spaß macht.

Pfarrer Hans-Günther Korr wurde zum neuen Kreisdechanten in Neuss ernannt / © Neuss-Nord/Lippert (Erzbistum Köln Presse)
Pfarrer Hans-Günther Korr wurde zum neuen Kreisdechanten in Neuss ernannt / © Neuss-Nord/Lippert ( Erzbistum Köln Presse )

DOMRADIO.DE: Stimmt es, dass Sie an Karneval mal als Reformator Martin Luther unterwegs waren?

Hans-Günther Korr (Ernannter Kreisdechant von Neuss): Ja, das war ich. Ich kann mich gut daran erinnern: Es war innerhalb der 500-Jahr-Feier des Lutherjahres. Ich trete nie alleine auf. Wir treten immer als Pastoralteam auf. Und da ging es um die Reformation. Da war ich in der Rolle des Martin Luthers. Es war sehr schön. Die Kollegen hatten auch Rollen. Wir haben das zusammen innerhalb einer kfd-Frauensitzung gemacht.

DOMRADIO.DE: Denn die Ökumene, die liegt Ihnen sehr am Herzen?

Korr: Die liegt mir sehr am Herzen. Ich bin natürlich jetzt hier in Neuss in einem katholischen Umfeld, aber ich bin gebürtig aus dem Bergischen Land und das Bergische Land ist nur zu 25 Prozent katholisch. Das heißt, viele Freunde, auch Verwandte, Bekannte sind evangelisch. Ich habe evangelische Patenkinder, sodass ich von klein auf immer da engen Kontakt zu anderen Konfessionen hatte, besonders zu evangelischen Christen.

DOMRADIO.DE: Die Schützen mögen Sie auch und gehen auch schon mal ganz gerne auf Wallfahrt nach Rom mit denen ...

Korr: Ja, wir waren einmal auf einer Wallfahrt vor zwei Jahren und es war wunderbar mit Schützen, dann in Rom mit den Schützen am Petersplatz zu sein. Aber Wallfahrt ist kein Urlaub. Gut, es wird auch gefeiert und gegessen und getrunken. Aber es wird auch gebetet, Gottesdienst gefeiert und wir besuchen heilige Orte. Und für uns war ganz beeindruckend der Besuch der Sebastianus-Katakomben und der Sebastianiuskirche, weil wir halt eine Sebastianus-Bruderschaft waren.

DOMRADIO.DE: Als Kreisdechant werden auch viele andere Herausforderungen auf Sie zukommen. Stichwort Reformbewegungen, vielleicht besonders auch der katholischen Frauen und der Basis. Wie stehen Sie dazu?

Korr: Ich kann vieles sehr gut verstehen. Ich war jetzt eine Zeit lang hier Verweser in der Neusser Innenstadt und da hatten wir auch schon viel Diskussionen, Auseinandersetzungen, die positiv waren zum Thema Segnungen von Homosexuellen. Da kam ja gerade in der Zeit dann das Reformpapier des Papstes aus Rom. Also ich bin da sehr offen und wir müssen zusammen sehen, dass wir unsere Kirche weiterbringen, dass wir in einem guten Dialog sind. Es geht gar nicht um rechts oder links, sondern es geht einfach darum, wie wir Kirche leben können, wie wir heute zeitgemäß sind, aber trotzdem Wurzeln und Traditionen nicht aus dem Auge verlieren. Dieser Spagat ist sehr wichtig für mich.

DOMRADIO.DE: Neuss hat bis heute ein reiches katholisches Vereins- und Verbandsleben. Wie kann es gelingen, dieses Vereins- und Verbandsleben auch wirklich lebendig zu halten?

Korr: Ich bin von Natur aus auch Verbandler. Das ist sehr wichtig, ich kenne die Strukturen. Ich bin von klein auf DPSG-Pfadfinder. Ich war BDKJ-Diözesanpräses. Ich bin hier für die Malteser zuständig, war immer Malteser. Ich kenne mich in diesen Verbänden aus, bin da sehr beheimatet und kenne die Probleme, die sie haben, erlebe aber hier die Verbände als eine starke Gruppe, die ganz nah an der Basis und den Menschen orientiert ist. Ich nehme als Beispiel, da bin ich ganz glücklich: Jetzt am kommenden Wochenende backen die kfd-Frauen in meinem Seelsorgebereich Kuchen für die Flutopfer. Die Verbände sind die Stützen unserer Gemeindearbeit. Das klappt hier noch gut. Das ist woanders vielleicht nicht mehr so, aber das ist halt die Tradition, die es hier gibt.

DOMRADIO.DE: Was wünschen Sie sich für die Zukunft am meisten?

Korr: Mir geht es darum, dass es ein gutes, verzahntes Miteinander von Haupt- und Ehrenamt gibt. Das ist mir ganz wichtig. Und ich habe jetzt auch meine Kollegen im Blick und stehe auch vor der Frage: Wie geht es weiter mit immer größeren Seelsorgebereichen. Jetzt kommt Pfarrer Andreas Süß aus Bensberg hierhin mit einem riesigen Bereich. Wir müssen Strukturen finden, dass hier keiner überfordert wird und dass Kirche Spaß macht und dass auch Glaube Spaß macht. Und das ist, glaube ich, das Allerwichtigste.

Das Interview führte Hilde Regniter.


Quelle:
DR
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