Erzbistum Köln äußert sich zurückhaltend zu Kirchenstatistik

"Mit Vorsicht zu analysieren"

Fast 40.000 Katholiken weniger gab es 2020 im Erzbistum Köln. Außerdem: weniger Taufen, weniger Eheschließungen. Ob die Krise im Erzbistum ein Faktor für den Rückgang ist, sei unklar. Das werde sich erst in den nächsten Jahren zeigen. 

Blick auf den Kölner Dom / © TTstudio (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Wie fallen den die Zahlen für das Erzbistum Köln aus?

Oliver Schillings (Pressesprecher des Erzbistums Köln): Sie sind natürlich mit sehr viel Vorsicht zu analysieren, weil unter Corona vieles nicht möglich war, wie sonst. Generell gibt es weniger Katholiken im Erzbistum als 2019. Die Zahl der Kirchenaustritte hat aber auch deutlich abgenommen.

DOMRADIO.DE: Inwiefern?

Schillings: Es sind über 28 Prozent weniger Kirchenaustritte erfolgt. Aber wir haben auf der anderen Seite auch viel weniger Trauungen, Kommunionfeiern und Firmungen. Auch da schlägt der Corona-Effekt zu.

DOMRADIO.DE: Welche Rolle spielen die besonderen Corona-Sonderbedingungen im vergangenen Jahr?

Schillings: Eine sehr massive Rolle. Dieses Jahr 2020 können wir wirklich nicht für sich allein auswerten. Da braucht es einen Zeitraum von drei, vier oder fünf Jahren, um die relevanten Trends zu erkennen.

DOMRADIO.DE: Es sind auch Zahlen zu Taufen, Eheschließungen und Todesfällen veröffentlicht worden. Macht sich der demografische Wandel bemerkbar?

Schillings: Bei den Todeszahlen ist es stabil geblieben, aber Trauungen sind massiv zurückgegangen. Fast ein Drittel der Menschen weniger haben sich 2020 trauen lassen, einfach weil die Möglichkeiten zu feiern nicht da waren. Auch das können wir so richtig erst in den nächsten Jahren bewerten.

DOMRADIO.DE: Können Sie genau differenzieren, warum die Menschen aus der Kirche austreten?

Schillings: Das ist eine sehr komplexe Frage und auch häufig ein längerer Prozess. Es spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Aus der evangelischen Kirche gab es eine Umfrage, dass für 75 Prozent der Austritte doch die Kirchensteuer das ausschlaggebende Argument ist. Aber auch da muss man sehr genau hingucken und schauen, wo es Möglichkeiten gibt, diesen Trend zu ändern.

DOMRADIO.DE: Sicher werden Sie auch die Krise im Erzbistum Köln als einen möglichen Grund für einen Kirchenaustritt analysieren. Kann man schon sagen, welche Rolle diese Krise spielt?

Schillings: Für 2020 können wir das überhaupt nicht sagen, weil da die Krise mit den Diskussionen über die Aufarbeitung eigentlich erst im Oktober gestartet ist. Auch das können wir erst über zwei oder drei Jahre hinweg wirklich bewerten.

DOMRADIO.DE: Die Zahlen aus dem Jahr 2020 liegen jetzt vor. Im Jahr 2021, also im aktuellen Jahr, dürften die Kirchenaustrittszahlen dann erheblich höher ausfallen. Sehen Sie das auch so?

Schillings: Das wird auf jeden Fall der Fall sein, weil die Ämter viel zugänglicher waren. Wir hatten keinen Lockdown und entsprechend werden die Zahlen bestimmt auch wieder auf das Niveau aus den Jahren 2018 und 2019 steigen.

DOMRADIO.DE: Da gilt es sich dann sicher auch, genauer zu analysieren, welche Rolle die Krise im Erzbistum Köln gespielt hat.

Schillings: In den Jahren 2018 und 2019 wird sie wahrscheinlich keine Rolle gespielt haben. Insofern ist das ein Faktor von vielen, an denen wir arbeiten müssen, um zu schauen, wie wir diesen Trend verlangsamen können. Es gehört zu unserer Gesellschaft, dass sie sich weiter und weiter säkularisiert.

DOMRADIO.DE: Wie reagiert denn das Erzbistum Köln auf die Kirchenaustritte?

Schillings: Ich glaube, das haben verschiedene Personen aus dem Erzbistum schon deutlich gemacht, wie sehr ihnen das nahe geht, wenn jemand geht. Wir haben verschiedene Formate und Möglichkeiten, darauf zu reagieren: ob es in der Stadt-Pastoral ist oder an anderen Orten. Wir öffnen neue Kanäle, neue Türen, den Leuten zu zeigen, dass die Kirche in ihrem Leben wichtig ist.

Das Interview führte Johannes Schröer. 


Dr. Oliver Schillings (Erzbistum Köln)
Quelle:
DR