Hamburger Erzbischof Heße bietet Rücktritt an

"Um Schaden abzuwenden"

Nach der Vorstellung eines belastenden Missbrauchsgutachtens im Erzbistum Köln hat der Hamburger Erzbischof Stefan Heße Papst Franziskus seinen Rücktritt angeboten. Heße war früher Personalchef und Generalvikar im Erzbistum Köln.

Autor/in:
Michael Althaus
Erzbischof Stefan Heße / © Lars Berg (KNA)
Erzbischof Stefan Heße / © Lars Berg ( KNA )

"Um Schaden vom Amt des Erzbischofs sowie zum Erzbistum Hamburg abzuwenden, biete ich Papst Franziskus meinen Amtsverzicht an und bitte ihn um die sofortige Entbindung von meinen Aufgaben", sagte er in einer live im Internet übertragenen persönlichen Erklärung am Donnerstag in Hamburg. Heße ist seit 2015 Erzbischof von Hamburg und war zuvor ab 2006 Personalchef und von 2012 bis 2015 Generalvikar im Erzbistum Köln.

Heße werden elf Pflichtverletzungen vorgeworfen

Das Gutachten zum Umgang mit Missbrauchsfällen im Erzbistum Köln hatte unter anderem Heße belastet. Die Anwaltskanzlei Gercke & Wollschläger attestiert dem früheren Kölner Personalchef und Generalvikar in ihrer am Donnerstag in Köln präsentierten Untersuchung elf Pflichtverletzungen in neun Aktenvorgängen.

Konkret soll Heße versäumt haben, kirchliche Verfahren zur Aufklärung von Missbrauchsvorwürfen einzuleiten und mehrere Fälle nicht an die Staatsanwaltschaft oder an den Vatikan gemeldet haben.

Bereits im Vorfeld der Studienpräsentation bekannt gewordene Anschuldigungen hatte er stets zurückgewiesen.

Nach Aktenstudium und Anhörung Heßes werfen die Gutachter ihm zum Beispiel vor, sein Einverständnis gegeben zu haben, dass über ein Gespräch mit einem beschuldigten Priester kein offizielles Protokoll geführt wurde. So habe er möglicherweise die Akte des Beschuldigten "sauber" halten wollen. Andere Fälle soll er nur als Grenzverletzungen und nicht als Missbrauch eingestuft haben.

Heße erklärte gegenüber den Gutachtern, bei Übernahme des Amts des Personalchefs nicht auf den Umgang mit Missbrauchsfällen vorbereitet gewesen zu sein. Er versicherte, alle eingegangenen Verdachtsfälle an den damaligen Erzbischof gemeldet zu haben. In mehreren Fällen gab er an, sich nicht mehr genau an das damalige Vorgehen erinnern zu können.

Auf den Rat anderer verlassen

Die Studie hält Heße zugute, dass in seine Amtszeit als Personalchef jenes Jahr 2010 fiel, als Missbrauchsmeldungen "flutartig" im Erzbistum Köln eingegangen und die Verantwortungsträger mit "einer neuen Dimension des Problems" konfrontiert worden seien. Außerdem habe angesichts zahlreicher rechtlicher Änderungen in vielerlei Hinsicht Unklarheit im Hinblick auf die Rechtslage geherrscht. Heße habe sich auf den teilweise unzureichenden Rat von Offizial Günter Assenmacher (69) und der damaligen Justiziarin verlassen.

Heße sei bereit gewesen, zu allen Vorwürfen Stellung zu nehmen, sagte Studienautor Björn Gercke. Der Erzbischof habe viele Tausend Seiten Aktenmaterial vorgelegt bekommen. Zur Anhörung sei er zusammen mit seinem Anwalt und seinem Justiziar gekommen. In einigen Fällen sei es Heße gelungen, die Vorwürfe gegen ihn auszuräumen.


Quelle:
KNA
Mehr zum Thema