Stadtdechant Picken zum Bonner Stadtpatronenfest

Zurückhaltende Feierlichkeiten

Die Bonner gedenken in diesen Tagen ihrer Stadtpatrone Cassius und Florentius. Wie das in Zeiten von Corona abläuft und warum die beiden Heiligen auch im Jahr 2020 noch Vorbilder sind, erklärt Stadtdechant Wolfgang Picken.

Pfarrer Dr. Wolfgang Picken, Stadtdechant von Bonn / © Harald Oppitz (KNA)
Pfarrer Dr. Wolfgang Picken, Stadtdechant von Bonn / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Welche Bedeutung haben Cassius und Florentius für Bonn?

Pfarrer Dr. Wolfgang Picken (Bonner Stadtdechant): Cassius und Florentius als thebäische Legionäre sind hier in der Stadt, nämlich genauer nach der Legende jedenfalls in Endenich, enthauptet worden. Im Übrigen nicht nur die beiden, sondern mit ihnen vermutlich eine große Anzahl weiterer Soldaten, die nach der römischen Regel dezimiert wurden. Man praktizierte das so: Wenn jemand Widerstand leistete, um dann die Moral der Truppe zu erhöhen, hat man nicht den Einzelnen umgebracht, sondern jeder Zehnte musste nach vorne treten und wurde umgebracht.

So muss es hier ein richtiges Blutbad gegeben haben, sodass es die Junge Gemeinde hier in Bonn sehr beeindruckt hat, zu erleben, wie diese Fremden aus Afrika und dem Orient hier zum christlichen Glauben standen. Das hat die Bekenntniskraft in der Stadt, in den Gemeinden, aber dann schließlich auch die Bürger nachhaltig beeindruckt. Über dem Grab der beiden und ihrer Gefährten ist dann die Basilika entstanden, und sie sind zur Stadtpatronen geworden. Also wirklich Vorbilder – einerseits für die Kirche, aber andererseits auch für eine zivile Gesellschaft.

DOMRADIO.DE: Inwiefern sind die beiden Märtyrer auch heute im Jahr 2020 noch ein Positivbeispiel, also Vorbilder?

Picken: Ich glaube, dass sie zum einen natürlich ermutigen, den Glauben auch gegen Widerstände zu leben. Das ist ja etwas, was wir durchaus gegenwärtig sehr gut kennen. Auf der anderen Seite müssen wir uns in Erinnerung rufen, dass Cassius und Florentius und die thebäischen Legionäre aus Afrika kamen und uns ins Gedächtnis rufen damit, dass viele Impulse, die heute unsere Kultur und auch unsere Religion prägen, Importe aus dem Ausland waren. Die kamen ausgerechnet aus den Ländern, aus denen gegenwärtig Flüchtlingsbewegungen nach hierhin unterwegs sind, die viele mit einer großen Distanz betrachten.

Cassius und Florentius zeigen: Wir wären heute nicht das, was wir sind, wenn wir nicht auch eine gewisse Offenheit gegenüber dem Fremden zeigen, das uns großenteils auch bereichern kann – so jedenfalls die thebäischen Legionäre. Ohne die wäre in Köln und in vielen anderen Städten des Rheinlandes das Christentum nicht so entwickelt, wie wir es heute wahrnehmen.

DOMRADIO.DE: Der Höhepunkt der Feierlichkeiten an diesem Wochenende ist das Festhochamt um 12 Uhr an diesem Sonntag in der Kirche St. Remigius mit dem Kerzenopfer des Rates der Stadt Bonn. Eine richtig volle Kirche kann es ja wegen Corona leider nicht geben. Wie haben Sie geplant für heute?

Picken: Gut. Normalerweise haben wir auch jetzt in Corona-Zeiten immer nach den Vorgaben die Gottesdienste hier gut besucht. Für uns ist es natürlich eh schon eine Veränderung, dass wir dieses Fest nicht in der Basilika feiern können, die gegenwärtig wegen der Generalsanierung noch geschlossen ist. Aber wir haben uns an diesem Sonntag dafür entschieden, zum einen die Plätze namentlich zu vergeben. Man musste sich vorab anmelden. Die Plätze in der Kirche, in St. Remigius sind alle belegt.

Wir übertragen zugleich in den Kapitelssaal des ehemaligen Klosters, sodass da auch nochmal eine Anzahl von Personen sitzen kann. Wir machen auch ein Livestreaming, sodass jeder in der Stadt, der daran Anteil nehmen will und mitfeiern möchte, dazu die Gelegenheit hat.

DOMRADIO.DE: Normalerweise ist ja auch die Gruft der beiden Heiligen während des Stadtpatronefestes dann zehn Tage lang geöffnet. Ist das in diesem Jahr auch so?

Picken: Nein, weil die Gruft ja sich in der Münsterkirche befindet, die geschlossen ist. Es gibt aber zwei große Standbüsten der beiden Stadtpatrone Cassius und Florentius mit Reliquien darin, und die werden auf dem Hochaltar der Remigius-Kirche zehn Tage lang zur Verehrung bereitstehen. Von daher wird es einen solchen Akzent auch unter den veränderten Bedingungen geben.

DOMRADIO.DE: Normalerweise schließt sich ja den Feierlichkeiten an diesem Wochenende dann immer noch ein zehntägigen Fest an. Aber ich denke mal, auch das wird ja in diesem Jahr in Bonn dann so nicht möglich sein.

Picken: Genau. Einmal aufgrund der Corona-Bedingungen, andererseits weil wir jetzt zu Gast in einer anderen Kirche sind, können wir diesen Aufwand nicht betreiben. Aber wir haben das Fest begonnen am Freitag mit der Vesper aller Seelsorgerinnen und Seelsorger in der Stadt, was auch schon eine stattliche Anzahl ist. Die Äbtissin der Benediktinerinnen, die aus Steinfeld nach Bonn gezogen sind, hat hier zu den Seelsorgerinnen und Seelsorgern gesprochen, sodass wir schon auch mehrere Akzente zu setzen versuchen, aber natürlich sehr bescheiden und zurückhaltend im Vergleich zu dem, was sonst Tradition ist.

Das Interview führte Carsten Döpp.

 

Skulpturen-Köpfe der Bonner Stadtpatrone Cassius und Florentius / © gumbao (shutterstock)
Skulpturen-Köpfe der Bonner Stadtpatrone Cassius und Florentius / © gumbao ( shutterstock )
Quelle:
DR
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