Dreikönigsempfang von Katholikenausschuss und Stadtdekanat Köln

Zukunftsvisionen für Kirche und Gesellschaft

Deutliche Forderungen an Kirche, Politik und Gesellschaft  haben der Kölner Stadtdechant und der Vorsitzende des Katholikenausschusses in der Stadt Köln beim traditionellen gemeinsamen Dreikönigsempfang erhoben. 

Stadtdechant Msgr. Robert Kleine, Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Gregor Stiels, Vorsitzende des Katholikenausschusses / © Hildegard Mathies (Katholisches Stadtdekanat Köln)
Stadtdechant Msgr. Robert Kleine, Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Gregor Stiels, Vorsitzende des Katholikenausschusses / © Hildegard Mathies ( Katholisches Stadtdekanat Köln )

Eine Kultur der Gastfreundschaft und des Willkommens forderte Stadtdechant Msgr. Robert Kleine in seiner Ansprache am Montagabend im Kölner Maternushaus. "Das beginnt mit der Bereitstellung von finanzierbarem Wohnraum für die Studierenden und endet bei der Begleitung und Integration unserer neuen Nachbarn, denen Köln neue Heimat werden soll", betonte er. "Wir alle müssen weiter gemeinsam denen entgegentreten, die in unserer Stadt populistisch und verleumderisch gegen Flüchtlinge und Migranten agieren."

Kleine warnte zudem vor zunehmendem Antisemitismus, der "nun vermehrt keine Scheu hat, sich öffentlich zu zeigen". Der Stadtdechant sprach von Gewalt gegen jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger sowie persönlichen Beleidigungen etwa des Kölner Rabbiners Yechiel Brukner. "Zu diesen zutiefst beschämen-den Aktionen gehört natürlich auch, wenn an einer erzbischöflichen Schule mit nationalsozialistischen Symbolen Witze in WhatsApp-Gruppen gemacht werden. Denn das ist nicht naiv und dumm, dass ist geschichtsvergessen und gefährlich!" An die Synagogengemeinde und die jüdischen Mitbürger gewandt er-klärte Kleine: "Sie dürfen der hundertprozentigen Solidarität des Katholischen Stadtdekanats sicher sein und wir werden auch dagegen aufstehen, wenn Antisemitismus im Gewand einer wohlfeilen Israelkritik daherkommt."

Klare Absage an Hass und Hetze

Am 13. September 2020 ist Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen. Kleine sagte dazu: "Am Anfang dieses Wahljahres kann ich für die katholische Kirche in unserer Stadt nur klarstellen: Wir plädieren für Respekt und Mitmenschlichkeit und lehnen Hass, Polarisierung und gegenseitige Abwertung als Mittel von gesellschaftlichem Diskurs klar ab!" Auf der Grundlage des christlichen Glaubens "werden wir im Stadtdekanat mit all seinen Einrichtungen weiterhin für Nächstenliebe, Toleranz und ein solidarisches Miteinander in unserer Kölner Stadtgesellschaft eintreten", so der Stadtdechant.

Auch der Vorsitzende des Katholikenausschusses in der Stadt Köln, Gregor Stiels, erteilte Hass und Hetze eine klare Absage. Ebenfalls mit Blick auf den kommenden Wahlkampf erklärte er: "Wir werden sofort einschreiten, wenn der Wahlkampf auf Kosten anderer Menschen geführt wird, insbesondere auf Kosten von unter uns lebenden Menschen mit Migrationshintergrund! Wir werden sofort einschreiten, wenn Vorurteile gegen die hier lebenden Migrantinnen, Migranten und Geflüchteten geschürt werden! Und wir werden sofort einschreiten, wenn antisemitische oder fremdenfeindliche Aussagen getroffen werden!"

Auf dem Synodalen- und dem Pastoralen Zukunftsweg

Sowohl Kleine als auch Stiels nahmen in ihren Reden den Synodalen Weg der katholischen Kirche in Deutschland sowie den Pastoralen Zukunftsweg des Erzbistums Köln in den Blick. Die Kirche sei kein Selbstzweck, waren sich die beiden Redner einig. Kleine schrieb den deutschen Bischöfen, dem Erzbistum Köln und auch "mir selbst ganz persönlich ins Stammbuch", dass es gelte, den Aufbruch zu wagen, "der eben kein Abbruch ist, wenn die Kirche eine Vision hat". Es gehe um ein gemeinsames und solidarisches Nach-vorne-Schauen der Gläubigen sowie um die Entwicklung einer gemeinsamen Perspektive für die Kirche im Jahr 2030 und darüber hinaus. "Es geht um eine Vision von Kirche, Glaubensleben und Gemeinde vor Ort", so Kleine. Dabei sei es wichtig, "dass wir in unserer Kirche miteinander reden und nicht übereinander" und dass gemeinsam nach Lösungen gesucht werde, "angefangen bei den zwei Päpsten, über Kardinäle der Weltkirche bis zur Deutschen Bischofskonferenz und den Gremien auf lokaler Ebene", so der Stadtdechant.

Stiels forderte mit Blick auf den Pastoralen Zukunftsweg und den Synodalen Weg einen "Dialog auf Augenhöhe, eine demokratische Entscheidungskultur und eine Thematisierung der Machtfrage". Er wünsche sich, dass es einen konstruktiven Beitrag des Erzbistums Köln zum Synodalen Weg gebe. "Die Einheit der Bischöfe ist wichtig! Wir brauchen einen gemeinsamen deutschen Weg, kein Verharren und Verfestigen von extremen Positionen", so der Vorsitzende des Katholikenausschusses.

Die Kirche habe nach dem Missbrauchsskandal und aufgrund ihrer Strukturen, die als rückschrittlich und intransparent angesehen würden, ein massives Imageproblem, so Stiels. "Absolutistische monarchische Strukturen wirken in unserer Gesellschaft weltfremd und abstoßend. Eine Sexualmoral, die auf einem antiquierten Menschenbild beruht, die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse ignoriert, die Homosexualität als krankhaft und heilbar darstellt, wirkt in unserer Gesellschaft weltfremd und abstoßend. Und eine Institution, die wichtige Aufgaben, Tätigkeiten und Ämter Frauen vorenthält, weil sie Frauen sind, wirkt in unserer Gesellschaft weltfremd und abstoßend", kritisierte der Laienvertreter. Es sei "längst überfällig, dass sich auch die Kirche mit diesen Themen beschäftigt und einen Reformprozess einleitet, an dessen Ende deutlich wahrnehmbare Veränderungen stehen". Für den Vorsitzenden des Katholiken-ausschusses sind diese Themen wichtige Errungenschaften unserer Gesellschaft und kein vorübergehen-der Zeitgeist, dem man hinterherjagt. Viele Anwesenden zeigten sich begeistert und waren dankbar für die klare und deutliche Positionierung.

Köln als sicherer Hafen

Mit Blick auf die drängenden Themen und Probleme in der Stadt forderten sowohl Kleine als auch Stiels bezahlbaren Wohnraum, mehr Einsatz für die Bildung – auch in Form von mehr Kindergärten und Schulen – sowie mehr Aufmerksamkeit und Bewusstsein für die Menschen in prekären Lebenssituationen und diejenigen, die sich von der Gesellschaft "abgehängt" und von demokratischen Parteien immer weniger vertreten fühlten.

Gregor Stiels nahm darüber hinaus die besondere Situation von Geflüchteten in Griechenland in den Blick. Er forderte eine deutliche Initiative der Stadt Köln, die Situation für Kinder und Familien in den griechischen Flüchtlingslagern zu verbessern. Stiels verwies dabei auf den Ratsbeschluss, Köln als "Sicherer Hafen" für geflüchtete Menschen auszuweisen.

Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker machte deutlich, dass 2020 international, aber auch in Köln ein Jahr des Wandels werden würde. Diesen gelte es aktiv zu gestalten. Dabei setze sie weiterhin auf die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Stadtdekanat und Katholikenausschuss sowie den beiden Kirchen in Köln insgesamt.