Umweltschutzbeauftragter des Erzbistums Köln zu den Ergebnissen des UN-Klimagipfels

"Letztendlich muss es ein Projekt der Gemeinschaft sein"

Die Ergebnisse des UN-Klimagipfels in Madrid sorgen für Ernüchterung. Auch der neue Umweltschutzbeauftragte im Erzbistum Köln ist enttäuscht von den Ergebnissen, betont indes auch wie wichtig die Bewahrung der Schöpfung im Kleinen ist.

Kreuz auf einer Wiese / © kckate16 (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Was sagen Sie denn zu dem Ergebnis?

Christian Weingarten (Umweltschutzbeauftragter des Erzbistum Köln): Ich bin enttäuscht von den Ergebnissen. Aber es zeigt wieder: Das Problem oder die Herausforderung Klimawandel ist ein globales Problem und da müssen einfach ganz viele Player mitspielen. Man kann selbst bei sich anfangen, aber letztendlich muss es ein Projekt der Gemeinschaft sein.

DOMRADIO.DE: Warum ist es wichtig, dass man im Kleinen, also zu Hause, in Gemeinden, aber eben auch in einem Bistum am Ball bleibt?

Weingarten: Ich glaube, weil es einfach ist, die Schuld auf andere zu übertragen, aber wir auch im Bistum ganz viele Möglichkeiten haben, Schöpfung zu bewahren oder unsere Schöpfungsverantwortung wahrzunehmen. Und letztendlich muss sich jede einzelne Person bewusst werden, dass die Schöpfung etwas Besonderes ist und dass wir eigentlich beauftragt sind, sie zu hüten.

DOMRADIO.DE: Und da sind wir schon beim Thema. Was passiert denn gerade im Erzbistum in Sachen Umweltschutz? Auf welchem Stand sind wir?

Weingarten: Zum einen haben wir in den letzten Jahren viele schöne Pilotprojekte gemacht. Aber nur mit Pilotprojekten und "Best Practice"-Beispielen retten wir das Klima nicht. Wir brauchen jetzt eine flächendeckende Ausweitung der Klimaschutzprojekte. Auf der anderen Seite haben wir ja im Erzbistum Köln den Pastoralen Zukunftsweg, wo aufgrund vieler Rückmeldungen von Gemeindemitgliedern ein Fokusteam "Schöpfungsverantwortung" eingerichtet worden ist, was letztendlich dafür da ist, eine Vision zu entwerfen, wie sich das Bistum bis 2030 im Bereich Schöpfungsverantwortung aufstellen soll.

DOMRADIO.DE: Gibt es schon konkrete Pläne?

Weingarten: Ich glaube, der größte Baustein sind die Gebäude, denn ungefähr 85 Prozent der CO2-Emissionen im Erzbistum fallen auf Wärme und Energie in Gebäuden. Da müssen wir gucken, wie wir uns bezüglich der Gebäude aufstellen. Vielleicht sogar mit dem Ziel, dass wir es bis 2030 schaffen, einen klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen. Das sind Ideen, die wir einbringen werden. Mal gucken, was dabei herauskommt.

DOMRADIO.DE: In Madrid sind es vor allem die Staatschefs aus Brasilien, den USA und Australien, die momentan engagierte Klimaziele verhindern. Mit welchen Widrigkeiten haben Sie im Erzbistum zu kämpfen?

Weingarten: Ein Faktor ist die Zeit. Viele sind wirklich bemüht, neue Bauleitlinien anzustreben – zum Beispiel ökologisches Bauen. Aber wir brauchen Zeit, um das neben dem Alltagsgeschäft quasi komplett neu zu denken. Wir brauchen im Prinzip einen kompletten neuen Denkprozess. Was ich mir persönlich wünsche ist zum Beispiel ein Schöpfungsmoratorium in der Verwaltung, wo man sich beispielsweise in einem Projektmonat komplett nur diesem Thema widmet und ein neues Denken anregt.

DOMRADIO.DE: Papst Franziskus hat sich in seiner Enzyklika "Laudato si" ausdrücklich für die Bewahrung der Schöpfung eingesetzt. Was davon kann denn jetzt ganz konkret auf Bistums Ebene umgesetzt werden?

Weingarten: Relativ viel. Der Papst sagt zum Beispiel: Die Reduzierung der Treibhausgase verlangt Ehrlichkeit, Mut und Verantwortlichkeit. Wenn wir diese drei Punkte ernstnehmen und mutig vorangehen, kann das Erzbistum Köln eine beispielhafte Institution werden, die sich von den Gemeinden an komplett umstellt. Auf Gemeindeebene kann man etwa plastikfreie Pfarrfeste veranstalten, aber auf der Ebene unseres Bistums geht es auch um finanzielle und personelle Fragen.

DOMRADIO.DE: Was sagen die Leute in den einzelnen Gemeinden - wie nehmen die das Thema auf?

Weingarten: In den zwei Monaten, in denen ich dabei bin, habe ich relativ viele Anfragen von Gemeinden bekommen, die motiviert durch "Laudato si" neue Schöpfungsgruppen einberufen und überlegen, was wir machen können. Da ist meiner Meinung nach die Motivation sehr hoch. Und da liegt es jetzt an uns, diese ganzen Pflänzchen zu pflegen, damit sie letztendlich ein Blumenstrauß werden. Wir müssen die Schöpfungsverantwortung auch letztendlich mit den Gemeinden zusammen anpacken.

DOMRADIO.DE: Wie wichtig ist es, Christen immer wieder auf das Thema Umwelt zu stoßen und zum Mitmachen zu motivieren?

Weingarten: Sehr wichtig. Gerade am Beispiel "Laudato si", was meiner Meinung nach noch viel als Marketinginstrument benutzt wird, zeigt sich: Viel wird zitiert, aber letztlich muss dies auch im Handeln ankommen. Ich finde es sehr wertvoll, was Papst Franziskus sagt, der auch eine universale Solidarität, also die soziale Komponente des Klimaschutzes, hervorhebt. Wir Christen können uns bewusst machen, dass wir durch unser Handeln hier vor Ort auch Dinge in der ganzen Welt bewirken können.

DOMRADIO.DE: Wenn Sie sich etwas wünschen könnten: Wie sähe das umweltschutzbewegte Erzbistum Köln aus?

Weingarten: Ich würde es super finden, wenn es ein generationsübergreifendes Projekt wäre. Wenn Alte von Jungen lernen können und Junge von Alten. Dass wir es gemeinsam schaffen, die Pfarrgärten wieder zu blühenden Oasen der Ruhe zu machen. Wenn wir das Schöne an der Schöpfung wieder gemeinsam leben können, dann fällt das Bewahren der Schöpfung auch deutlich leichter. 

Das Interview führte Michelle Olion.


Quelle:
DR
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