Kölner Domorganist weiht "Bierorgel" in einem Getränkemarkt ein

O'zapft is für Malzflöte und Hopfengedackt

Eine Orgel hat Pfeifen und Register. Aber einen Zapfhahn? Auch der Standort der "Bierorgel" ist außergewöhnlich: Zwischen Kölsch und Pils in einem Getränkefachmarkt.

Autor/in:
Guido Krawinkel
Der Kölner Domorganist Winfried Bönig spielt auf der Bierorgel / © Henning Schoon (KNA)
Der Kölner Domorganist Winfried Bönig spielt auf der Bierorgel / © Henning Schoon ( KNA )

Das Publikum reagiert begeistert. Zuerst hört es konzentriert dem Kölner Domorganisten Winfried Bönig zu, der Klassiker der Orgelliteratur von Piccini bis Highland Cathedral spielt. Anschließend heißt es: mitsingen. Von "Sailing" bis "Drink doch eine met" ist für jeden etwas dabei. "Was ist das denn für eine Veranstaltung?", entfährt es einem Mann spontan, der ein ebenso kurzes wie bündiges Fazit zieht: "Hervorragend." Dabei klingt es ganz nach einer Schnapsidee: eine Orgel in einem Getränkefachmarkt.

Tatsächlich erleben die Besucher im Kölner Stadtteil Worringen eine echte Weltpremiere. Denn während Orgeln in Kirchen zur Grundausstattung gehören und auch in Konzertsälen und Häusern zu finden sind, ist das jetzt eingeweihte Instrument einzigartig - auch im Hinblick auf die Register. Die Pfeifenreihen haben so süffige Namen wie Malzflöte, Hopfengedackt, Worringer Schaumkrone oder Eckis Prinzipal, eine Anspielung auf Eckhard Isenberg. Der Kantor und Orgelsachverständige aus Worringen hatte die Idee zu diesem außergewöhnlichen Projekt. Auf sein Konto geht auch der Zapfhahn, aus dem süffiges "Orgelbier" fließt: ein trübes Landbier, das eigens hierfür am Niederrhein gebraut wird.

Wohin mit der alten?

Ein Vierteljahrhundert war die kleine, nur sechs Register umfassende Orgel das Dienstinstrument des Kirchenmusikers Donatus Haus in Erftstadt. Als man dort endlich die Mittel für eine neue Orgel zusammengespart hatte, war die Frage: Wohin mit der alten? Isenberg kaufte das Instrument, das einst von der Firma Seifert gebaut wurde, und wollte es eigentlich in seiner neuen Wohnung aufstellen. Das verzögerte sich jedoch, sodass ein Ausweichquartier gesucht wurde.

So kam die Idee mit dem Getränkefachmarkt ins Spiel, nicht zuletzt, weil dessen Inhaber Peter Mohrs in Isenbergs Kirchenchor mitsingt. Gesagt, getan: Die Orgel wurde generalüberholt, erhielt edle Registerzüge aus Porzellan und vor allem das passende Outfit. In Zusammenarbeit mit einem Lackierer entstand bei Seifert die äußere Gestalt der Orgel, die jetzt stilecht über eine schöne Schaumkrone verfügt.

"Geselligkeit, Bier und Orgel"

"Ich denke, dass die frohe Botschaft nicht nur in die Kirche gehört", zeigt sich Thomas Wolff begeistert. Er ist Leitender Pfarrer der Gemeinde Sankt Pankratius am Worringer Bruch. "Warum soll ein solches Instrument nicht auch in einem anderen Kontext erklingen? Das ist eine Chance, die Menschen ganz neu anzusprechen."

Auch Donatus Haus, der an diesem Abend nicht umhinkommt, ständig Bier aus "seiner" alten Orgel zu zapfen, ist überzeugt: "Wir müssen die Menschen da abholen, wo sie sind, und sie immer neu für unsere Sache begeistern." Die Verwandlung von der Kirchen- zur Bierorgel gefällt ihm sichtlich: "Diese Transformation ist ganz fantastisch." Inhaber Mohrs macht ebenfalls einen sehr zufriedenen Eindruck. "Bier bewusst genießen" ist sein Motto als Bierverleger und Veranstalter. "Geselligkeit, Bier und Orgel, das passt gut zusammen", ist er überzeugt.

Und so ist ihm die Erleichterung anzumerken, als Winfried Bönig die Orgel einschaltet – natürlich stilecht mit einem Zug namens "O'zapft is". "Der Zuspruch ist fantastisch und zeigt: Wenn man Ideen hat, läuft so etwas immer", sagt der Domorganist, der in der ganzen Welt Konzerte spielt. In der Kathedrale hat er sonst mit 13 Sekunden Nachhall zu kämpfen. Dagegen ist im Getränkefachmarkt die Akustik ungleich trockener – auch wenn Orgelbauer Marco Ellmer bei der Intonation des Instruments in Worringen ganze Arbeit geleistet hat. Da hilft dann auch kein Bier...


Quelle:
KNA