Warum ein mobiles Zimmer auf der Kölner Domplatte steht

Wohnungslos und aussichtslos?

Ein Zimmer mit Domblick ist selbst für viele Erwerbstätige meist ein unerfüllbarer Traum. Für Wohnungslose gar reine Utopie. Von diesem Dienstag bis Samstag steht nun ein mobiles Zimmer auf der Kölner Domplatte. Was wohl dahintersteckt?

Mobiles Zimmer vor dem Kölner Dom / © Melanie Trimborn (DR)
Mobiles Zimmer vor dem Kölner Dom / © Melanie Trimborn ( DR )

DOMRADIO.DE: Ein Zimmer mit Domblick: Was heißt das in diesem Fall genau?

Andreas Sellner (Leiter der Abteilung Gefährdetenhilfe der Caritas im Erzbistum Köln): Wir wollen mit dem mobilen Zimmer vor dem Dom auf die Wohnungsnot insgesamt hinweisen, insbesondere auf die von zurzeit obdachlosen, wohnungssuchenden oder wohnungslosen Menschen hier im Erzbistum Köln. Mit diesem Zimmer wollen wir eine besondere Aufmerksamkeit erzielen.

Hintergrund ist, dass Papst Franziskus vor zwei Jahren europaweit Obdachlose nach Rom eingeladen hat, weil er die Begegnung mit obdachlosen Menschen wünschte und ein Zeichen in der Kirche setzen wollte, dass diese Menschen in die Mitte der Kirche gehören und sie auch eine spirituelle Sehnsucht haben. Aus dieser Begegnung mit den 4.000 obdachlosen Menschen am Ende des Jahres der Barmherzigkeit in Rom ist entstanden, dass Papst Franziskus weltweit alle Bistümer gebeten hat, den 33. Sonntag im Jahreskreis als einen Welttag für die Armen zu feiern und zu begehen.

Den Welttag der Armen haben wir jetzt am kommenden Sonntag. In diesem Kontext haben wir gesagt, da setzen wir nochmal eine Woche vorher ein Zeichen und gehen mobil mit einem Zimmer vor den Dom auf die Straße und weisen auf die besondere Not von obdachlosen Menschen hin.

DOMRADIO.DE: Wie kann man sich das genau vorstellen? Wie sieht das aus?

Sellner: Das Zimmer ist zwölf Quadratmeter, also dreimal vier Meter groß. Es hat eine Wand. Das Aussehen des Zimmers wird variieren. Mal hat es eine Tapete, mal ist es gefliest. Mal ist es ein Wohnzimmer oder ein Kinderzimmer oder ein Badezimmer. Und das symbolisiert dann, bespielt von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Caritas, aber auch von wohnungslosen Menschen, dass hier die Not so groß ist, dass man das tatsächlich in die Öffentlichkeit tragen muss.

DOMRADIO.DE: Sie planen Aktionen für die ganze Woche. Was wird da genau passieren?

Sellner: Dieses mobile Zimmer ist zum einen ein Eyecatcher, ein Blickfang hier vor dem Dom, wenn so ein kleines, zwölf Quadratmeter großes Zimmer in der Öffentlichkeit steht.

Aber die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Caritas und betroffene Wohnungslose stehen da für Gespräche zur Verfügung. Das ist schon Aktion an sich.

DOMRADIO.DE: Sie als Caritas setzen sich aber über eine solche Aktion hinaus noch für Menschen in Wohnungsnot ein. Wie sieht da Ihre Arbeit konkret aus?

Sellner: Wir haben im gesamten Erzbistum Köln verschiedene Dienste und Einrichtungen für wohnungslose Menschen, Beratungsangebote, Wohnangebote bis hin zu Wohnungen, die wir mit Mietvertrag anbieten können.

Da ist aber die Not im Moment so groß, dass wir mit diesem Zeichen darauf hinweisen wollen, dass wir noch mehr bezahlbaren Wohnraum brauchen - gerade für ehemals wohnungslose Menschen, weil die schon immer die Not hatten, eine passende, bezahlbare Wohnung zu finden, auch in Zeiten, wo es nicht diese Verknappung gab wie heute. Sie standen immer am Ende der Schlange und jetzt ist es für sie fast unmöglich, eine Wohnung zu finden.

Insofern wollen wir gemeinsam mit unseren Einrichtungen und Diensten, mit unseren Mitarbeitenden und den wohnungslosen Menschen ein Zeichen setzen und dafür werben, hier mehr Wohnungen auch für diese Menschen zur Verfügung zu stellen.

DOMRADIO.DE: Der Anlass ist der Tag der Armen, den Papst Franziskus für kommenden Sonntag ausgerufen hat. Sie nehmen das auch zum Anlass und feiern im Zusammenhang mit diesem Zimmer einen besonderen Gottesdienst mit Kölns Weihbischof Ansgar Puff, der auch in der Obdachlosenhilfe aktiv ist. Wie wird dieses Zimmer in einen Gottesdienst integriert?

Sellner: Dieses Zimmer steht ja nicht über Nacht vor dem Dom, sondern es wird immer abends in den Dom gefahren, wenn der Dom geschlossen wird und morgens wieder rausgeholt. Am Samstagabend wird es auch in den Dom gebracht und wird dann während des Gottesdienstes am Sonntagmorgen im Dom dabei sein.

Um 10 Uhr ist der Festgottesdienst mit unserem Weihbischof Ansgar Puff. Dort wollen wir das nachempfinden, was wir in Rom erlebt haben, nämlich, dass viele obdachlose Menschen aufgerufen sind, mit unseren Einrichtungen und Diensten der Caritas im ganzen Erzbistum zu dieser Messe zu pilgern und an dem Gottesdienst teilzunehmen. Der Wunsch von vielen wohnungslosen Menschen, die das damals in Rom erlebt haben, ist sehr groß, so etwas noch einmal zu erleben. Insofern freuen wir uns, dass wir das hier so noch einmal so möglich machen können.

Unsere Mitarbeitenden in der Caritas sind da auch hoch engagiert, hier eine spirituelle Beteiligung, eine spirituelle Teilhabe von wohnungslosen Menschen zu ermöglichen. Diese haben die Sehnsucht, mal nicht dieses Problem von Wohnungslosigkeit oder ihren sonstigen Problemen im Mittelpunkt stehen zu haben, sondern hier einen schönen Tag der spirituellen Bereicherung zu verbringen.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


Andreas Sellner / © Melanie Trimborn (DR)
Andreas Sellner / © Melanie Trimborn ( DR )
Quelle:
DR