Weihbischof Puff ordnet Schlagzeilen zum Erzbistum Köln ein

Wind aus den medialen Segeln

Derzeit ist das Erzbistum Köln in den Schlagzeilen: Es geht um ungeklärte Finanzen am Bonner Münster, um Strukturreformen oder den Kommunionempfang für evangelische Ehepartner. Weihbischof Ansgar Puff ordnet die Situation ein.

 (DR)

DOMRADIO.DE: Einer der Hauptpunkte, der im Moment in Medien diskutiert wird, ist die Frage von Unregelmäßigkeiten im Stadtdekanat Bonn. Es geht darum, dass Finanzen rund um das Bonner Münster nicht so gehandhabt wurden, wie es eigentlich gedacht ist. Der Bonner Stadtdechant Schumacher hat deswegen auch seinen Posten verlassen. Was denken Sie über die Diskussion?

Weihbischof Ansgar Puff (Weihbischof im Erzbistum Köln): Man muss unterscheiden zwischen den Fakten und der Einordnung. Fakt ist, dass eine unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bestätigt hat, was die Innenrevision des Bistums rausgekriegt hat: Dass also in fast zehn Jahren eine Million Euro aus dem Substanzvermögen ausgegeben wurden, um defizitäre Einrichtungen der Kirchengemeinde zu finanzieren. Ganz wichtig dabei ist: Keiner wollte sich persönlich bereichern. Es ging darum, dass man festgelegte Gelder, an die man nicht dran darf - und als Pfarrer weiß man das - "verbraten" hat. Die funktionale Verantwortung dafür hat Pfarrer Schumacher übernommen und ist deshalb zurückgetreten. Das sind erst mal die Fakten.

Die Frage ist: Was hat das mit dem Kardinal zu tun? Meine Einordnung ist, der Kardinal vertuscht nicht. Der nimmt seine Aufsichtspflicht wahr, macht zunächst eine Art Innenrevision; dann lässt er das nochmal durch eine externe Firma überprüfen und geht mit dem Ergebnis in die Öffentlichkeit. Solche Sachen kommen sowieso raus. Und ich finde es richtig, nach vorne zu gehen und die Sache nicht unter den Teppich zu kehren, sondern zu sagen: "Wir haben ein Problem, da wir müssen rangehen". Wir müssen jetzt auch innerhalb des Bistums überlegen, wie man die Pfarrer unterstützen kann, damit so etwas nicht mehr vorkommt. Offenheit, Klarheit, Transparenz, nach vorne gehen - das finde ich den richtigen Weg.

DOMRADIO.DE: Lassen Sie uns geographisch noch ein Stück weitergehen: In Siegburg ist der dortige Kreisdechant vor kurzem zurückgetreten, wegen Arbeitsüberlastung. Das ist etwas, was in verschiedenen Medienberichten auch Kardinal Woelki vorgeworfen wird. Wie erleben Sie das als einer, der ganz nah dran ist?

Puff: Der Kreisdechant und Pfarrer Jablonka wird am 30. November diesen Jahres seine Aufgabe zurückgeben. Das hat damit zu tun, dass er eine doppelte Aufgabe - und von daher auch eine Doppelbelastung hat. Das Kreisdekanat Rhein-Sieg, links und rechts-rheinisch, ist ein riesiges Gebiet. Dazu kommt die große Pfarrei in Siegburg. Beide Aufgaben auf einer Schulter zu haben ist schon sehr, sehr schwer. Dazu kommt, dass Pfarrer Jablonka auch gesundheitlich angeschlagen war, schon bevor er diese Aufgabe übernahm. Er hat das mit viel Engagement, viel Herzblut getan; spürt jetzt aber: Das ist einfach zu viel. Das sind die Fakten.

Jetzt wieder meine Einordnung: Was hat das mit dem Kardinal zu tun? Der Kardinal muss als Bischof die Fürsorgepflicht für seine Mitarbeiter übernehmen. Wenn einer kommt und sagt: Ich schaffe es einfach nicht mehr, dann ist es die Aufgabe des Kardinals zu sagen: "Gut, dann wirst du entlastet, dann geh' bitte woanders hin, wo du eine Aufgabe übernehmen kannst, die deinen Kräften entspricht". Ich habe persönlich mit Pfarrer Jablonka sprechen können, er war sehr erleichtert, dass der Kardinal so positiv damit umgegangen ist.

DOMRADIO.DE: Wenn wir mal vom Erzbistum Köln weg auf die Ebene der Bischofskonferenz gehen, stoßen wir auf den großen Streit in der Frage der Kommunionausteilung für evangelische Ehepartner von Katholiken. Es geht darum, dass eine Gruppe von sieben Bischöfen - unter anderem mit Kardinal Woelki - um Rat beim Vatikan gesucht hat, weil sie sich nicht hinter die geplante Handreichung der Deutschen Bischofskonferenz stellen wollen. Jetzt wird daraus in den Medien der große Grabenkampf "Kardinal Marx gegen Kardinal Woelki" gemacht. Wie erleben Sie das - welche Rolle nimmt der Kölner Erzbischof ein?

Puff: Zunächst noch einmal die Fakten, die in der Öffentlichkeit relativ bekannt sind. In der Bischofskonferenz waren es 13 Bischöfe - nicht nur die sieben Ortsbischöfe, die geschrieben haben - die gesagt haben: Das können wir so nicht machen. Und es ist auch offen so kommuniziert worden auf der Versammlung der Bischofskonferenz, dass das ein Thema ist, was nach Rom muss.

Meine Einordnung ist, dass der Kardinal seine weltkirchliche Verantwortung wahrnimmt. Er ist ja nicht nur Erzbischof von Köln, sondern auch Kardinal und hat von daher die Weltkirche im Blick. Es kann doch nicht sein, dass wir in Deutschland eine Regel schaffen, die im Ausland nicht mehr gilt. Es ist doch komisch, wenn ich evangelisch und mit einer katholischen Frau verheiratet wäre, und ich nach dieser Regel der Bischofskonferenz in Deutschland die Eucharistie empfangen darf, aber im Urlaub in Polen nicht mehr. Es muss weltkirchlich geregelt sein.

Dazu haben die sieben Bischöfe den Papst gefragt. Der Papst hat geantwortet: "Bitte redet untereinander weiter, schafft eine Einmütigkeit". Einmütigkeit ist nach meiner Einschätzung nicht nur ein demokratischer Prozess, sondern ein geistlicher Prozess. Dies müssen wir jetzt machen, das sind unsere Hausaufgaben; und ich finde, wir müssten das erst unter uns klären, bevor das wieder in die Öffentlichkeit geht. Also mein Fazit: Der Kardinal nimmt seine Verantwortung wahr, auch in der Weltkirche.

DOMRADIO.DE: Es geht ja oft nicht um das, worüber tatsächlich diskutiert wird, sondern um das, was zwischen den Zeilen steht. Da liest man von mancher Seite den Vorwurf hinein: Kardinal Woelki ist zu autoritär, lässt nicht mit sich diskutieren, will sein Ding durchziehen ohne auf irgendjemand anderes zu hören. Ganz offen und unter uns gefragt: Wie erleben Sie das?

Puff: Also ganz offen und unter uns gesagt, stimmt das überhaupt nicht. Das wird mir jetzt wahrscheinlich keiner glauben, weil alle denken, ich bin gebrieft oder Insider oder so. Aber ich erlebe den Kardinal als jemanden, der sich wirklich beraten lässt; der von sich aus viel fragt: Was ist die richtige Position? Der Kardinal diskutiert viel. Ich erlebe ihn als jemanden, der auch in den Gremien, die er geschaffen hat, nachfragt, überlegt, nachdenklich sein kann.

Ich kann diesen Gedanken, dass er autoritär sein Ding durchzieht, überhaupt nicht nachvollziehen. Aber - und das wird vielleicht manchmal missverstanden - er kann leiten und führen. Und das ist richtig so. Wenn eine Diözese nicht geleitet wird, dann leidet sie nämlich - und das müssen wir Gott sei Dank unter Kardinal Woelki nicht.

Das Gespräch führte Renardo Schlegelmilch.


Weihbischof Ansgar Puff / © Harald Oppitz (KNA)
Weihbischof Ansgar Puff / © Harald Oppitz ( KNA )

Rainer Maria Kardinal Woelki / © Harald Oppitz (KNA)
Rainer Maria Kardinal Woelki / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
DR
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