Stararchitekt Peter Zumthor wird 75

"Human, nachhaltig, metaphysisch"

Vom Kunsthaus bis zur Kapelle: Es gibt nicht so viele Bauten des Architekten Peter Zumthor. Die Vorhandenen sind geradlinig und atmen Atmosphäre. Jetzt wird der Träger des wichtigsten Architekturpreises 75 Jahre alt.

Autor/in:
Leticia Witte
Kolumba (dpa)
Kolumba / ( dpa )

Er hat den wichtigsten Architekturpreis gewonnen, den Pritzker-Preis. Der Schweizer Peter Zumthor fällt mit seinen Werken nicht wegen Bombasts auf, sondern wegen einer feinen Zurückgenommenheit. Manche sagen: Strenge. Beispiele sind in Deutschland das Kunstmuseum des Erzbistums Köln Kolumba und die Bruder Klaus Kapelle in der Eifel. Am 26. April wird der in Basel geborene Stararchitekt 75 Jahre alt. Von ihm stammen auch das Kunsthaus in Bregenz, die Therme Vals und der Schweizer Pavillon auf der Expo 2000 in Hannover.

Zumthors Bauten hätten eine eindrucksvolle Präsenz, erklärte die Jury aus Anlass des Pritzker-Preises 2009. Er werde weltweit für seine konzentrierte und sich treu bleibende Arbeit bewundert. Mit seinem Team entwickele er in seinem Büro in den Schweizer Bergen Bauten, die unberührt seien von Launen und Moden.

"Ich bin kein Umsetzer"

Und: Er akzeptiere nur Projekte, für die er eine tiefe Affinität verspüre. "Ich bin kein Umsetzer", sagte Zumthor einmal im Schweizer Fernsehen. Er begebe sich mit den Bauherren auf einen gemeinsamen Weg – "am Ende wollen sie vielleicht etwas besseres, als sie vorher wollten". Es sei schwierig, wenn ein Projekt scheitere. "Deswegen schaue ich sorgfältig, mit wem ich mich verbinde". Verbunden hat sich Zumthor etwa mit dem Erzbistum Köln, für das er das Kolumba schuf. 2007 wurde es eröffnet. Auftraggeber war der mittlerweile verstorbene Kardinal Joachim Meisner.

Der Neubau bezieht Reste der im Krieg zerstörten spätgotischen Kirche Sankt Kolumba, die 1950 fertiggestellte Kapelle "Madonna in den Trümmern" von Gottfried Böhm sowie die archäologische Ausgrabung (1973-1976) mit ein. Die Kosten: 43,4 Millionen Euro. Das Museum basiert auf der Sammlung des 1853 gegründeten Diözesanmuseums Köln mit Objekten von der Spätantike bis zur Gegenwart.

Der fensterlose, fünfkantige "Betonklotz"

Der vielleicht verblüffendste Bau Zumthors steht abseits der großen Städte in der Eifel: die Bruder Klaus Kapelle in Mechernich. Der fensterlose, fünfkantige "Betonklotz" mitten in der Landschaft, der auch Kritik auf sich gezogen hatte, hat eine Öffnung in der Spitze. Durch sie dringen mildes Licht, aber auch Regen in den Raum. Das Innere mit seinen ausgeköhlerten Baumstämmen für die zwölf Meter hohe Innenverschalung bildet einen starker Kontrast zum Äußeren.

Der zur Einkehr einladende Bau ist Zumthors Landsmann, dem heiligen Einsiedler Nikolaus von der Flüe, gewidmet. Der Kontakt mit den Besitzern, der Bauernfamilie Scheidtweiler, begann Ende der 1990er Jahre. Hermann-Josef Scheidtweiler wollte zum Dank für ein langes Leben auf seinem Grund eine Kapelle errichten – Zumthor ließ sich quasi für ein "Trinkgeld" darauf ein, wie er einmal in einem Interview andeutete. Bei der Zusammenarbeit habe "alles gepasst".

Human, nachhaltig, metaphysisch

2011 erhielt er den Kunst- und Kulturpreis der deutschen Katholiken: für ein "herausragendes Gesamtwerk im Bereich humanen, nachhaltigen, metaphysisch sensiblen Entwerfens und Bauens". Die Jury erklärte, ihm sei es "in besonderem Maße gelungen, den spirituellen Dimensionen des Bauens Ausdruck zu verleihen". Nikolaus war nach Zumthors Worten der Lieblingsheilige seiner Mutter.

Kapellen bezeichnete der Architekt einmal als "tolle Bauaufgabe". Sie seien Orte der Andacht, Ruhe und Entspannung. Die Kapelle in der Eifel ist nicht seine einzige: Ende der 1980er Jahre schuf er die Kapelle des Heiligen Benedikt im Kanton Graubünden.

Der gerade Weg

Doch nicht immer klappte es mit dem Bauherrn: In Berlin etwa kam es zu jahrelangen Querelen wegen eines Neubaus für die Topographie des Terrors am Ort der früheren NS-Terrorzentrale. Den sollte Zumthor machen. Wegen Kostensteigerungen und anderen Komplikationen wurde der bereits begonnene Bau 2004 gestoppt und am Ende abgerissen. "Ich habe mich gegenüber widrigen Umständen behauptet und geradlinig meinen Weg verfolgt", sagte der Architekt im März dem "Zeit Magazin".

In entscheidenden Momenten wisse die Intuition mehr als der Verstand. Die äußere Erscheinung seiner Bauten könnten teils fast abweisend sein – im Inneren hätten sie jedoch einen warmen und emotionalen Kern. "Es ist mir gegeben, dass ich Räume erschaffen kann, die Stimmung und Atmosphäre haben und in denen man gerne ist."


Peter Zumthor vor seinem Haus in Basel / © epa Keystone Arno Balzarini (dpa)
Peter Zumthor vor seinem Haus in Basel / © epa Keystone Arno Balzarini ( dpa )
Quelle:
KNA
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