Dompropst Gerd Bachner über die geplante neue historische Mitte in Köln

"Immer allein entscheiden ist für mich kein Weg"

Im Umfeld des Kölner Doms soll viel geändert werden und es soll die sogenannte "Historische Mitte" entstehen. Dafür arbeiten Stadt und Kirche eng zusammen. Im Interview spricht Dompropst Gerd Bachner über den langen Weg des Projekts.

Dompropst Prälat Gerd Bachner und sein Dom / © Alexander Foxius (DR)
Dompropst Prälat Gerd Bachner und sein Dom / © Alexander Foxius ( DR )

DOMRADIO.DE: Das klingt nach einer Menge Arbeit, die auf Sie zukommt beziehungsweise jetzt schon in ihren Händen liegt. 

Dompropst Gerd Bachner: Die ersten Gedanken über das Projekt gab es 2009. Dann gab es 2014 einen Workshop und den Architektenwettbewerb 2016. Wir sind also im Grunde schon einige Jahre an diesem Projekt dran. Aber gestern war nochmal ein wichtiger Baustein, der mich auch gefreut hat, weil jetzt die Verwaltung unserer Stadt zur Historischen Mitte "ja" gesagt hat. Es ist ein Kooperationsprojekt zwischen Stadt und Metropolitankapitel. Wir haben eine Überarbeitung des Siegerentwurfs von den Architekten der Stadt vorgelegt. Und gestern Nachmittag hat die Oberbürgermeisterin dann in einem separaten Teil allen Ratsmitgliedern und Ausschüssen die Pläne vorgestellt und präsentiert. Am 3. Mai ist dann die Entscheidung.

DOMRADIO.DE: Den Siegerentwurf für die historische Mitte gibt es schon länger. Warum musste er nochmal überarbeitet werden?

Bachner: Ein solcher Siegerentwurf wurde noch nicht mit den Nutzern besprochen – das darf man von den vergaberechtlichen Gesichtspunkten nicht. Erst wenn Gespräche mit den Nutzern geführt wurden, finden die Besprechungen mit der Stadt, dem Bauherrn und -kapitel statt. Das heißt es ist fleißig hinter den Kulissen gearbeitet worden. Es fing an im Herbst 2016, als dieser Entwurf gekürt wurde, und ging bis zum gestrigen Tag. Da wurden Überarbeitungen im Fassadenbereich, im ganzen Bereich der Innenarchitektur, der Räume, Stadtmuseum, die dann wie eine Häuserlandschaft konzipiert ist, vorgestellt. Jetzt geht es um die Entscheidung, dass die Entwurfsplanung weitergeht. Das ist noch nicht die Bauentscheidung, die ist für 2020 geplant. Es ist also ein langer Weg.

DOMRADIO.DE: Wenn wir auf Kirche und Geld zu sprechen kommen, haben wir die Kritiker quasi schon vor der Tür stehen. Etwa 27 Millionen Euro investieren Sie. Warum ist das gut angelegtes Geld?

Bachner: Zum einen sind das 27,5 Millionen, die wir gar nicht haben. Der Dom ist ja auf Spenden angewiesen. 61% werden aus Spenden aus der Bevölkerung generiert und der Restüber andere Wege, die dem Dom jedes Jahr gegeben werdenDer Dom hat keine Reichtümer außer dem, was er selbst ist. Warum ist es gut angelegtes Geld? Wir leisten einen Beitrag, dass der Dom eine gute Umgebung erhält – wie ein schöner Edelstein eine gute Einfassung hat –, dass Köln in ihrer Bedeutung als Kulturstadt jetzt wieder ein Ensemble bekommt, wo die Wurzeln der Stadt mit römischer Gesichte, Stadtgeschichte und Domgeschichte präsentiert werden, wo wir für die Bildung etwas errichten und auch junge Menschen einführen und damit einen Bildungsbeitrag leisten.

Es ist sehr gut eingesetztes Geld für die Museenarbeit. Bei allen Problemen von Infrastrukturen, die wir in der Stadt Köln haben, ist eine Sanierung notwendig. Alle drei Häuser müssen saniert werden. Sicherheit, Brandschutz und andere wissenschaftliche Erkenntnisse müssen überarbeitet werden. Die Berechnung zeigt jedoch, dass die Sanierung teurer ist als der Neubau.

DOMRADIO.DE: Mit Großprojekten hat Köln nicht die besten Erfahrungen gemacht. Haben Sie nicht auch ein bisschen Sorge, dass dieses Großprojekt ewig dauert?

Bachner: Stadt und Dom in der Kooperation haben gelernt. Es ist das erste Kooperationsprojekt zwischen Stadt und Dom. Da ist der Dom das dritte und vierte Auge. Und vier Augen sehen mehr als zwei. In dem Prozess muss ehrlich in der Sache gekämpft und nichts beschönigt werden. Die Finanzplanung ist von zwei unabhängigen Gruppierungen geprüft und berechnet worden.

Die Gebäudewirtschaft ist durch die Großprojekte in der Stadt völlig überlastet und kann das nicht. Deswegen möchten wir eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GBR) gründen, die dann die Bauherr-Trägerschaft übernimmt. Damit sind die Dinge nicht mehr bei der Gebäudewirtschaft der Stadt, sondern umgesiedelt. Dieses Großprojekt soll dann zeigen, dass Köln es doch kann.

DOMRADIO.DE: Ab dem 16. April wird es im Domforum eine Ausstellung zur neuen historischen Mitte geben. Was können die Leute dort sehen?

Bachner: Viele haben mich immer bei Gesprächen nach der neuen historische Mitte gefragt und dann kam mir der Gedanke, wie man das in die Bevölkerung bringen kann. Dann fiel mir ein, dass in Berlin und anderen großen Städten Pavillons aufgebaut wurden, wo man Pläne, Entwicklungen, ein Zeitschiene und ähnliches mehr sehen kann. Dann dachte ich: Wenn die Anderen das können, warum können wir das in Köln nicht und beziehen die Bürgerinnen und Bürger mit ein? Denn immer allein entscheiden ist für mich kein Weg. Wir müssen die Menschen mit ins Boot holen, denn das ist ihre Stadt.

Ich bin dem Leiter des Domforums sehr dankbar, dass er das kurzfristig ermöglicht hat. Vom 16. April bis zum 10. Mai wird die Ausstellung zu sehen sein. Die Stelen werden jetzt gerade gebaut. Die Planung ist fertig, die Ausstellung ist kostenlos. Sie zeigt die Entwicklung vom mittelalterlichen erzbischöflichen Palast, über die Schäden des Zweiten Weltkriegs bis zur neueren Entwicklung und den Plänen des Neubaus. Dies wird sehr anschaulich anhand wunderbarer Texte zur Erläuterung zu sehen sein. Am 18. April um 19:30 Uhr wird der Architekt Herr Stab einen Vortrag halten, wo er alle Änderungen und Pläne der Öffentlichkeit vorstellt. 

Das Interview führte Silvia Ochlast.