Köln: Neuer Vorsitzender des Katholikenausschusses im Interview

"Ich will eigene Wege gehen"

Er ist der Vertreter der Katholikinnen und Katholiken der Stadt Köln. Jetzt wählte der Katholikenausschuss Gregor Stiels zum neuen Vorsitzenden. Mit einer deutlichen Mehrheit der Stimmen folgt er damit auf "Urgestein" Hannelore Bartscherer.

Gregor Stiels / © Viola Kick (DR)
Gregor Stiels / © Viola Kick ( DR )

DOMRADIO.DE: Erstmal herzlichen Glückwunsch. Wir wissen ja noch gar nicht viel über Sie – Sie treten die Nachfolge von Hannelore Bartscherer an, die oft hier in der Stadt bei kirchlich-sozialen Themen präsent war und auch oft in unserem Programm Stellung bezogen hat: Stellen Sie sich mal vor...

Gregor Stiels (Neuer Vorsitzender des Katholikenausschusses der Stadt Köln): Mein Name ist Gregor Stiels und ich bin seit gestern 42 Jahre alt. Ich bin Grundschulrektor in Köln-Buchheim und wohne in Köln-Worringen. Ich habe eine Frau und eine sechsjährige Tochter.

DOMRADIO.DE: Das heißt, Sie sind an Ihrem Geburtstag gewählt worden…

Stiels: Ja genau. Das war ein interessanter und spannender Geburtstag.

DOMRADIO.DE: Sie arbeiten als Leiter der Gemeinschaftsgrundschule an St. Theresia in Buchheim. Wird sich da jetzt als Vorsitzender des Katholikenausschusses etwas ändern? Können Sie beides miteinander vereinbaren?

Stiels: Natürlich wird sich nichts verändern. Das eine ist mein Beruf und das andere ist ein Ehrenamt. Zumindest von der Struktur werde ich das deutlich trennen. Dafür aber inhaltlich überhaupt nicht.

DOMRADIO.DE:  Wie meinen Sie das?

Stiels: Köln-Buchheim hat sehr viel sozialen Wohnungsbau mit allen Problemen, die damit verbunden sind. Dort leben Kinder in sehr prekären Lebenslagen, Familien fühlen sich von der Gesellschaft abgehängt  – mit denen habe ich tagtäglich zu tun. Die Flüchtlinge, die bei uns in der Schule angekommen sind, Interreligiosität, die bei uns ein großes Thema ist – also die ganz großen Themen, die auch der Katholikenausschuss bearbeitet. Die liegen bei mir vor Ort und ich sehe sie jeden Tag. Nun kann ich sie als Vorsitzender auch gestalten.

DOMRADIO.DE: Sie waren bereits sieben Jahre lang Kölner Vorsitzender des Bundes des Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ). So ein Vorsitz ist für Sie also nicht völlig neu. Welche Erfahrungen können Sie denn auf der Arbeit beim BDKJ mitnehmen?

Stiels: Eine erste ganz wichtige Erfahrung ist: Es gibt in den BDKJ-Jugendverbänden Menschen, Köpfe, Jugendliche, die für mich als Kind und Jugendlicher Vorbilder waren. Sie haben mich an die Kirche herangeführt und mir gezeigt, wo mein Platz sein kann. Es braucht in der Kirche genau diese Menschen, die Vorbilder sind, die Menschen mitnehmen und die vor Ort sind. Das ist auch wichtig für die Zukunft. Das Zweite ist: Wir haben als Jugendliche Räume angeboten bekommen, nicht nur faktische Räume, sondern wir haben finanzielle Möglichkeiten bekommen und wir durften in den Pfarrgemeinden mitbestimmen.

DOMRADIO.DE:  Was heißt "mitbestimmen"?

Stiels: Etwa welche Themen wir setzen, wen wir als Leiter haben wollen, wie wir unsere Gelder ausgeben.  Wir konnten gestalten und uns entfalten. Das hat uns sehr gut getan und das prägt mich bis heute.

DOMRADIO.DE: Das wollen Sie jetzt mitnehmen, wenn sie Vorsitzender des Katholikenausschusses sind. Was bedeutet dieser Katholikenausschuss für Sie? Wo sehen Sie die Hauptaufgaben?

Stiels: Die Herausforderungen liegen auf der Hand. Die Vollversammlung gestern war ein gutes Beispiel dafür, wie es auch in Zukunft laufen kann. Wenn man so hört "Die Katholische Kirche in Köln aber auch überall ist im Abschwung und alles ist nicht mehr so, wie es früher war und alles wird schlechter". Das konnte ich gestern nicht beobachten. Gestern haben wir eine echte Wahl gehabt und haben drei bis vier Stunden getagt, haben gesessen und ausgezählt, weil sich mehr Kandidaten gemeldet haben, als wir Positionen und Plätze haben. Das zeigt, dass Menschen sich engagieren wollen. Das ist anders als vor zehn oder 20 Jahren, überhaupt keine Frage. Die Chancen und Möglichkeiten muss man sehen und nicht den Abschwung verwalten und strukturieren.

DOMRADIO.DE: Der Katholikenausschuss widmet sich immer einer Vielzahl von Problemen, die in einer Stadt wichtig sind. Die Wohnungsnot in Köln ist da ein großes Thema, aber auch die Schulsituation in Köln mit zu großen Klassen und fehlenden Schulgebäuden. Da kommt also eine Menge auf Sie zu. Haben Sie schon ein Herzensthema, das Sie als Aufgabe ins Auge gefasst haben?

Stiels: Sie haben schon einen wichtigen Punkt angesprochen. Ich bin Pädagoge, Schulleiter und Grundschullehrer aus und mit Überzeugung. Deswegen in der Grundschule, weil dort die Grundlagen gelegt werden. Da fängt es an, da legt man das, was für das spätere Leben auch wichtig ist. Als junger Erwachsener wird man nicht mehr so gut und so schnell lernen können wie als Kind.

DOMRADIO.DE: Da wirkt die Kirche als Institution und festen Strukturen wie ein Gegenpol, oder?

Stiels: Ich finde, Kirche muss sich da ähnlich zeigen. Dass sie vor einigen Jahren breit aus den Kindergartenplätzen herausgegangen ist und Trägerwechsel vorgenommen hat, war vielleicht nicht so gut. Jetzt wo Familien Kindergartenplätze suchen und nicht wissen, wo sie unterkommen. Da müsste die katholische Kirche präsent sein. Da ist eine Chance, denn da erreicht man die Familien.

DOMRADIO.DE:  Sie folgen jetzt auf Hannelore Bartscherer, die als erste Frau den Vorsitz übernommen hat. Rund zwanzig Jahre prägte sie die Arbeit des Katholikenausschusses. Das sind große Fußstapfen, die es auszufüllen gilt. Wie gehten Sie jetzt an diese Aufgabe ran?

Stiels: Es gibt eine interessante Parallele. Als ich vor viereinhalb Jahren Schulleiter an St. Theresia wurde, habe ich den Schulleiter abgelöst, der auch über 20 Jahre dort tätig war. Genau da hat man mir auch gesagt, dass das große Fußstapfen seien, die er hinterlässt. Ich bin mit dem Team vor Ort eigene Wege gegangen. Von Frau Bartscherer kann man sicherlich auch viel lernen, aber Lernen heißt nicht, dass ich genau dieselben Wege, sondern ich werde meine eigenen Wege gehen.

Das Interview führte Hilde Regeniter.


Quelle:
DR