Wieso gab es in Köln keine Reformation?

Interessensspiele

Köln war die einzige Reichsstadt in Deutschland, in der es im 16. Jahrhundert keine Reformation gab. Forschungen beschäftigen sich mit der Frage, warum die Reformation die Stadt am Rhein nicht erwischt hat – beonders im Reformationsjahr.

Kölner Dom / © Oliver Berg (dpa)
Kölner Dom / © Oliver Berg ( dpa )

domradio.de: Wie war das damals? War Köln auch damals schon so ganz und gar katholisch, dass die Reformation und der Protestantismus keine Chance hatte?

Dr. Joachim Oepen (Stellvertretender Archivleiter des Historischen Archivs des Erzbistums Köln): Ich glaube, da muss man erst mal sagen, dass nicht nur katholische Hochburgen von der Reformation erfasst wurden, sondern fast alle Reichsstädte, die es seinerzeit um 1500 gab. Nur Köln war eine Ausnahme.

domradio.de: Gab es gar keine Bewegung, die reformatorische Ideen umsetzen wollte?

Oepen: Die hat es schon gegeben. Es gab hier Menschen, die versucht haben, die Reformation einzuführen. Ganz bekannt sind Adolf Clarenbach und Peter Fliesteden. Die beiden sind aber auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Es sind evangelische Märtyrer. Das war im Jahr 1529.

domradio.de: Sie waren aber nicht die einzigen, die es versuchten?

Oepen: Naja, es gab dann in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts noch Gemeinden, die heimlich existierten. Letztlich und langfristig konnte sich aber keine dieser Bewegungen und Strömungen durchsetzen.

domradio.de: Damals hatte Hermann von Wied, der damilge Erzbischof in Köln, eine besondere Rolle?

Oepen: Er gehörte in den 1520er-Jahren zu denen, die es befördert haben, dass in Köln recht früh die Schriften Luthers verbrannt wurden. Im Laufe seiner Amtszeit änderte Hermann von Wied aber seine Meinung über die Reformation. In den 1530er/40er-Jahren versucht er eine neue Kirchenordnung einzuführen. Er scheitert aber dann am Wiederstand des Domkapitels.  

Aber er war auch zu dem Zeitpunkt in einem Alter, wo der Kampfwillen nicht mehr so groß war. Auch das Reich, stand nicht hinter seinem Vorhaben.

domradio.de: Das heißt, er hat aufgegeben?

Oepen: Nicht ganz. 1545 wurde er auf Veranlassung von Kaiser Karl V. durch Papst Paul III. abgesetzt und exkommuniziert.

Er stirbt 1552 als ehemaliger Kölner Erzbischof in seiner Heimat in Neuwied letztlich als evangelischer Christ. Wobei es spannend zu sehen ist, dass damals das katholische Domkapitel für den ehemaligen Erzbischof einen Trauergottesdienst feierte. Das zeigt eigentlich sehr schön, wie nah sich zu diesem Zeitpunkt die Konfessionen noch waren. 

domradio.de: Aber das hielt nicht an?

Oepen: Schon 40 Jahre später ist das undenkbar. Da kommt es nämlich zu einem zweiten Reformationsversuch durch Gebhard Truchseß von Waldburg-Trauchburg, der auch als Erzbischof versucht, das Erzbistum zu reformieren. Im Gegensatz zu Hermann von Wied, dem es ein echtes Anliegen war, die Kirche zu reformieren, geht es ihm damals um Standesinteressen.

domradio.de: Standesinteressen?

Oepen: Er hatte ein, wir würden heute im Rheinland sagen: "Fistanöllchen".

domradio.de: Also eine heimliche Liebelei…

Oepen: Eine Stiftsdame war seine Geliebte und wollte diese Verbindung letztlich durch Heirat legalisieren. Und er wollte gleichzeitig Erzbischof bleiben. Was im katholischen Bereich nicht möglich gewesen wäre.

domradio.de: Inwiefern hätte den ein protestantisches Köln auch politische Dimensionen gehabt?

Oepen: Das hätte ganz massive politische Dimensionen gehabt. Wenn Köln protestantisch geworden wäre – sei es die Reichsstatt Köln oder sei es das Erzstift Köln, das heutige Erzbistum -, dann hätten sich die Gewichte im Reich ganz erheblich verschoben. Das ist nebenbei auch einer der Gründe, warum in Köln die Reformation nicht eingeführt wurde. Man sieht sehr schön, wie da politische und wirtschaftliche Interessen eine Rolle spielen.

domradio.de: Zum Beispiel?

Oepen: Köln war auf einen intakten Handelsverkehr angewiesen, vor allem in den niederländischen Raum hinein. Also musste man sich gut mit dem Herrscher der Niederlande gut stellen. Das waren die Habsburger, und damit der Kaiser. Die waren katholisch.

Das Interview führte Christoph Paul Hartmann.


Quelle:
DR