Hunderte nahmen Abschied von Kardinal Meisner

Letzter irdischer Gruß

Am Wochenende nahmen viele Menschen Abschied von Kardinal Joachim Meisner. Bis Montagabend haben sie in Köln Gelegenheit, ihm an der Totenbahre die Ehre zu erweisen. Davon machen nicht nur fromme Kirchgänger Gebrauch.

Autor/in:
Sabine Kleyboldt
der aufgebahrte Leichnam des ehemaligen Kölner Erzbischofs Joachim Kardinal Meisner / © KNA (KNA)
der aufgebahrte Leichnam des ehemaligen Kölner Erzbischofs Joachim Kardinal Meisner / © KNA ( KNA )

Die ganze Nacht haben Priester und Ordensleute in Sankt Gereon Totenwache für Kardinal Joachim Meisner gehalten. So ist es Brauch, wenn ein Kölner Erzbischof stirbt. Am Samstagmorgen dann, als die Kölner Kirche öffnet, stehen bereits die ersten Besucher am Portal. Viele nehmen am Wochenende die Gelegenheit wahr, am offenen Sarg Abschied zu nehmen von Kölns Alterzbischof, der am Mittwoch mit 83 Jahren gestorben war.

"Er sieht eigentlich ganz entspannt aus", meint Pfarrer Thomas Jablonka, den Meisner 1993 geweiht hatte. Der Kardinal habe sehr gerne gelacht, aber mit seiner Meinung nie hinterm Berg gehalten; nun sei er offenbar sehr friedlich gestorben, sagt der Kreisdechant des Rhein-Sieg-Kreises, der wie Hunderte anderer zu der romanischen Basilika gekommen ist, zu deren Pfarrbezirk das Erzbischöfliche Haus gehört.

Reihenweise treten Menschen vor

Meisner, der 25 Jahre lang dem Erzbistum Köln vorstand, liegt auf einer mit kardinalsrotem Stoff bespannten Totenbahre. Er trägt eine weiße Mitra und schwarze Schuhe, das lilafarbene Priestergewand hatte er zu seiner Priesterweihe 1962 geschenkt bekommen; es war sein Lieblingsgewand und schon oft geflickt. Rechts und links des Katafalks stehen je sechs große Kerzenleuchter, zwei ausladende Gestecke mit weißen Rosen und Lilien rahmen das erzbischöfliche Wappen zu Meisners Füßen ein.

Reihenweise treten die Menschen vor den Sarg, halten kurz inne, viele verneigen oder bekreuzigen sich. Eine Ordensfrau von den Waldbreitbacher Franziskanerinnen, die aus Neuwied angereist ist, hebt segnend die Hände. Auch der kleine Max, der mit seinem Vater nur zufällig vorbeigekommen ist, will einen Blick auf den Mann im Altarraum werfen. "Man muss einem Zweijährigen dann schon erklären, was das hier bedeutet", sagt sein Vater.

Antiochia, Gregorios III. Laham ist gekommen

Ganz gezielt ist dagegen der griechisch-katholische Patriarch von Antiochia, Gregorios III. Laham, in die Basilika gekommen. "Ich bin sehr dankbar für das, was mein lieber Freund Kardinal Meisner für das Heilige Land getan hat", sagt der Geistliche im schwarzen Talar. Leider könne er zur Beerdigung am Samstag nicht kommen. "Aber ich habe meinem lieben Freund einen irdischen letzten Gruß gebracht und ihn gesegnet." Besonders freut ihn, dass er ein Foto mit dem Verstorbenen machen durfte - was sonst verboten ist.

Darauf achten die drei Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes, die mindestens bis zum Ende der offenen Aufbahrung am Montag täglich zwölf Stunden in Sankt Gereon im Einsatz sind. In der Vorhalle liegen Kondolenzlisten, in die sich die Menschen seit 8 Uhr eintragen. Schon um kurz nach 10 Uhr sind 20 Bögen voll. Die meisten nehmen ein Exemplar des gut eine Din-A-4-Seite umfassenden "Geistlichen Testaments" Meisners mit.

Frisch gedruckte Totenzettel

Später zum Gottesdienst bringt Küsterin Susanne Müller frisch gedruckte Totenzettel mit Meisners Wappen, seinen Lebens- und Weihedaten sowie einem Auszug aus dem "Geistlichen Testament". Das Foto zeigt einen verschmitzt lächelnden Kardinal, der gerade zu einer seiner berühmten Bemerkungen anzusetzen scheint: witzig, ironisch, manchmal scharfzüngig, gelegentlich für manche darüber hinaus.

"Er war ein sehr guter Prediger, der die Herzen bewegen konnte", sagt Ulrich Eul über den Kardinal. "Politisch war er schon manchmal zu hart", so der 49-Jährige. Das sehen Georg und Katharina Daniels, die mit ihren beiden Kindern eine ganze Weile in der Kirche sitzen, anders. "Meisner war tieffromm, herzlich, offen und nicht interessiert an politischer Korrektheit", meint der 42-Jährige.

"Brückenbauer, ein Beter, ein Seelsorger und ein Kämpfer"

Im Gottesdienst um 11 Uhr würdigt Weihbischof Dominikus Schwaderlapp den Verstorbenen als Brückenbauer, der vor allem ein Beter, ein Seelsorger und ein Kämpfer gewesen sei. Meisner habe viel Humor gehabt; zum öffentlichen Widerspruch gegen manche Missstände habe er sich überwinden müssen, so sein einstiger Sekretär und Generalvikar.

Dann berichtet Schwaderlapp von dem Menschen Meisner. Sogar im Stau habe er den Rosenkranz gebetet. "Er hat die Jungfrau Maria zum Schwitzen gebracht." Da gibt es sogar an diesem traurigen Tag in Sankt Gereon Gelächter.


Quelle:
KNA