Traditioneller Schweigegang nach Köln-Kalk

Männer unter sich

Die Männerwallfahrt in Köln hat unter dem Namen "Schweigegang nach Kalk" eine lange, bedeutende Tradition, wie Pfarrer Werner Holter erklärt. Am Samstagabend ziehen die Männer wieder los - schweigend, betend, meditierend.

Männer im Gebet / © Elisabeth Rahe (KNA)
Männer im Gebet / © Elisabeth Rahe ( KNA )

domradio.de: Vielleicht erklären Sie uns kurz - wann ist der Schweigegang der Männer entstanden?

Pfarrer Werner Holter (Stadt-Männerseelsorge im Erzbistum Köln): Der Schweigegang hieß erst mal Bußgang. Das war ein Zeichen der Umkehr und der Buße. Deshalb ist er auch zeitmäßig in der Fastenzeit angesetzt. Männer sind ja auch nicht nur Engel. Sie hatten einmal im Jahr das Bedürfnis mit ihren Sünden zur Schmerzhaften Mutter Gottes nach Kalk zu wallfahren. Das ist der Beginn vor über 80 Jahren. Es hat seine Blüte früh erlebt, schon während der Nazi-Diktatur da war das nicht nur ein Bußgang sondern auch ein Bekenntnisgang

domradio.de: Also eine politische Aussage, ein Protest...?

Holter: Ja, eine politische Aussage, ein Glaubensbekenntnis. Damals sind Zehntausende mitgegangen. Kaum mehr vorstellbar heute. Heute heißt es Schweigegang. Ich selber habe dann die Bezeichnung „Wallfahrt“ noch hinzugeführt. Da kommen alle Aspekte zusammen. Es ist ein Bußgang, für die, die sich der Realität stellen wollen, und sich die Frage stellen, was sich falsch gemacht haben und wie ihr Leben ausschaut. Und es ist ein Schweigegang, um einfach zur Besinnung zu kommen. 

domradio.de: Und warum nur Männer unter sich? 

Holter: Das ist Tradition. Es wird ja immer gesagt: Männer sind manchmal schweigsamer als Frauen. Das kann ich nicht bestätigen. Ich stelle fest, dass Männer auch mal gerne plaudern. Wenn sie sich lange nicht gesehen haben, tauschen sie sich aus, was machen die Kinder und dergleichen.

domradio.de: Das Motto des Schweigegangs lautet in diesem Jahr: eine neue Chance bekommen – Barmherzigkeit. Was heißt das konkret?

Holter: Jetzt im Jahr der Barmherzigkeit wollen wir schauen, wie es konkret in unserem Leben aussieht. Was kann ich anderen und mir für eine Chance geben? Ich selber brauche auch immer wieder eine Chance, neu zu beginnen oder Dinge anders zu gestalten.

domradio.de: Wie reagieren denn die Kölner, die Touristen und die Menschen in Feierlaune, die am Samstagabend da auf die fromme Prozession mitten durch Köln treffen?

Holter: Das ist natürlich eine ganz tolle Erfahrung, wenn wir nach Kalk ziehen. Wir treffen in Kalk vor allem türkisch-stämmige Menschen, die uns fragen, was wir denn da machen. Dieser Gang ist ja auch außergewöhnlich, wir tragen keine Transparente, keine Lautsprecher, sind keine Demonstration im herkömmlichen Sinne, mit Krach machen und Parolen. Ganz im Gegenteil, wir schweigen. Für viele ist das irritierend. Da kommen rund 2.000 Männer daher und schweigen und beten. Das ist ein sehr meditativer Gang. Ich erinnere mich aber auch daran, am Kölner Heumarkt waren wir schon mal Anlass für Spott und Gelächter. Aber wir haben auch immer Faltblätter dabei und teilen sie aus, damit die Menschen eine Idee davon bekommen, was wir da machen.  

domradio.de: Kann denn jeder Mann mitgehen? 

Holter: Ja, jeder, der schweigen kann, ist herzlich willkommen. 

Das Interview führte Susanne Becker-Huberti


Quelle:
DR