Erzbistum Köln kritisiert Pläne zur Taschengeldkürzung für Flüchtlinge

"Eine kleinliche Diskussion"

Bundesinnenminister Thomas de Maiziere möchte wegen des Zustroms von Flüchtlingen das Taschengeld für die Ankömmlinge kürzen. Für den Flüchtlingsbeauftragten des Erzbistums Köln, Klaus Hagedorn, ist dies der falsche Ansatz.

Andrang in einer Aufnahmestelle für Flüchtlinge (dpa)
Andrang in einer Aufnahmestelle für Flüchtlinge / ( dpa )

domradio.de: Etwa 140 Euro bekommt ein Flüchtling je nach Alter und Familienstand im Monat. Finden Sie es richtig, dass dieser Betrag gekürzt werden soll?

Klaus Hagedorn (Flüchtlingsbeauftragter des Erzbistums Köln): Nein, das finde ich nicht richtig. Denn dieser Betrag ist auch eine Folge der Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts, dass auch Flüchtlingen ein Mindestmaß an Teilnahme an gesellschaftlichem, politischem und kulturellem Leben ermöglicht werden muss. Das kann nur durch die Taschengeldleistung geschehen. Die Leute brauchen auch einmal eine Fahrkarte, um mit dem öffentlichen Nahverkehr fahren zu können. Sie müssen sich auch einmal eine Zeitung kaufen können, um Berichte aus ihrem Heimatland verfolgen zu können. Man darf sich auch mal einen Kaffee oder ein Eis gönnen und man muss auch mal zum Friseur oder Schuster. All dies kann nicht über Sachleistungen geschehen, sondern muss über den Taschengeldanteil bestritten werden.

domradio.de: Bundesinnenminister Thomas de Maiziere sagte, dass ein Großteil dieses Taschengeldes an die Schlepper gehen würde. Wissen Sie mehr, was mit diesem Taschengeld passiert?

Klaus Hagedorn: Ich weiß da, glaube ich, nicht mehr als Innenminister de Maiziere selber. Es kann sein, dass in Einzelfällen das Taschengeld für die Bezahlung von Schleppern verwendet wird. Dies aber pauschal einer großen Gruppe von Flüchtlingen zu unterstellen, halte ich in der Realität für nicht angemessen.

domradio.de: Die Kürzung des Taschengeldes soll vor allem bewirken, dass der Zustrom aus den Westbalkanländern geringer wird. Sind denn 140 Euro wirklich der Ausschlag, die Heimat aufzugeben?

Klaus Hagedorn: Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich glaube, die Umstände in den Heimatländern und auch in den Balkanländern sind katastrophal. Sonst würden die Leute nicht ihre Heimat verlassen müssen. Ich denke nicht, dass wir über eine Absenkung des Taschengeldes um wenige Euro einen signifikanten Rückgang der Zuzugszahlen erwirken können. Es ist in all den Jahren ja auch nicht gelungen, in denen man nur eine miserable Unterbringungsmöglichkeit vorhalten konnte. Das hat aus meiner Sicht niemanden abgeschreckt, sich auf den Weg nach Europa und nach Deutschland zu machen.

domradio.de: Finden Sie diese gesamte Diskussion um das Taschengeld nicht auch ein bisschen kleinlich? Es geht ja auch um die Menschenwürde und diese wurde gerichtlich festgelegt.

Klaus Hagedorn: Es ist kleinlich. Es ist eine Diskussion, die keine Effekte haben wird, weil sich die Leute dadurch nicht abschrecken lassen, ihre Heimat mit der individuellen Notlage zu verlassen. Man zielt hier auf eine bestimmte Bevölkerungsgruppe ab, die vielleicht an diesem Thema interessiert ist. Wir als katholische Kirche im Erzbistum Köln sind daran nicht interessiert.

domradio.de: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Dr. Christian Schlegel


Quelle:
DR