Die Obdachlosenseelsorge im Erzbistum Köln

Gelassen auch bei Minusgraden

Deutschland erlebt gerade die tiefsten Temperaturen seit Beginn dieses Winters. Besonders Menschen ohne Dach über dem Kopf trifft das Wetter hart. Schwester Franziska Passeck ist Obdachlosenseelsorgerin im Erzbistum Köln. Im domradio.de-Interview erklärt sie, warum sie sich trotz Kälte nicht mehr sorgt als sonst.

 (DR)

domradio.de: In Köln ist es so, dass keiner auf der Straße schlafen muss, theoretisch gibt es für jeden ein Bett in einer Notschlafstelle. Kommen alle Kommunen dieser gesetzlichen Pflicht nach?

Passeck: Ich hoffe und denke, dass es so ist.



domradio.de: Und nehmen Obdachlose die Notschlafstellen überhaupt an?

Passeck: Ein Teil nimmt es an - wenn es sehr kalt ist. Viele wollen es nicht, weil sie die Erfahrung gemacht haben - wenn sie dann schon mal in einer waren -, dass es sehr schwierig ist. Ein Vierbettzimmer ist im Grunde nicht schlimm. Aber dort müssen eben alle aufgenommen werden, und das die ganze Nacht über. Dann liege ich vielleicht gerade und schlafe - und es kommt einer, der sich nicht gewaschen hat und stinkt, der in der Nacht vielleicht doch noch heimlich Drogen nimmt, der so betrunken ist, dass er randaliert. Und hinzu kommt, dass gelegentlich auch Sachen verschwinden. So kommt es, dass viele sagen: Da gehe ich nicht hin.



domradio.de: Und was machen die, wie kommen die durch eine eiskalte Nacht, wie wir sie gerade erleben?

Passeck: Die, die gut drauf sind, organisieren sich schon gut, haben super Schlafsäcke und Isomatten und versuchen auch, in geschützten Ecken zu schlafen. Schwieriger ist es für Leute, die durch Alkohol sehr geschädigt sind und gar nicht mitkriegen, dass es so kalt ist. Seit einigen Jahren haben wir das Angebot, dass jedem Abend eine andere Gemeinde einen Raum öffnet, in dem Wohnungslose schlafen können. Das wird dann verstärkter angenommen. Nur der Samstag ist hier noch nicht besetzt, hier fehlt uns noch eine Gemeinde, die ihren Pfarrsaal zur Verfügung stellt.



domradio.de: Wachleute sind angehalten, Obdachlose zu vertreiben. Obdachlosenverbände fordern jetzt, dass Bahnhöfe und U-Bahn-Stationen geöffnet werden. Kann das funktionieren?

Passeck: Offiziell werden sie sicher nicht geöffnet. Aber ich weiß, dass hier ein Auge zugedrückt wird und die Leute bleiben dürfen, wenn es eiskalt ist.



domradio.de: Es geht ja nicht um das Bett in der Nacht. Welche Angebote sind noch notwendig?

Passeck: Über Tag gibt es in Köln einige Stellen, an denen sich Obdachlose aufhalten dürfen. Warmes Essen ist auch wichtig; es ist schon mal eine Hilfe, wenn ich etwas Warmes im Bauch habe.



domradio.de: Vor allem an kalten Tagen wie diesen ist der Blick auf die Situation der Obdachlosen ein Medienthema. Wie gehen Sie an diesen Tagen damit um?

Passeck: Gelassener, denke ich. Auch, weil wir nicht alleine sind. In Köln gibt es die sogenannten Kältegänge, wo jeden Abend zwei Sozialarbeiter losgehen und die ganzen Ecken abklappern, um die Menschen auf Möglichkeiten aufmerksam zu machen. Da gibt es eine große Zusammenarbeit, auch über Polizei und Ordnungsamt, die sehr wachsam die Augen aufhalten.



Das Gespräch führte Susanne Becker-Huberti.