Kölner Erzbischof geht ungewöhnliche Schritte auf Weg des Dialogs

Direkt zum Kardinal

Der vielbeschworene Dialogprozess in der Katholischen Kirche: Im Erzbistum Köln wird er nun konkret und schnell umgesetzt. Seit Pfingstsonntag ist eine neue Dialogplattform im Internet online, auf der Gläubige ihre Fragen und Zweifel direkt an den Kölner Erzbischof richten können.

Katholikenausschuss: Rege Diskussionen im Forum (DR)
Katholikenausschuss: Rege Diskussionen im Forum / ( DR )

Nein, einen Facebook-Auftritt wird der Kölner Erzbischof vorerst nicht einrichten. In einer domradio.de-Umfrage hatte sich eine Mehrzahl der Teilnehmer gewünscht, dass sich Kardinal Meisner bei Facebook anmeldet und mit der Online-Community Kontakt aufnimmt. 8,40 Prozent der User stimmten für den Kölner Erzbischof, dicht gefolgt von seinen Münchner und Mainzer Amtskollegen Erzbischof Reinhard Kardinal Marx (6,93 %) und Karl Kardinal Lehmann (6,32 %). Aber ein solcher Auftritt in einer Community in direkter Nachbarschaft zu allen möglichen Auswüchsen der Konsum- und Spaßgesellschaft hätte wohl ohnehin nicht der nötigen Ernsthaftigkeit der Themen gerecht werden können.

"Was Sie Kardinal Meisner immer schon fragen wollten…"

Nun ist es also ein eigener Internetauftritt direktzumkardinal.de, der am Pfingstsonntag online ging und eine neue Dialogplattform im Internet schaffen soll. Joachim Kardinal Meisner möchte so neue Wege der Kommunikation mit den Menschen in seinem Bistum und der Katholischen Kirche in Deutschland gehen, sagt Ralf Diessner von der Stabsabteilung Medien des Erzbistums Köln, die dieses Projekt initiiert hat, gegenüber domradio.de. Jeder könne direkt Fragen an den Kardinal stellen und der Erzbischof beantworte dann jene Fragen, die in einer Abstimmung von den Lesern als am wichtigsten bewertet worden sind. Also zwar kein unmittelbarer Gedankenaustausch, dafür aber ein vertiefter.

Es können persönliche Fragen sein, Fragen zu Glauben und Ethik oder auch Fragen zu den künftigen Entwicklungen im Erzbistum Köln und der Katholischen Kirche insgesamt. Jede Frage, die seriös und ernst gemeint sei, habe die Chance auf Beantwortung, wenn es gelingt, in einem Abstimmungsprozess unter die Top-Fragen zu gelangen, sagt Diessner. Neben einer persönlichen Kontaktmöglichkeit zum Kölner Oberhirten, werde so gleichzeitig ein Meinungs- und Stimmungsbild aus der Bevölkerung abgebildet.

"Es besteht die Chance für den Erzbischof direkter mit den Menschen zu ihren Fragen in Kontakt zur treten und nicht nur in Verbindung mit unpopulären Entscheidungen in den Medien zitiert zu werden", beschreibt Diessner den gewünschten Dialog, der so für beide teilnehmenden Seiten einen Mehrwert bringen soll. Da der Kardinal nicht jeden einzelnen Leserbrief beantworten kann, bietet die Dialogplattform die Möglichkeit, die Fragen nach Themen zu sortieren und in einem Abstimmungsverfahren nach Wichtigkeit bewerten zu lassen - many-to-one-Kommunikation nennt sich diese Art der Themenfilterung. Die Leser können sich also beteiligen, indem sie einerseits eigene Fragen einbringen und andererseits sich an der Abstimmung zu interessanten Themen beteiligen.

Transparente und klar kommunizierte Regeln

Moderiert wird diese Plattform von einer externen Internetdienstleistungsfirma, die sich auf diese Art der Kommunikation spezialisiert hat. Die Firma betreut die Kommunikation nach transparenten und klar kommunizierten Regeln. Es wird keine thematische Vorauswahl getroffen, jede seriöse und ernst gemeinte Frage hat die Chance unter die Top-Fragen zu gelangen, die dann beantwortet werden. Dabei werden Themen und Trends sichtbar, die die Menschen bewegen und die Anhaltspunkte für die weitere kircheninterne Kommunikation werden können. So nutzen bereits verschiedene Politiker diese Art des Bürgerdialogs u.a. auch die Bundeskanzlerin.

Das Erzbistum Köln möchte mit diesem neuen Angebot auch Menschen ansprechen, die der Kirche eher fern stehen und möchte auf diesem Weg Hürden der Kommunikation abbauen. Auch für Jugendliche könnte dieses Projekt interessant sein, da junge Menschen im Internet offen und unbekümmert kommunizieren. "Kardinal Meisner geht mit dieser Aktion einen ungewöhnlichen Schritt auf dem Weg des Dialogprozesses der Kirche. Das Projekt ist für die Dauer eines Jahres geplant" sagt Diessner.

Bereits online ist seit einigen Tagen das Dialogforum des Katholikenausschusses in der Stadt Köln. Er vertritt die Anliegen der katholischen Laien in Kirche, Stadt und Gesellschaft
In dem Forum können - zur Not auch anonym - zu den Bereichen Dialog, Kirche und Moderne, Mitwirkung, Sexualität, Frauen, Wiederverheiratete Geschiedene, Gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften und Zölibat Meinungen und Fragen hinterlassen werden, eine Reaktion der Verantwortlichen folgt recht schnell.