Mit dem Kölner Generalvikar in Zentralafrika

Eindrücke tiefer Gläubigkeit

Es war ein Solidaritätbesuch: Eine Delegation aus dem Erzbistum Köln reiste im November nach Zentralafrika, im Herzen des schwarzen Kontinents. Im domradio.de Audio-Interview zeigt sich Generalvikar Dr. Dominik Schwaderlapp beindruckt von der tiefen Gläubigkeit der Menschen. Und missio-Diözesanreferent Markus Perger berichtet in seiner Reportage über Korruption und köstliche Bisamratten.

 (DR)

Am Ortseingang der Bischofsstadt Bambari in der Zentralafrikanischen Republik erklingt großes Tamtam: Trommeln, tanzende und singende Pfadfinderinnen in blau-roter Kluft, der Begleitwagen mit päpstlicher gelb-weißer Standarte geschmückt: die Begrüßung der kleinen Kölner Delegation unter Leitung von Generalvikar Dr. Schwaderlapp hätte afrikanischer nicht ausfallen können! Die Gäste aus Deutschland haben sich auf den weiten Weg gemacht, um den seit Jahrzehnten im Land tätigen Bischof Peter Marzinkowski, der aus dem Erzbistum Köln stammt, und dessen Diözese zu besuchen.



Die Szene scheint dem Bilderbuch entnommen: die tropische Vegetation, gerade jetzt am Ende der Regenzeit, zeigt Grün in allen möglichen Schattierungen, vom satten Dunkelgrün bis zum zart-linden, das Klima beschert den Menschen bis zu drei Ernten im Jahr: Manjok als Grundnahrungsmittel, Papaja und Passionsfrucht, Banane sowie Tomaten und Kohl. Die Ernährung wird durch Fleisch erweitert, das die Männer im (Regen-)Wald erlegen - ganz tradititonell mit Fallen und Speer: Kleingetier wie Hase, Gürteltier, aber auch Gazelle und Antilope.



Regelrecht romantisch muten die Hütten an: ein aus Lehm aufgebauter Rundbau, traditionell bedeckt von langen Gräsern, unserem Reet nicht unähnlich. Die modernen Häuschen sind eckig, mit rotem Backstein solide erbaut und die Wellblechdächer schützen vor den tropischen Regengüssen. Vor diesen bäuerlichen Kleingehöften findet sich immer eine Feuerstelle, die aus drei Steinen besteht und mit Holz, das sich noch ausreichend im angrenzenden Urwald findet, beschickt wird. Hier draußen findet das familiäre und dörfliche Leben statt: bei Temperaturen um 30 Grad, allerdings mit gefühlten 95 Prozent Luftfeuchtigkeit "angereichert", spielt eine bunte Kinderschar unter der Obhut der kochenden Mutter.



Selbst Weitgereiste müssen passen, wenn es um die Lokalisierung dieses zentralafrikanischen Staates geht: regelrecht umzingelt vom riesigen Sudan im Osten, dem kaum kleineren Kongo (ehemals Zaire) im Süden und vom Tschad im Norden, allesamt politisch unruhige Länder, die sich zum Teil in jahrzehntelangen Kriegswirren befinden. Lediglich zum westlichen Nachbarn Kamerun gibt es freundschaftlich-friedliche Beziehungen.



Allgegenwärtige Korruption

Die gerade mal vier Millionen Einwohner Zentralafrikas, die sich auf eine Fläche verteilen, die rund 1,5 mal größer ist als Deutschland, sind nicht in der Lage, die riesige Grenze ihres Landes zu verteidigen - womit das bitterarme Land am Äquator zum idealen Rückzugsgebiet für Rebellen aus den Anrainerstaaten wird. Gewaltbereitschaft, kaum resozialisierbare Kindersoldaten, Willkür der staatlichen Organe und eine allgegenwärtige Korruption kennzeichnen die gesellschaftlichen Herausforderungen.



Dies bekamen die Kölner Gäste am eigenen Leibe zu spüren: Da sie bei einer Routinepolizeikontrolle, fünf Minuten vom Gästehaus der Bischofskonferenz entfernt, nicht die verlangten Pässe zeigen konnten, die aus Sicherheitsgründen im Quartier geblieben waren, wurden sie vom Polizeioffizier kurzerhand auf der Wache festgehalten. Die Autopapiere des Bischofs als Pfand zurücklassend, konnten die Dokumente binnen einer Viertelstunde vorgelegt werden. Damit war das Delikt im Grunde aus der Welt geschaffen: Visum und Pässe in Ordnung, also: auf "nach Hause"! Aber beim Durchblättern der Ausweise wurde das Gesicht des Beamten lang und länger. "Der will Geld sehen", erklärt lapidar Bischof Peter. "Jetzt brauchen wir Geduld, das ist eine Machtprobe." Ein Anruf beim Rechtsanwalt des Bischofs macht dem Polizisten deutlich, dass es den Deutschen ernst ist: hier wird nicht geschmiert. Unmittelbar vor Erscheinen des Juristen lenkt der Offizier ein, indem er die Pässe über den Schreibtisch reicht und damit zu verstehen gibt, dass man gehen könne . . .



"Das war ein klassisches Anti-Korruptions-Lehrstück", kommentiert Dr. Rudolf Solzbacher, Direktor der Diözesanstelle Weltkirche-Weltmission im Kölner Generalvikariat. Als ortsunkundige Ausländer hätte man sich wohl mit einer Dollarnote im Pass aus der Affäre ziehen können; lediglich die Präsenz des gastgebenden deutschen Bischofs, seit Jahrzehnten mit den Gepflogenheiten und der Mentalität des Landes vertraut, ermöglichte, der Erwartung der Polizei nicht zu entsprechen.



Ortswechsel: nach zehn Stunden Fahrt über rote Sandpisten, die vom Tropenregen arg lädiert sind und das Tempo immer wieder auf null hinunterzwingen, taucht das Städtchen Alindao auf. Hier wirkt Bischof Marzinkowski in einer Missionsanlage mit Kirche, Schule, Katechistenunterkünften, Schwesternkonvent und einem großzügigen Gästetrakt, in dem sich mittags die Mitarbeitenden zum Essen versammeln; alles gebaut von deutschen Spiritanern in den 1930er-Jahren.



Hier wird vielleicht am deutlichsten, was Mission heute bedeutet: der Bischof lebt inmitten seiner Gläubigen, versammelt die Gläubigen zu Gebet und der Feier der Eucharistie, verkündet das Evangelium mit Wort, Tat - und mit seinem eigenen Leben. Da ihm nur elf Priester zur Seite stehen, kommt den Katechisten, theologisch geschulten Laienmitarbeitern, eine große Bedeutung bei der Evangelisierung zu. Sie sind in ihren gelernten Berufen tätig und übernehmen ehrenamtlich die Katechese und die Leitung der Wort-Gottes-Feiern.



Solidarischer Einsatz für die Schwachen

Als Hauptzelebrant konnte der Kölner Generalvikar am Christkönigsfest nicht nur das Kirchenjahr liturgisch beenden, sondern den rund 500 Gottesdienstteilnehmern zurufen: bei Gott und in der Kirche gibt es keine Fremden; alle Christen sind Brüder und Schwestern des einen Vaters. Das ist Weltkirche, deren Glieder sich solidarisch für die anderen, besonders aber für die Schwachen einsetzen. Dafür dankt Bischof Marzinkowski den Kölner Gästen mit herzlichen Worten und lädt zum Festessen ein.



Auf der Tafel findet sich Gulasch vom Affen, geröstete Palmraupen, Stachelschwein und Bisamratte. Nach einem kulinarischen Selbstversuch hört man Prälat Schwaderlapp sagen: "Das war die beste Bisamratte, die ich in meinem Leben gegessen habe!"--


Eine Reportage von Markus Perger.