Ein angehender Priester über den Weg zu seiner Entscheidung

"Mutprobe" Priester

Florian Ganslmeier aus dem Erzbistum Köln hat sich für den Weg als Priester entschieden. Im Interview mit domradio.de spricht der 31-jährige Diakon über Berufung, Zölibat und den Widerstand, den er in diesen Tagen erlebt.

 (DR)

domradio.de: Warum wollen Sie Priester werden?
Ganslmeier: Priester zu werden, ist keine Entscheidung, die ich von heute auf morgen fälle. Ich habe mich jahrelang mit dieser Frage auseinandergesetzt. Letztlich ist es eine Berufung. Das ist etwas, das an mich herangeht, als mein Weg im Leben, wie ich auf Gottes Liebe zu mir versuchen will, zu antworten. Und da habe ich nach längerem Erleben, Besprechen mit Priestern und Freunden und nicht zuletzt während der Zeit im Priesterseminar den Weg gewählt, dass ich sage: Ja, bin zum Priester berufen. Das heißt die Menschen zu lieben, Gott zu lieben und die Kirche zu lieben. Und von dieser Liebe anderen Menschen weitergeben zu wollen.

domradio.de: Das Image katholischer Priester ist momentan denkbar schlecht. Haben Sie keine Angst, dass man Sie kritisch anschauen wird?
Ganslmeier: Das habe ich durchaus auch schon erlebt, dass man als Mann der Kirche erkennbar herumläuft, dass das durchaus bisweilen eine Art Mutprobe schon fast sein kann. Ich hatte neulich das Erlebnis, dass eine Frau, als sie hörte, dass ich Priester werden will, mich fragte: Vertreten Sie diesen perversen Verein eigentlich nur oder sind Sie auch selbst so? Was soll man da sagen? Da ist man natürlich erschrocken. Irgendwie auch hilflos. Was mich bei dieser Thematik viel mehr mitnimmt, ist die große Enttäuschung, die ich merke bei den Menschen, die in den letzten Jahren treu zur Kirche gehalten haben. Und die wirklich an diesen Skandalen, die seit Jahresbeginn enthüllt wurden, zutiefst leiden. Ich merke, da ist auch weniger Wut, da ist hauptsächlich Trauer. Regelrecht Depression. Und das ist natürlich eine schlimme Erfahrung, unter der ich auch sehr leide. Zu den Skandalen als solches würde ich gerne sagen: Selber habe ich nichts getan. Aber wenn ich mich zu einem Leben als Priester entschließe, dann muss ich auch damit leben, dass mir das zugerechnet und angelastet wird. Einfach weil ich mit meiner Person erkennbar für diese Kirche stehe. Aber ich denke, letztlich gehört auch das wahrscheinlich zur Nachfolge Christi. Auch Jesus stand ehrlos und wehrlos vor Pilatus.

domradio.de: Eine Frage ist auch immer die nach dem Zölibat?
Ganslmeier: Der Zölibat ist in der heutigen Zeit natürlich eine besondere Provokation. Ich glaube aber, dass er im Gegenzug gerade deswegen ein enormes Zeichen ist. Zum einen zeigt der Zölibat, dass die volle Erfüllung des Lebensglücks nur bei Gott zu finden ist. Viele in meinem Alter, die gerade heiraten, sind daran sehr interessiert, an der Frage nach dem Lebensglück. Zum anderen ist es natürlich so, dass ich bei jeder schönen Frau, die mir über den Weg läuft, sich die Frage stellt, ist es das eigentlich wert? Ist Jesus mir wirklich noch so viel wert? Und wenn ich zur Antwort käme Nein, dann wäre man - ob verheiratet oder unverheiratet - kein wirklicher Mann Gottes Und das Dritte, das erlebe ich gerade in der heutigen Zeit unter jüngeren Menschen, ist natürlich der Zölibat ein Zeichen, dass Gott wirklich da sein muss. Wäre er es nicht, wäre ein Priester das Absurdeste, was es so geben würde. Man kann heute vielleicht so sagen: Einer, der freiwillig zölibatär lebt, nicht, weil er keine Frau findet, sondern aus freien Stücken, der kann nur verrückt sein - es sein denn, es gibt Gott. Und damit ist der Zölibat, wie der Kardinal es auch mal sagte, ist der Zölibat letztlich auch eine Art Gottesbeweis. Aber das zölibatäre Leben ist heute unbestritten schwieriger als früher. Weil der Pfarrer ist ja im Rahmen seiner Gemeinde nicht mehr so selbstverständlich als Lebensform mitgetragen. Da ist es in der heutigen Zeit wesentlich wichtiger als früher, dass Priester wirklich auch eine Gemeinschaftskultur haben; dass nicht jeder sein eigenes Süppchen kocht, sondern dass man sich auch untereinander bespricht. Über Probleme, Sorgen und über das auch, wo man Hoffnung sieht, dass man auch gemeinsam betet.

Das Gespräch führte Aurelia Plieschke.