Der ehemalige Jugendseelsorger über die Jugendarbeit der Kirche im Erzbistum Köln

"Es geht um Orientierung"

Was kann die Kirche tun, damit sie attraktiv ist für junge Menschen? Vor zehn Jahren rief das Erzbistum Köln das "Pastorale Rahmenkonzept für kirchliche Jugendarbeit" ins Leben. Ulrich Hennes war damals Diözesanjugendseelsorger. Im domradio-Interview spricht er über den eingeschlagenen Weg.

Msgr. Ulrich Hennes: Seit 2006 Leiter des Pfarrverbandes Hilden (Erzbistum Köln)
Msgr. Ulrich Hennes: Seit 2006 Leiter des Pfarrverbandes Hilden / ( Erzbistum Köln )

domradio: Als das Pastorale Rahmenkonzept in Kraft gesetzt wurde, wollte die Kirche die Jugendarbeit reformieren. Ist das geschehen?
Hennes: Das Konzept diente damals wie heute dazu, Orientierung zu geben. Und zwar zunächst für die pastoral Handelnden, in Hinblick darauf, dass klarer wird, dass nicht irgendwas geschieht, sondern dass es eine Verlässlichkeit gibt, d.h. Orientierung von der Unverbindlichkeit, was man alles tun kann hin zu der Verbindlichkeit und der Verlässlichkeit nach Innen und Außen, was unsere Aufgabe ist und woran wir unsere Jugendarbeit in der Katholischen Kirche des Erzbistums ausrichten.

domradio: Die Veranstaltung steht unter dem Motto "Aus dem Auge, aus dem Sinn?". Genau das passiert derzeit in vielen Gemeinden, sobald die Kinder ihre Kommunion hinter sich haben. Was kann man dagegen tun?
Hennes: Ich sage erstmal ganz frech: nichts. Nichts deswegen, weil das ja nicht nur eine Frage ist, welche Angebote wir als Kirche schaffen für junge Menschen. Sondern es hat wesentlich damit zu tun, wie sich Menschen heute überhaupt orientieren. Wenn wir die Sinus-Milieu-Studie betrachten, stellen wir fest, dass die Kirche für viele Menschen nur an sehr punktuellen Situationen des Lebens eine Rolle spielt und sie von daher auch entsprechende Angebote gerne und bewusst annehmen - was aber selbst bei einer positiver Erfahrung keineswegs dazu führt, dass eine kontinuierliche Beziehung zur Kirche gepflegt wird. Insofern müssten wir eher das realisieren, was Papst Benedikt XVI. vor vielen Jahren noch als Kardinal in Trier einmal sagte, nämlich wahrzunehmen, dass der überwiegende Teil der Christen sich heute in einem Katechumenats-Status befindet und unser Angebot sich entsprechend darauf ausrichten müssen. Also weiterhin Angebote, die aber sicherlich ganz anders ausgerichtet sind, als wir das von vor 20 Jahren vielleicht noch kennen.

domradio: Wie genau anders ausgerichtet?
Hennes: Die Frage ist, ob wir das, was für uns als Kirche unverzichtbar ist - die sonntägliche Messe, Gemeinschaften zu pflegen - Zukunft hat. Nicht, dass wir die Messe deswegen aufgeben, aber dass wir stärker die Lebenswelt der Menschen betrachten und Angebote schaffen, die sie nicht überfordern. Das kann sowohl im liturgischen Bereich die Ansiedlung von auch nicht eucharistischen Gottesdiensten zu Urzeiten sein, wo Menschen - das betrifft jetzt alle Generationen - eher auch einen inneren Freiraum dafür haben. Das geht aber auch darum, Menschen auf ihrer Suchbewegung zu begleiten, d.h. Angebote, die nicht eine verbindliche Regelmäßigkeit haben, wie feste Gruppen, sondern offene Angebote, die Glaubens- und Sinnorientierung, die Fragen der Menschen aufgreifen und so sie in ihrem Suchen begleiten.

domradio: Im Bereich des Erzbistums, aber auch in anderen Bistümern  entstehen immer mehr Jugendkirchen, die sich speziell mit den Bedürfnissen jugendlicher Kirchgänger beschäftigen. Was halten Sie von diesem Konzept?
Hennes: Das sind Möglichkeiten, und das möchte ich sehr positiv bewerten, wo junge Menschen in einen Raum geführt werden, wo sie Gleichaltrigen, die mit ihnen in einer ähnlichen Lebenssituation begegnen und Gottesdienst mit ihnen feiern. Genau wie Sonntagsmesse und andere Formen von Gottesdiensten. Die Jugendlichen haben ja heute oft die Schwierigkeit, dass sie, wenn sie in den "normalen" Sonntagsgottesdienst gehen, oftmals entweder die Kinder in der Kommunionvorbereitung erleben oder die Generation 50 aufwärts.

Das Gespräch führte Stephanie Gebert.

Hinweis: Unter dem Motto „Aus dem Auge, aus dem Sinn? 10 Jahre Pastorales Rahmenkonzept für die kirchliche Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit im Erzbistum Köln" lädt "Religio Altenberg" zur Bestandsaufnahme ein. Das Symposion findet am Montag, 7. Dezember von 9 bis 17 Uhr in Altenberg statt.