Erzbistum Köln ordnet Seelsorgebereiche neu - Statements des Kardinals und des Generalvikars hier nachhören und -lesen

"Die Leute gewinnen und mitnehmen"

"Wandel gestalten - Glauben entfalten" ist das Motto unter dem die Weiterentwicklung der Seelsorge im Erzbistum Köln steht. Ziel ist die Neuordnung der Seelsorgebereiche. Durch den Ausbau von Kooperationen sollen zukunftssichere Voraussetzungen für das kirchliche Leben in den Gemeinden geschaffen werden. Erzbischof Joachim Kardinal Meisner, Generalvikar Dr. Dominik Schwaderlapp und der Leiter der Hauptabteilung Seelsorgebereiche im Generalvikariat, Prälat Hans-Josef Radermacher, stellten am Freitag die Reformen vor. Meisner betonte, die Gläubigen auf dem Weg "gewinnen und mitnehmen" zu wollen. Hören Sie außerdem im domradio-Interview Thomas Nickel, den Vorsitzenden des Diözesanrates in Köln.

Generalvikar Schwaderlapp und Kardinal Meisner stellen die Strukturreform vor (DR)
Generalvikar Schwaderlapp und Kardinal Meisner stellen die Strukturreform vor / ( DR )

Kardinal Joachim Meisner will den Gemeinden im Erzbistum Köln bei der Reform der Seelsorgebereiche viel Gestaltungsfreiheit lassen. Das kündigte er am Freitag vor der Presse in Köln an. Die Gemeinden könnten zwischen einer Fusion und der Gründung von Pfarreiengemeinschaften wählen. Damit folgt Meisner nach monatelangen Beratungen dem Votum von Priester-,
Pastoral- und Diözesanrat. Außerdem sollten die Seelsorgebereiche und Gemeinden in den kommenden Monaten eigene pastorale Schwerpunkte entwickeln, unterstrich der Erzbischof.

Die Bistumsleitung gebe kein flächendeckendes Konzept vor, so Meisner. "Vielmehr stecken wir einen Rahmen ab, der vor Ort mit Leben gefüllt werden muss." Welche Wege der Verkündigung jeweils sinnvoll seien, wüssten die Gläubigen oft besser als der Erzbischof, weil sie die Situation vor Ort gut kennen würden. Das Reformprojekt heißt "Wandel gestalten - Glauben entfalten. Perspektive 2020". Das Erzbistum verringert die Zahl der Seelsorgebereiche ab 2008 von 221 auf 180. Es rechnet in zehn Jahren mit einem Drittel weniger Priestern.

In jedem Seelsorgebereich soll es künftig einen leitenden Pfarrer und nur noch einen Pfarrgemeinderat geben. Das übrige Seelsorgepersonal werde nicht reduziert, betonte Generalvikar Dominik Schwaderlapp. Bei der Fusion von benachbarten Gemeinden verschmelzen diese vollständig und erhalten den Namen des Gotteshauses, das als Pfarrkirche ausgewählt wird. Die 30 Gemeinden, die bislang aus Fusionen hervorgegangen sind, bestätigten das neue Leitungskonzept, so Schwaderlapp. Dort seien viele gute Erfahrung gemacht worden. Bei den Pfarreiengemeinschaften bleiben die Gemeinden und ihre Kirchenvorstände einzeln bestehen, übertragen aber alle wichtigen Zuständigkeiten etwa für Kindergärten, Immobilien und Grundbesitz einem gemeinsamen Gemeindeverband.

Die Zahl der Pfarrgemeinderäte in der Erzdiözese, denen 20.000 Männer und Frauen angehören, wird sich von rund 600 auf 180 reduzieren. Katholikenräte in Städten und Kreisen hatten kritisiert, dass damit tausende Menschen aus dem Amt ausscheiden müssten. Das stelle eine Schwächung der Laien dar. Der Kardinal betonte, er wolle keine Ehrenamtlichen aus Ämtern drängen, sondern sie gerade von der Last der Gremienarbeit befreien. Er wünsche sich, dass sie ihr Engagement für eine missionarische Kirche fortsetzten und dafür neue, kreative Formen suchten. "Ihr Einsatz ist für uns als Kirche unverzichtbar", unterstrich Meisner. Der Generalvikar sagte, vorstellbar seien Themen- und Ortsausschüsse, in denen die Katholiken Projekte verfolgen könnten.

Pfarrer von Verwaltungsarbeit entlasten
Der Erzbischof betonte, die Reform sei eine Chance, sich wieder stärker geistlichen Inhalten zu widmen. Er rief zur Suche nach neuen Formen auf, um auch kirchenferne Menschen "mit Christus in Berührung zu bringen". Als Beispiele nannte er Segensfeiern für junge Paare am Valentinstag, die Aktion "nightfever" mit Abendgottesdiensten für Jugendliche und das von Katholiken gegründete Düsseldorfer Magazin "Theo", das Menschen erreiche, "die vielleicht nie einen Pfarrbrief lesen würden".

Das Erzbistum plant auch Maßnahmen zur Entlastung der Pfarrer von Verwaltungs- und Gremienarbeiten. Zum Beispiel sollen Genehmigungsverfahren vereinfacht werden. Weitere Details will Schwaderlapp bekanntgeben, wenn darüber Mitte November im Priesterrat beraten wurde. Die Vollversammlung des Diözesanrates kommt dann zu einer Sondersitzung zusammen, um über die Reformpläne zu sprechen. Außerdem hat sich eine Arbeitsgruppe aus Generalvikariat und Diözesanratsvorstand gegründet, um eine neue Satzung für die Pfarrgemeinderäte zu formulieren.

domradio dokumentiert hier die Eckdaten der Fusion

Die Ausgangslage in Zahlen: Heute gibt es im Erzbistum Köln 221 Seelsorgebereiche mit 708 Kirchengemeinden, zum 1. Januar 2008 gibt es 180 Seelsorgebereiche mit 701 Kirchengemeinden. Für beide zukünftigen Varianten - Pfarreiengemeinschaft oder Fusion - gelten Eckdaten, die der Erzbischof vorgibt:

1. Ein kanonischer Pfarrer je Seelsorgebereich
Ab dem 1.1.2009 wird es in jedem Seelsorgebereich nur noch einen kanonischen Pfarrer geben können. Für die fusionierte Pfarrgemeinde mit einem Kirchenvorstand ist das kirchenrechtlich zwingend, für die Pfarreiengemeinschaft mit einem Pfarrgemeinderat und Kirchengemeindeverband ist es die geltende Regelung.

2. In 2009 Wahl eines gemeinsamen Pfarrgemeinderates in jedem Seelsorgebereich
Im Frühjahr des Jahres 2009 wird in jedem Seelsorgebereich ein Pfarrgemeinderat gewählt. Das gilt gleichermaßen für die Fusion und für die Pfarreiengemeinschaft. Was bedeutet „Gründung einer Pfarreiengemeinschaft"? Was bedeutet „Fusion zu einer Pfarrei bzw. Kirchengemeinde"?

1. Pfarreiengemeinschaft
Die Gründung einer Pfarreiengemeinschaft besagt, dass die beteiligten Kirchengemeinden rechtlich bestehen bleiben, sich aber zu einer verbindlichen Gemeinschaft mit einem Pfarrgemeinderat in einem Kirchengemeindeverband
zusammenschließen. Auch die einzelnen Kirchenvorstände bleiben bestehen.
Dem Kirchengemeindeverband müssen - als Vorgabe des Erzbischofs - bis zum 1.1.2010 alle rechtlich möglichen Aufgabenbereiche übertragen werden. Dies geht weit über die heute geltende Regelung hinaus, bei der es den Kirchengemeinden freigestellt ist, welche Zuständigkeiten sie dem Kirchengemeindeverband übertragen.

Wie stellen sich die „Aufgaben des Kirchengemeindeverbandes" nach der neuen Regelung dar? Die Durchführung des gesamten „operativen Geschäftes" wird dem Kirchengemeindeverband übertragen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kirchengemeindeverband als selbstständige juristische Person, als
Körperschaft des öffentlichen Rechtes, neben die weiter bestehenden Kirchengemeinden tritt. Daher erfolgt kein automatischer gesetzlicher Aufgaben- oder Rechtsübergang. Dazu bedarf es vielmehr einer rechtsgeschäftlichen Aufgabenübertragung. Im Falle der Übertragung von Einrichtungen (wie z.B. Kindergärten, Offene
Türen etc.) bedarf es einer Betriebsträgerschaftsübertragung incl. Vertrag.
Ohne gültige Kirchenvorstandsbeschlüsse können keine Aufgabenbereiche übertragen werden.

Im Einzelnen müssen übertragen werden:
- die Folgedienste und alle anderen Anstellungsverhältnisse

- die Betriebsträgerschaft von Kindertagesstätten, Büchereien, Jugend- und Senioreneinrichtungen

- die Versammlungsstätten (Pfarr- und Jugendheim)

- die Pastoral- und Kontaktbüros

Der Kirchengemeindeverband wird der Empfänger der Pauschalen für Seelsorge und Verwaltung sowie der Empfänger der Pauschalen für die Bewirtschaftung der Versammlungs- und Büroflächen.

Bei den Kirchenvorständen bleiben die Aufgabenbereiche:
- Verwaltung und Anlage des Kapitalvermögens

- Die Verwaltung des bebauten und unbebauten Grundbesitzes - wie z. B. Vergabe und Verwaltung der Erbbaurechte, Vermietung kirchengemeindlicher Wohnungen, Verpachtung landwirtschaftlicher Grundstücke, Dienstwohnungen
- Bauliche Instandhaltung kirchengemeindlicher Gebäude. Der kanonische Pfarrer leitet den Kirchengemeindeverband. Die Leitung der Kirchenvorstands-Sitzungen wird in der Regel dem stellvertretenden Vorsitzenden übertragen;
damit wird der Pfarrer entlastet.

Auch in dieser Variante sind Teilfusionen zwischen den beteiligten Pfarreien als freie Entscheidung des Seelsorgebereiches selbstverständlich möglich. Erst recht die Weiterentwicklung in Richtung Fusion zu einer Pfarrei.

2. Fusion zu einer Pfarrei
In aller Regel läuft diese Fusion über eine Verschmelzung der bestehenden Kirchengemeinden zu einer neuen Kirchengemeinde, d.h. die bestehenden Kirchengemeinden lösen sich auf, der Erzbischof errichtet eine neue Kirchengemeinde, die mit Genehmigung des Regierungspräsidenten den Rechtsstatus einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erwirbt.
Festzulegen ist, welche der bisherigen Pfarrkirchen die neue Pfarrkirche sein soll; die neue Pfarrgemeinde erhält einen neuen Namen, in der Regel den der Pfarrkirche. Die rechtlich selbstständigen Fonds: Fabrikfonds, Pfarrfonds etc. bleiben mit ihrer Zweckbestimmung bestehen.

Die neue Kirchengemeinde wird Rechtsnachfolgerin der aufgelösten Kirchengemeinden und übernimmt damit auch die Betriebsträgerschaften aller Einrichtungen der aufgelösten Kirchengemeinde sowie die bei
diesen angestellten Mitarbeiter.