Psychologe über das Glück der Ehe

Die Liebe muss atmen

Glück interpretiert jeder anders: Der eine braucht nur einen Kaffee in der Sonne, der andere einen Lotto-Gewinn. Der Psychologe Wolfgang Krüger sagt: Die Ehe macht uns heute glücklicher als früher. Wie kommt er zu der Ansicht?

Eheringe mit dem Wort Liebe / © Rolf Vennenbernd (dpa)
Eheringe mit dem Wort Liebe / © Rolf Vennenbernd ( dpa )

DOMRADIO.DE: Sie haben selbst relativ spät geheiratet, nämlich mit 69 Jahren. Sind Sie denn jetzt glücklicher als vorher?

Dr. Wolfgang Krüger (Psychologe und Paartherapeut): Ich bin glücklicher. Wenn man Freunde trifft und dann stellt der andere einen vor und sagt: Das ist mein Partner. Das klingt so sehr distanziert. Und ich habe ganz bewusst beschlossen, irgendwann zu heiraten. Ich habe dann geheiratet, als ich wusste, wie eine Partnerschaft wirklich gelingt, als ich das Gefühl hatte: Das wird jetzt eine lebenslängliche Beziehung. Und ich freue mich immer noch - jetzt nach über zwei Jahren - dass ich einen Ring trage und dass ich das Gefühl habe: Heiraten erzeugt eine ganz andere, unverbrüchliche Bindung - wir beide gehören zusammen.

DOMRADIO.DE: Wie genau gelingt das denn? Haben Sie ultimative Tipps?

Krüger: Ich beschreibe das in einem Buch: Die Grundlage einer Beziehung ist die Stimmung, die wir haben - eine Stimmung von Respekt, von Zuwendung, wo wir jeden Tag kleine Bindungsfaktoren herstellen, mit denen wir Anerkennung geben. Und das Allerwichtigste ist: Man sollte nie - auch im Streit - versuchen, den Partner zu ändern. Das ist eines der Hauptprobleme, die wir haben. In einer Liebesbeziehung muss ich immer gucken, den Schwerpunkt des Lebens in mir zu behalten, sodass ich eine Geschicklichkeit habe, mit dem Partner umzugehen.

DOMRADIO.DE: Sie sagen: Die Ehe macht uns heute auch glücklicher als früher. Was ist denn der Unterschied zwischen Ehen damals und heute?

Krüger: Wenn Sie sich die Ehen unserer Eltern ansehen - das war ja mitunter gruselig. Da hatten wir Ehen, die im Wesentlichen Versorgungsehen waren. Man hat geheiratet, weil man Absicherung haben wollte. Heiraten hatte finanzielle Gründe, hatte mit Kindern zu tun. Und in dem Augenblick, wo man verheiratet war, hörte oftmals die Bemühung um den Partner auf.

Deshalb war ja in der Studentenbewegung das Heiraten so schlecht angesehen. Da sagte man: Heiraten, das ist der Tod der Liebe. Und nur, wenn man quasi selbstständig bleibt, kann die Liebe weiterleben. Das hat sich grundlegend geändert. Heute heiraten die Leute, nachdem sie längere Zeit zusammen gewohnt haben. Wenn sich sich geprüft haben, sich richtig kennengelernt haben. Partner haben eigene Freundschaften, sie behalten ihr Eigenleben und dadurch atmet die Liebe.

DOMRADIO.DE: Singles, die dieses Gespräch jetzt gerade verfolgen, werden vielleicht insgesamt widersprechen und werden sagen: Ich fühle mich aber doch auch ohne Ehefrau und ohne Ehemann sehr glücklich.

Krüger: Natürlich können Sie auch als Single heute glücklich werden, gerade in Großstädten. Wir können unser Leben auch ohne Partner organisieren, indem wir möglichst viele Freundschaften haben und eigene Interessen. Aber wir wissen, es gibt dunkle Stunden im Leben. Es gibt Nächte, wo man manchmal nicht ganz genau weiß, wie man sie übersteht. Und wir wissen, dass auch Liebesbeziehungen schwierig sein können. Aber insgesamt sind Menschen, die eine Liebesbeziehung haben, glücklicher als Singles. Die meisten Singles sind auch nur vorübergehend Singles, etwa für mehrere Jahre. Es gibt wenige Singles, die überzeugte Singles sind, ihr Leben lang.

DOMRADIO.DE: Sie sind auch Paartherapeut. Heißt das, Ihr Appell insgesamt lautet: Leute heiratet?

Krüger: Man sollte heiraten, wenn man sich lange geprüft hat, wenn man gemerkt hat, man hat begriffen, wie eine Beziehung funktioniert. Wenn man gemerkt hat: Die Beziehung wird immer besser. Dann sollte man heiraten. Denn, wenn wir näher zusammengehen, wenn wir zusammenziehen, wenn wir heiraten, verbessert das eine Beziehung, weil man gewissermaßen mehr Bindungsfaktoren herstellt. 

Das Interview führte Verena Tröster.


Quelle:
DR
Mehr zum Thema