Fragen und Antworten zur "Ehe für Alle"

Normalität in 14 EU-Ländern

Die Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel stellt einen Kurswechsel zur "Ehe für alle" in Aussicht.  Doch wie ist die Lage in anderen Ländern? Und worin genau besteht der Unterschied zwischen Lebenspartnerschaft und Ehe.

Autor/in:
Christoph Arens
Ehe für alle?  / © Jörg Loeffke (KNA)
Ehe für alle? / © Jörg Loeffke ( KNA )

Wie wird Homosexualität weltweit bewertet?

1990 beschloss die Weltgesundheitsorganisation (WHO), Homosexualität von der Liste der psychischen Krankheiten zu streichen. In vielen westlichen Ländern wurden bereits in den späten 60ern oder 70er Jahren die Paragrafen abgeschafft, laut denen Homosexualität strafbar war. Das öffentliche Bekenntnis zur Homosexualität ist zumindest in Westeuropa kein Tabu mehr. Trotzdem werden in vielen Ländern, zum Beispiel in Russland, Schwule und Lesben weiter diskriminiert. In anderen Teilen der Welt gelten gleichgeschlechtliche Beziehungen immer noch als illegal, besonders in Afrika und in einigen arabischen Ländern.

 

Wie sieht die rechtliche Situation homosexueller Partnerschaften in der EU aus?

In 14 EU-Ländern können Homosexuelle mittlerweile die Ehe eingehen. 1989 erlaubte Dänemark als erstes Land standesamtlich registrierte Partnerschaften gleichgeschlechtlicher Paare. 2001 waren es die Niederlande, die als weltweit erster Staat die "Homo-Ehe" auf den Weg brachten. Zwei Jahre später folgten Belgien und Spanien, später Norwegen, Schweden, Portugal, Dänemark, Frankreich, Luxemburg, Slowenien und Großbritannien (mit Ausnahme von Nordirland). 2015 und 2016 erlaubten auch die katholisch geprägten Länder Irland (nach einer Volksabstimmung) und Italien die "Homo-Ehe"; dort gibt es allerdings Einschränkungen beim Adoptionsrecht. Als vorerst letztes Land folgte im März 2017 Finnland. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied 2016, dass die "Homo-Ehe" kein Menschenrecht sei. Staaten in Europa haben demnach das Recht, die Gleichstellung zu verweigern und die Ehe als exklusives Rechtsinstitut für Mann und Frau zu definieren.

 

Und was besagt das Recht in Deutschland?

2001 hat die rot-grüne Koalition für homosexuelle Paare die Möglichkeit einer eingetragenen Lebenspartnerschaft durchgesetzt. Diese sichert ihnen ähnliche Rechte wie Heterosexuellen zu, zum Beispiel die Option auf einen gemeinsamen Namen oder bestimmte Versorgungsregelungen bei Trennung oder Tod. Wichtige Regelungen wie das Besuchsrecht in Krankenhäusern und das Aufenthaltsrecht für Nicht-Deutsche in binationalen Partnerschaften wurden eingeführt. Das Bundesverfassungsgericht forderte in den vergangenen Jahren in mehreren Urteilen eine steuerliche Gleichstellung, etwa die Gewährung des Familienzuschlags für verpartnerte Beamte sowie die Abschaffung von Ungleichheiten bei der Erbschafts- und Grunderwerbssteuer.

 

Wo bestehen weiter rechtliche Unterschiede zwischen Lebenspartnerschaft und Ehe?

Der größte Unterschied besteht beim Adoptionsrecht: Homosexuelle Lebenspartnerschaften können bislang nicht gemeinsam ein Kind adoptieren. Seit 2005 kann allerdings ein Partner leibliche Kinder des anderen annehmen; diese sogenannte Stiefkindadoption ist der häufigste Fall bei Adoptionen. Seit 2014 haben eingetragene Lebenspartnerschaften auch das Recht auf eine Sukzessivadoption. Das heißt, sie dürfen nach einer bestimmten Frist ein Kind adoptieren, das einer der Partner bereits adoptiert hat.

 

Was hat die Bundesregierung bislang getan?

Im Koalitionsvertrag sprachen sich 2013 Union und SPD allgemein gegen eine Diskriminierung Homosexueller aus. Rechtliche Regelungen, die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften schlechter stellen, sollten in allen gesellschaftlichen Bereichen beseitigt werden. 2015 wurden in einem Gesetzentwurf von Justizminister Heiko Maas (SPD) in 23 verschiedenen Gesetzen und Verordnungen die Vorschriften für die Ehe auf Lebenspartnerschaften ausgedehnt. In den vergangenen Wochen machten SPD, Grüne, Linke und FDP die völlige Gleichstellung von Homosexuellen bei der Ehe zur Bedingung für eine Koalition nach der Bundestagswahl.

 

Wie sehen die christlichen Kirchen allgemein gleichgeschlechtliche Paare?

Nach katholischem Verständnis ist die Ehe ein Sakrament, das nur zwischen einer Frau und einem Mann geschlossen werden kann. Auch eine Segnung gleichgeschlechtlicher Paare wird weithin abgelehnt. Die evangelische Kirche betont, dass die Segnung nicht mit der christlichen Trauung zu verwechseln sei. In einer Vielzahl der Landeskirchen sind Segnungen nach Genehmigung durch die Kirchengemeindeleitung und den Ortspastor möglich. Altkatholische Kirchen ermöglichen ebenfalls die Segnung der Paare.

 

Und warum ist die katholische Kirche gegen die "Ehe für alle"?

Der Familienbischof der Bischofskonferenz, der Berliner Erzbischof Heiner Koch, betont, eine "Ehe für alle" wäre ein Bruch mit einem Jahrhunderte alten Eheverständnis und würde eine qualitative Neuausrichtung des Begriffs Ehe bedeuten. Diese Position der Bischöfe sei "keinesfalls homophob motiviert", sagte Koch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Eine Unterscheidung zwischen Ehe und einem Rechtsinstitut für gleichgeschlechtliche Paare bedeute keine Diskriminierung, ganz im Gegenteil werde so "der Unterschiedlichkeit der Lebensformen adäquat Rechnung getragen". Für die Kirche sei die Ehe die lebenslange Verbindung von einem Mann und einer Frau mit prinzipieller Offenheit für die Weitergabe von Leben. Eine Öffnung des Ehebegriffs könne eine Spaltung des Verständnisses von Ehe herbeiführen und "zu einer allgemeinen und nicht zuletzt rechtlichen Verwirrung" beitragen.

 


Quelle:
KNA