Schwangerer Mann sorgt für Aufsehen

Vater, Mutter, Kind?

Besondere Schlagzeilen macht derzeit Hayden Cross. Der 20-jährige aus Großbritannien ist seit drei Jahren offiziell ein Mann - aber biologisch noch eine Frau. Deshalb konnte er schwanger werden.

Autor/in:
Christiane Link
Mutter, Vater, Kind / © Jens Kalaene (dpa)
Mutter, Vater, Kind / © Jens Kalaene ( dpa )

Auf dem Ausweis für Schwangere steht "Mr Hayden Cross". Das ist auch korrekt, denn seit drei Jahren ist Cross offiziell ein Mann. Dennoch ist der Brite nun im sechsten Monat schwanger. Das wird in den britischen Medien als Sensation gehandelt, ist aber eigentlich einfach zu erklären: Der junge Mann aus Gloucester im Westen Englands ist dabei, eine Geschlechtsangleichung vorzunehmen. Er wurde biologisch als Frau geboren und ist daher in der Lage, ein Kind auszutragen.

Doch seit drei Jahren ist Cross offiziell ein Mann und wird damit der erste Mann im Königreich sein, der innerhalb des britischen Gesundheitsservice NHS ein Kind zur Welt bringt. Sein Bauch, den der 20-Jährige stolz britischen Medien präsentiert, erweckte einiges Aufsehen. Er steht Rede und Antwort und ist davon überzeugt, ein guter Vater werden zu können.

Schwanger dank Samenspende

Eigentlich wollte Cross vor seiner Geschlechtsangleichung seine Eizellen einfrieren lassen, um später Vater werden zu können. Aber der nationale Gesundheitsdienst NHS lehnte das ab. Eine private Behandlung hätte ihn mehrere Tausend Pfund gekostet, die der arbeitslose Brite nicht aufbringen konnte.

Also entschied er sich für einen anderen Weg. Er fand auf Facebook einen Samenspender und wurde tatsächlich schwanger. Seine geschlechtsangleichende Behandlung mit Hormonen musste er dafür aussetzen. Das ist auch der Grund, warum er sich dafür entschied, so früh schwanger zu werden.

"Zwei Wochen nachdem ich die Samen eingesetzt hatte, wurde ich schwanger", sagte Hatton der britischen Zeitung "The Sun". Er sei zwar froh gewesen, schwanger zu sein. Aber er habe auch gemischte Gefühle, weil er gewusst habe, dass er seine Geschlechtsangleichung unterbrechen müsse: "Ich hatte gerade angefangen, endlich ich selbst und körperlich ein Mann zu werden, aber jetzt entwickelt sich mein Körper erst einmal wieder in die andere Richtung." Er mache sich Sorgen, wie sein Körper sich während der Schwangerschaft verändern werde, aber er hoffe auch, dass er damit andere Menschen dazu inspiriere, sich in ihrer eigenen Haut wohlzufühlen.

Etwa 3.000 Menschen pro Jahr erhalten in Großbritannien geschlechtsangleichende Behandlungen mit Hormonen, zwei Drittel davon sind biologisch Männer, die körperlich zur Frau werden möchten. Die Behandlung übernimmt der nationale Gesundheitsservice NHS vollständig. Der NHS verzeichnete im Jahr 2015 allein 330 Operationen mit geschlechtsangleichenden Eingriffen.

Nicht der erste schwangere Mann

Hayden Cross ist nicht der erste schwangere Mann, der medial für Aufsehen sorgt. 2008 brachte der Amerikaner Thomas Beatie aus Arizona sein erstes Kind zur Welt. Beatie sagte, Hayden Cross brauche "ein dickes Fell", um zu überstehen, was jetzt auf ihn zukomme. Er sei Anfeindungen und Hass ausgesetzt gewesen. Menschen beschimpften ihn als Perversen und drohten, ihn und sein ungeborenes Baby umzubringen.

Auch in Deutschland brachte im Jahr 2013 ein Mann ein Kind zur Welt und wurde als Vater ins Personenstandsregister eingetragen. Im österreichischen Graz hat erst im vergangenen Monat ein Mann ein Kind zur Welt gebracht. In vielen Ländern ist eine körperliche Totalveränderung nicht mehr nötig, um offiziell das Geschlecht anzugleichen.

Trotz einzelner aufsehenerregender Fälle bleibt die Zahl von transidenten Männern, die einen Kinderwunsch haben und diesen auch verwirklichen, weltweit gering. Es ist nicht bekannt, wie viele der Transmänner in Großbritannien schwanger werden möchten. Ein Psychiater nannte die Zahl dieser Menschen in einem BBC-Interview "verschwindend gering".

Dennoch hat die British Medical Association, die Standesorganisation britischer Ärzte, jetzt empfohlen, künftig nicht mehr von "werdenden Müttern" sondern von "schwangeren Menschen" zu sprechen - um auch intersexuelle und transidente, auch bekannt als transsexuelle Menschen nicht auszuschließen. Organisationen und transidente Menschen begrüßten den Vorstoß. Schwangere Männer seien schließlich keine "werdenden Mütter", sondern eben Väter.


Quelle:
epd