Studie: Trotz Jobs nimmt die Betreuung durch Eltern zu

Eltern verbringen mehr Zeit mit ihren Kindern

Beide Elternteile arbeiten und die Zeit für die Kinder bleibt auf der Strecke: Das ließe sich vermuten. Das Gegenteil ist aber der Fall - das zeigt nun eine US-amerikanische Studie. Die Caritas bestätigt das.

Autor/in:
Verena Tröster, Melanie Trimborn
Neue Studie: Eltern nehmen sich mehr Zeit für ihre Kinder / © Frank Leonhardt (dpa)
Neue Studie: Eltern nehmen sich mehr Zeit für ihre Kinder / © Frank Leonhardt ( dpa )

Essen vorbereiten, füttern, baden, nachts aufstehen, Schulaufgaben machen und spielen: Kinderbetreuung kostet Zeit. Wieviel - das hat sich im Laufe der Jahrzehnte deutlich gewandelt. Eine Untersuchung der Soziologinnen Giulia Maria Dotti Sani und Judith Treas bringt eine erstaunliche Erkenntnis: Trotz Vollzeitjobs und einer Gesellschaft im Dauereinsatz hat die Zeit für Kinder zugenommen.

Mütter verbingen laut einer Studie der Universität von Kalifornien in Irvine doppelt so viel Zeit mit ihren Kindern als noch in den 60er Jahren, heißt es in der Januar-Ausgabe der Zeitschrift "Psychologie heute". Durchschnittlich sind es 104 Minuten pro Tag, im Vergleich zu 54 Minuten im Jahr 1965. Und auch bei den Vätern hat sich die Zeit für die Kinder von 16 Minuten täglich auf etwa 59 Minuten vervierfacht. Für die Untersuchung wurde ein Datensatz von 122.300 Müttern und Vätern aus elf westlichen Ländern im Zeitraum zwischen 1965 und 2012 ausgewertet.

Den Leiter der Eltern-Beratungsstelle der Caritas in Bonn, Peter Conzen, wundern die Studienergebnisse nicht. In der Praxis habe er ähnliche Erfahrungen gemacht. Zudem holten sich viele Eltern Tipps bei den Erziehungs-Profis. "Die Bereitschaft sich beraten zu lassen, ist bei vielen Eltern größer geworden", sagte er domradio.de. Die Anmeldezahlen zur Erziehungsberatung hätten sich in den letzten Jahren erhöht. Bei den Vätern habe er auch einen Wandlungsprozess festgestellt. "Was auch sehr erfreulich ist, dass sich auch Väter in den Beratungsprozess begeben und hier sehr aufgeschlossen sind."

Akademiker haben die meiste Zeit

Die Studie, bei der die Probanden per Tagebuch ihre täglichen Aktivitäten mit ihren Kindern festgehalten hatten, ergab zudem, dass Akademiker-Eltern am meisten Zeit mit ihren Kindern verbrachten. Bei Müttern mit Hochschulabschluss waren es täglich 29 Minuten mehr als bei anderen Müttern und bei den Vätern zeigte sich mit 24 Minuten ein ähnliches Bild.

Die Forscherin Judith Treas erklärt gegenüber dem Wissenschaftsportal phys.org, dass sie von dem Ergebnis überrascht gewesen sei. "Wirtschaftstheorien zufolge sollten höhere Löhne gut gebildete Eltern eigentlich nicht dazu bringen, weniger zu arbeiten und mehr Zeit mit ihren Söhnen und Töchtern zu verbringen." Sie könnten sich eine Fremdbetreuung leisten. Peter Conzen von der Caritas erklärt sich das so: "Wir leben in einer sehr gehetzten Zeit. Da wollen wir uns nichts vormachen. Aber mit gutem Willen gelingt es Eltern schon, sich immer wieder Zeitschienen einzurichten." Viele Eltern würden sich auch bei der Caritas nach Hilfe für Zeitmanagement informieren – also, wie sie ihre Zeit organisieren können, um sie mit den Kindern zu verbringen.

"Es muss ja nicht jeden Tag sein."

Die Forscherinnen begründen das Mehr an Zeit mit einem Trend: Eltern wollen die positive Entwicklung ihrer Kinder mehr denn je unterstützen, damit sie zum Beispiel in der Schule besser mitkommen. Erziehungs-Experte Conzen rät den Eltern dennoch zur Gelassenheit. Eine intensive Zeit mit Kindern müsse "nicht jeden Tag sein." Auch am Wochenende wäre eine Möglichkeit sich für die Kinder frei zu halten. Die Eltern könnten auch zwei oder drei Mal im Jahr bestimmte Aktionen mit den Kindern planen. "Das kommt im Bewusstsein von Kindern sehr gut an", sagt der Leiter der Caritas-Beratungsstelle.


Quelle:
DR