Schwesig plant reduzierte Arbeitswoche und 300 Euro pro Kind

Auf dem Weg zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig hat stets daran festgehalten: Die Familienarbeitszeit ist ihr Zukunftsprojekt. Jetzt stellte sie ihren Reformplan vor. Der Familienbund der Katholiken spricht von einem "interessanten Vorschlag".

Autor/in:
Anna Mertens
Ziel: Familie und Beruf unter einen Hut bringen / © Daniel Karmann (dpa)
Ziel: Familie und Beruf unter einen Hut bringen / © Daniel Karmann ( dpa )

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) ist eisern. Sie hat an ihrer Familienarbeitszeit festgehalten - allem Gegenwind zum Trotz. Am Montag stellte die Ministerin, die selbst erst im März zum zweiten Mal Mutter geworden ist, ihr Konzept vor: Weniger Wochenstunden für beide Elternteile und bis zu zwei Jahre 300 Euro monatlich pro Kind unter acht Jahren. Das Lob der Familienverbände kam umgehend, zeitgleich mit der Kritik der Union.

Das Modell treffe "den Nerv" der jungen Generation, so Schwesig. Mütter wünschten sich früher wieder zu arbeiten und Väter wollten "mehr als nur für den Guten-Nacht-Kuss da sein". Auch sei das Konzept "ein wichtiger Beitrag zur Schließung der Lohnlücke" zwischen Mann und Frau. "Das Elterngeld ist eine Erfolgsgeschichte, aber das ist zu kurz gesprungen", so die Ministerin. Die Familienarbeitszeit sei ihr "realistischer Vorschlag" für eine nötige Ergänzung.

28 und 36 Wochenstunden Arbeitszeit

Konkret sieht das Konzept vor, dass beide Elternteile zwischen 28 und 36 Wochenstunden über einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren arbeiten. Das entspreche 80 bis 90 Prozent der regulären Vollzeit. "Die Arbeitszeit muss vollzeitnah sein", erklärte Schwesig. Damit solle verhindert werden, dass etwa teilzeitarbeitenden Alleinerziehenden infolge geringer Rentenbeiträge Altersarmut drohe.

Während der Familienarbeitszeit erhalte jedes Elternteil, egal ob Arbeitnehmer oder Selbstständiger, pro Kind pauschal 150 Euro. Für Paare ergebe sich damit ein Zuschuss von 300 Euro, ebenso sollten Alleinerziehende den vollen Betrag von 300 Euro erhalten. Bei getrennten Paaren, die sich beide an der Erziehung beteiligten, solle jeder 150 Euro individuell erhalten. Eine Einkommenshöchstgrenze der Eltern sei anders als beim Elterngeld nicht vorgesehen.

Eine Milliarde Euro Kosten für den Bund

Die Familienarbeitszeit könne auch phasenweise bis zum achten Lebensjahr des Kindes genommen werden und für jedes Kind. Insofern sei eine gestaffelte Familienarbeitszeit bei mehreren Kindern denkbar, erklärte Schwesig. Sie rechne mit Kosten von circa einer Milliarden Euro für den Bund.

Die SPD-Politikerin will über die Ausgestaltung des Konzeptes bei einem Zukunftskongress im September sprechen. Sie halte das Modell auch als Vorlage anwendbar für Familien mit pflegebedürftigen Angehörigen. Wenn es nicht in dieser Legislaturperiode durchkomme, sei es ein Projekt für die Zukunft. "Ich stehe dafür bereit, es sofort umzusetzen", so Schwesig.

CDU sieht Konzept kritisch

Das dürfte angesichts der Reaktionen aus der Union fraglich sein. Der familienpolitischen Sprecher der Fraktion, Marcus Weinberg (CDU), sprach von verfassungsrechtlichen Bedenken und nannte das Konzept unrealistisch. Auch wirke das Familiengeld wie eine "Arbeitsprämie" und benachteilige Eltern, die weniger arbeiten wollten.

Die Vize-Fraktionsvorsitzende der Union, Nadine Schön (CDU), verwies auf das ElterngeldPlus. Damit können Eltern, die Teilzeit arbeiten, statt 14 Monate bis zu zwei Jahre Elterngeld beziehen - die Hälfte des vollen Elterngelds von 300 bis maximal 1.800 Euro. Arbeiten beide Eltern je zwischen 25 und 30 Stunden verlängert der Bezug sich um weitere vier Monate.

Die Grünen nannten Schwesigs Vorschlag indes ein "viel zu enges Korsett für die meisten Familien". Umgehende Kritik kam auch von den Arbeitgebern. Der Präsident der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände, Ingo Kramer, sagte der "Bild" (Dienstag), das Modell verteile das Geld "mit der Gießkanne". Viel wichtiger sei es, Ganztagskitas und Ganztagsschulen zu fördern.

Familienbund der Katholiken: "Interessanter Vorschlag"

Das Zukunftsforum Familie zeigte sich erfreut über den Vorstoß. Gerade junge Eltern brauchten zeitliche Entlastungen, idealerweise partnerschaftlich organisiert. Die evangelische Arbeitsgemeinschaft Familie lobte, dass Modell sei unbürokratisch, einfach und nehme die Wünsche der Eltern ernst.

Der Familienbund der Katholiken sprach indes etwas verhaltener von einem "interessanten Vorschlag". Familienarbeitszeit sollte jedoch Eltern den Anreiz geben, die gemeinsame Erwerbszeit zu reduzieren, dass gehe aus dem Konzept nicht hervor. Der Familienbund plädierte daher für ein Familiengeld von 300 Euro monatlich, "unabhängig von der Erwerbsarbeit beider Eltern und der Betreuungsform der Kinder".


Quelle:
KNA