Homosexualität in der Kirche

Teresa und Cristiana

Als sie sich kennenlernten, wusste keine von beiden, dass sie lesbisch ist. Teresa war 16, Cristiana war 19. Auf Schüleraustausch in Brasilien sind sie sich begegnet und haben sich unsterblich verliebt. Beide stellen sich den Fragen von domradio.de.

 

 (DR)

domradio.de: Wenn man euch als lesbisch bezeichnet, ist das eine Beleidigung? Oder ist es einfach ein Fakt?

Christiana: Das ist ein Fakt.

Teresa:  Ja, nein, kein Problem.

domradio.de: ihr seid zwei Menschen, die sich über Kontinente hinweg kennengelernt haben, verliebt haben, geheiratet haben - also ihr lebt in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft - und dann hier gemeinsam nach Köln gezogen seid. Wie hat das alles angefangen? Wie habt ihr euch kennengelernt?

Teresa: Es hat angefangen 2005, als ich auf einem Jugendkongress war der Fokolarbewegung in Rom. Ein internationales Treffen von Jugendlichen für eine geeinte Welt. Dort habe ich viele verschiedene Jugendliche getroffen, unter anderem einige aus Brasilien, unter anderem Cristianas Schwester. Ich habe dann danach, das waren nur einige Tage in Rom, meinen Schüleraustausch, ganz unabhängig davon, organisiert. Und ich plante in der elften Klasse ein Jahr in einem anderen Land zur Schule zu gehen. Ich tat dies mit einer Agentur, mit einer Schüleraustauschorganisation. Und die platzierten mit dann in Brasilien. Parallel zu dieser ganz offiziellen Organisation habe ich weiter Kontakt gehalten mit Fernanda, mit Crristianas Schwester. Und da entstand dann auch Kontakt online mit Crristiana. Sie kam dann auf die Idee, dass ich das Jahr in Brasilien auch direkt zu ihrer Familie verbringen könnte, die auch - so wie meine Familie in Deutschland - Mitglieder der Fokolarbewegung waren.

domradio.de: Und wann habt ihr zwei euch kennengelernt?

Cristiana: Ich kam nach Hause, so eines Tages und der Computer war an. Und einer hat da gesprochen, aber meine Schwester war gar nicht zu Hause. Und ich habe dann geantwortet, auf Englisch. Ich war total aufgeregt, weil ich eine Möglichkeit hatte Englisch zu reden. Und da haben wir angefangen zu chatten.

domradio.de: Du Teresa sprichst aber auch Portugiesisch?

Teresa: Genau. Während des Austauschjahres, ungefähr nach zwei Monaten, haben wir dann auch umgestellt, da habe ich dann angefangen Portugiesisch zu sprechen. Genau.

domradio.de: Habt ihr während dieses Austauschjahres ein Jahr lang gemeinsam in einem Haus gelebt?

Cristiana: Nein. Teresa ist angekommen. Zwei Monate später vielleicht waren wir zusammen. Das ging relativ schnell. Und dann nach drei Monaten, hat meine Familie alles mitbekommen, dass wir zusammen waren. Und Teresa wurde rausgeschmissen.

Teresa: Genau. Ich wurde dann rausgeschmissen und habe die Hälfte des Jahres, weitere sechs Monate, in einer anderen Stadt verbracht.

domradio.de: Wie seid ihr zusammengekommen? Als Frau und Frau.

Teresa: Das war relativ spannend, auf eine Art auch natürlich. Man könnte fast sagen, es hat sich so ergeben. Es war so, dass ich vorher, als ich aus Deutschland losging zu diesem Jahr mit meinem damaligen Freund Schluss gemacht habe. Und als ich in Brasilien ankam, hatte Cristiana glaube ich auch noch einen Freund. Das endete dann. Und wir haben uns einfach sehr, sehr gut verstanden, direkt.

Cristiana: Ich habe keine Erklärung. Wir waren plötzlich zusammen.

domradio.de: Aber es gibt ja so diesen einen Moment, wo man sich das erste Mal in die Augen blickt und merkt, hier, da ist was.

Teresa: Das gab es. Wir haben uns geküsst. Und das war auch sehr erschreckend. Weil ich natürlich auch nicht wusste, was sie denkt. Sie wusste nicht,  was ich denke. Wir wussten es nicht einzuordnen. Wir wussten nicht, also, ob wir das jetzt möglichst schnell vergessen und weiter befreundet sind. Und dann haben wir darüber gesprochen und das sacken lassen und zusammen überlegt, was das jetzt bedeutet oder nicht und so.

domradio.de: Wie kommt es denn zu dem Moment, dass man als Frau eine Frau küsst?

Cristiana: Es sollte vielleicht komisch sein, aber irgendwie war es für mich nicht komisch. Das war für mich wie ein Licht in meinem Kopf. Ach, deswegen haben meine Beziehungen vorher nicht geklappt. Das ist, was fehlte. Aber ich wusste es nicht.

Teresa: In dem Moment haben wir gelesen, ein Buch zusammen, um meine Aussprache des Portugiesischen zu verbessern. Wir waren einander schon normal nahe. Aber ja, dann kam es dazu.

domradio.de: Ihr zwei habt euch gefunden. Aber geht nicht gleichzeitig im Kopf so eine Lampe an: Moment mal, ich bin lesbisch. Ich bin nicht so, wie andere Leute von mir erwarten, dass ich sein sollte?

Cristiana: Ich habe gedacht, ich sollte Angst haben. Ich sollte mich wie verrückt fühlen vielleicht. Aber: Wieso fühle ich mich dann so sicher und so gut? Und wieso habe ich jetzt kein Problem? Ich hatte kein Problem. Es war für mich das Richtige. Das mein Herz sagt. Für meine Familie allerdings, war das nicht so toll.

domradio.de: Wie war das?

Cristiana: Das war sehr schlimm. Teresa hat in der Zeit bei uns gelebt.

Teresa: Für die Familie war das absolut inakzeptabel. Rückblickend war das natürlich eine zusätzliche Brisanz, dass da eine Austauschschülerin im eigenen Haus, beteiligt war. Diese ganze Seite verstehen wir natürlich auch. Und dann aber zusätzlich hatten glaube ich Chris‘ Eltern besonders Sorgen, um ihre Zukunft in der Gesellschaft.

domradio.de: Das heißt, bei der Familie ist dann quasi eher die Angst vor dem Etikett da, wie du abgestempelt wirst.

Cristiana: Genau. Meine Eltern haben sogar gesagt. Wenn du das weiterführen möchtest, darfst du es keinem erzählen. Darf keiner davon wissen. Ja.

domradio.de: Habt ihr denn versucht denn eure Beziehung erst mal geheim zu halten?

Teresa: Zu dem Zeitpunkt war es dafür schon fast zu spät. Die Familie wusste es. Engen Freunden hatten wir es dann erzählt. Und wir haben es dann für den Rest meines Austauschjahres mehr oder weniger geheim gehalten, engen Menschen erzählt.

Cristiana: Als meine Eltern das mitbekommen haben, war es wichtig für mich, es auch zuzugeben. Sie haben gefragt, ist das wahr? Ja. Das ist wahr. Weil ich wusste, wenn ich in dem Moment verneine hätte ich meine Beziehung nie eingestanden. Die Situation war schlimm, aber ich habe zu unserer Beziehung gestanden. Ja. Ich liebe sie. Und wir sind zusammen. Wir haben vorher versucht, das zu verstecken, aber es kam schon raus und sie haben alles mitbekommen.

domradio.de: Was haben denn deine Freunde in Brasilien dazu gesagt?

Cristiana: Meine Freunde waren total locker. Sie konnten es am Anfang nicht glauben, weil sie mich schon mit Männern gesehen haben. Aber es war total locker.

domradio.de: Wenn euch jemand als Lesben bezeichnet, habt ihr damit kein Problem?

Cristiana: Nein. Aber ich habe immer gelernt, dass Homosexualität eine Krankheit ist. Und in der Schule hatte ich zum Beispiel eine lesbische Freundin, also nicht Freundin, Bekannte. Es wurde mir immer gesagt, du darfst nicht mit diese Mädchen befreundet sein, weil sie krank ist.

domradio.de: Aber hast du denn nicht die Angst gehabt, dass die Leute dann das Gleiche über dich denken werden?

Cristiana: Nein, irgendwie habe ich gefühlt, das ist keine Krankheit. Das ist ein schönes Gefühl. Ich liebe Teresa. Und wir sind zusammen. Und wir sind glücklich. Es kann nicht sein, dass es eine Krankheit ist.

domradio.de: Hört ihr denn lieber das Wort Homosexuell oder ist das dann schon wieder zu fachlich, zu verstockt?

Teresa: Nein, das geht auch das Wort. Das ist uns glaube ich egal.

domradio.de: Bevor ihr euer Leben in Deutschland begonnen habt, gab es aber auch ein paar Jahre Fernbeziehung.

Teresa: Nach dem Jahr ging ich nach Deutschland zurück, um mein Abitur zu machen, die Oberstufe zu beenden. In der Zeit war Christiana dann in Brasilien und hat studiert. Wir haben uns möglichst oft, das war über zweieinhalb Jahre, besucht, immer abwechselnd. Das war schwierig, aber es ging. Wir haben versucht uns immer ein Ziel zu setzen, ein festes Datum, einen Zeitpunkt, wann wir uns wiedersehen würden. Und haben zwischendurch immer Pläne gemacht, geschmiedet, wie wir uns langfristig wiedersehen könnten. Also die haben wir dann auch wieder verworfen, ob sie vielleicht ein Au-Pair-Jahr in Deutschland machen würde oder eine andere Art des Austausches. Aber wir hatten immer wieder ein Ziel vor Augen.

domradio.de: Fernbeziehung läuft dann einfach über Skype und so was?

Cristiana: Ich durfte mein Notebook und PC zu Hause nicht mehr nutzen, weil meine Eltern nicht wollten, dass ich mit Teresa Kontakt halte. Ich hatte nur ein Handy, ein kleines alte Handy. Das war unser Kommunikationsmittel.

Teresa: Ich habe internationale Telefonkarten verwendet. Und wir haben dann immer nur telefoniert im Grunde.

Cristiana: Ich wurde sehr stark kontrolliert zu Hause, nur dieses kleines Handy nicht.

domradio.de: Wie hat sich denn die Beziehung zu deinen Eltern, zu deiner Familie in dieser Zeit verändert?

Christiana: Jedes Mal, wenn ich nach Deutschland geflogen bin, war es ein Drama zu Hause. Sie dachten ich würde nicht zurückfliegen. Aber das war Quatsch. Ich wollte mein Studium beenden.

domradio.de: Wie steht denn Brasilien allgemein zum Thema Homosexualität? Also die Gesellschaft?  

Cristiana: Die Situation ist nicht gut.

Teresa: Brasilien ist ursprünglich ein sehr katholisches Land, wird mittlerweile aber noch stärker evangelikal von Freikirchen fast dominiert. Die Gesellschaft ist immer noch sehr stark gegen Homosexualität. Gesetzlich hat sich 2013 etwas geändert. Als wir zusammenkamen war es noch nicht so, auch nicht als wir die eingetragene Lebenspartnerschaft eintragen ließen. Aber mittlerweile gibt es auch dort eine Art der eingetragenen Lebenspartnerschaft.

domradio.de: Merkt ihr denn, wenn ihr in Brasilien zusammen auf der Straße unterwegs seid, dass euch die Leute komisch angucken?

Cristiana: Wir sind ganz neutral auf der Straße. Wir trauen uns nicht Händchen zu halten oder uns zu küssen.

Teresa: Wir sind sehr zurückhaltend.

domradio.de: Und das ist hier anders?  

Cristiana: Hier ist es viel lockerer. Eigentlich ist es den Leuten hier egal was die anderen machen.

Teresa: Wir fühlen uns sicherer. Es würde auch vor allem hier zu keinem Übergriff kommen. Ich glaube, das ist noch mal der Unterschied. Auch wenn sich jemand gestört fühlen würde, wobei wir natürlich da jetzt auch nicht extrem auffallen würden auf der deutschen Straße. Aber dennoch würde es keine gefährliche Situation entstehen. Und meist haben wir auch das Gefühl, dass tatsächlich die meisten Leute sich nicht darum scheren. Es ist ihnen egal.

Cristiana: Es gab hier nur in fünf Jahren eine Situation, dass ein junger Betrunkener, sagte, „wie eklig!“ Das war es. Und er ist gegangen. Und wir sind gegangen

domradio.de: Aber das heißt in Brasilien ist die Gefahr höher, dass so was passieren würde?

Cristiana: In Brasilien sterben Leute. Sie werden auf die Straße manchmal verprügelt.

Teresa: Wir wollen es natürlich nun auch nicht ausreizen und ausprobieren, aber man hört von solchen Geschichten.

Cristiana: Ich persönlich kenne eine Freundin, die so ein bisschen einen männlichen Stil hat. Sie wurde schon auf der Straße angegriffen.

domradio.de: Teresa und Christiana sind bei uns und reden über ihre lesbische Beziehung, über ihre Beziehung, die eine eingetragene Lebenspartnerschaft ist. Ich wähle gerade so komplizierte Worte, weil ich ja nicht sagen kann, ihr habt geheiratet.  Wie sagt ihr das selber? Wie macht ihr das im Alltag?

Teresa: Da wurde ich auch direkt auf dem Standesamt verbessert. Als ich mich für den ersten Termin da vorfand und das besprach, sagte ich dann einmal, und dann heiraten wir. Die Standesbeamtin verbesserte mich sofort. Man kann sagen, ich bin verpartnert. Aber das verstehen die meisten dann doch nicht.

Cristiana: Wir sagen, „ich bin verheiratet.“

Teresa: Ja, oder wir sprechen einfach von meiner Frau.

Cristiana: Am Anfang war das für mich ein bisschen komisch „meine Frau“ zu sagen, muss ich sagen. Aber mittlerweile bin ich schon daran gewöhnt.

domradio.de: Wie reagieren da die Leute? Wenn du sagst, meine Frau ist zu Hause und kocht gerade Essen?

Teresa: Ja, also vielleicht fragen sie dann noch mal nach. Und meistens ist die Reaktion dann fast überrascht. Ja es ist so ein nicht negativer Schock, könnte man sagen. Oder ein Nachfragen.

Cristiana: Manche Leute haben nicht so viel Kontakt mit homosexuellen Pärchen, deswegen sind sie neugierig. Also sie fragen, ehrlich? Und wie läuft’s? Also sie fragen nett.

domradio.de: Diese Zeremonie der Verpartnerung. Wie läuft das ab?

Teresa: Also wir hatten einen Termin um elf Uhr auf dem Standesamt. Und das läuft tatsächlich genauso ab, wie eine Eheschließung von heterosexuellen Pärchen. Das ganz normale Prozedere, 15 Minuten. Der Standesbeamte hält eine kleine Rede. Die ist auch ungefähr gleich. Die Wortwahl ist meine ich auch gleich. So. Und dann ist der Rest natürlich dann freie Gestaltung. Es gibt keine kirchliche Trauung dementsprechend. In der evangelischen Kirche sieht das anders aus, aber wir sind nicht evangelisch. Also traf es nicht zu. Und wir haben uns dann entschieden abends einen Saal zu mieten und eine Feier zu feiern. Ungefähr 120 Leute. Wir hatten Buffet, Band, kleines Rahmenprogramm, also ein bisschen Spiele von Freunden organisiert.

domradio.de: Wie ist das, wenn ihr Kinder adoptieren wollen würdet?

Teresa: Es ist so, dass wir nach der Stiefkind-Adoption das biologische Kind der anderen jeweils adoptieren könnten. Beziehungsweise nicht nur das Biologische, dass muss ich jetzt auch noch sagen. Wir könnten tatsächlich auch zusammen nacheinander adoptieren. Das heißt: Wenn ich alleine ein Kind adoptiere und dann in einem zweiten Schritt Cristiana das gleiche Kind über die Stiefkindadoption adoptiert.

domradio.de: Ist das denn irgendetwas, was in eurer Lebensplanung eine Rolle spielt?

Teresa: Wir haben schon darüber gesprochen, das ist auch Teil des größeren Plans, irgendwann. Momentan, ich bin noch im Studium, steht das nicht an.

domradio.de: Der Glaube spielt für euch im Leben  eine große Rolle. Die Frage, die sich mir als Erstes stellt: Warum, wenn euer Lebensentwurf von der Kirche in dieser Form ja eigentlich abgelehnt wird?

Teresa: Ja, das können wir auch nicht ganz klären, dieses Paradoxum. Tatsächlich ist es eine Gradwanderung zwischen einer offiziellen Kirchenlinie, die dies nicht vorsieht und trotzdem einem Glauben, der sich nicht wegrationalisieren lässt. Also wir versuchen es zu trennen. Kirchenbesuche zum Beispiel machen wir nicht so oft. Wir besuchen keine Gottesdienste regelmäßig. Von unserem persönlichen Glauben aus sind das zwei verschiedene Dinge.

Cristiana: Ich war als Jugendliche sehr katholisch. Als 15 Jährige habe ich in einer Kommunität gelebt. Ich habe die Geschichte des Kirche gelernt,  es ging um Spiritualität und ich ging auch jeden Tag zur Messe. Ich habe also ganz starke Beziehungen mit der Kirche. Aber eine Beziehung mit der Kirche war eine Sache, die ich gelernt habe. Und eine Beziehung mit Gott ist die andere. Also Kirche und Gott sind zwei Sachen, die nicht unbedingt zusammenlaufen müssen. Die Kirche ist von Menschen gemacht und meine Beziehung mit Gott ist etwas Persönliches. Also ich habe mich als Lesbe nie als Enttäuschung gegenüber Gott gefühlt. Ich konnte nicht verstehen, warum die Leute sagen, dass Gott das nicht erlauben würde.

domradio.de: Aber jetzt passiert ja auch relativ viel in der Kirche. Es gab in Rom die Familiensynode, wo zum Beispiel die deutschen Bischöfe sich entschuldigt haben für das Leid, was die katholische Kirche Homosexuellen angetan hat. Spielt das denn für euch eine Rolle?

Teresa: Also die globalen Entwicklungen der Kirche oder was im Vatikan diskutiert wird, beeindruckt mich nicht. Ich nehme es wahr. Ich lese mir das durch. Ich sehe diesbezüglich international keinen Kurswechsel. Ich sehe aber, dass regional und lokal, und dass besonders in Deutschland, im Vergleich zu Brasilien, sich viel verändert und dass es vor allem sehr personenabhängig ist. Ich kenne viele Katholiken und viele auch Angestellte der Kirche, die ganz offen damit umgehen können und in einen Dialog treten können. Und ich erkenne das an. Ich denke aber trotzdem, dass es da auch noch mal einen Unterschied gibt zwischen dem Großen und Ganzen und zwischen dem, was sich auf regionaler Ebene verändert.

Cristiana: Aber ich finde es ist schon sehr wichtig was die Bischöfe sagen, weil das Wort des Vatikans in der Welt Gewicht hat.

domradio.de: Was erhofft ihr euch von der katholischen Kirche? Also hofft ihr, dass ihr irgendwann im Kölner Dom heiraten könnt? Oder würdet ihr es auch wollen?

Teresa: Wir haben jetzt die Verpartnerung hinter uns. Wir würden da wahrscheinlich nicht mehr zurückgehen für eine kirchliche Zeremonie. Und das ist uns auch nicht das Wichtige, glaube ich. Es wäre uns wichtig, dass wir in Gemeinden gehen könnten und wissen, dass wir dort Teil der Gemeinschaft sein dürfen.

Cristiana: Ich habe Hoffnung, dass sich das eines Tages ändert wird. Ich glaube nicht, dass wir das sehen werden. Aber so ein Dialog, wie er im Moment stattfindet, das ist schon ein kleiner Schritt nach vorne.

domradio.de: Was erhofft ihr euch realistisch? Was wird passieren in den nächsten zehn, zwanzig, dreißig Jahren?

Teresa: Also ich glaube, in Deutschland wird es schon weiter Dialog geben. Aber ich kann es mir nicht vorstellen, dass sich tatsächlich flächendeckend etwas ändert. Ich glaube, dass es sehr vereinzelt abläuft. Dass an einigen Stellen Dialog möglich ist und einige Gemeinden dann offener werden oder bestimmte Priester sich offen zeigen. Aber flächendeckend glaube ich, auch in Deutschland kann sich nicht so viel ändern in der Zeit.

domradio.de: Ihr habt jetzt bei einem Dialogforum mitgemacht, das vom Erzbistum Köln veranstaltet wurde. Hättet ihr jemals gedacht, dass die Kirche auf euch zukommt und sagt, erklärt uns mal euren Standpunkt?

Cristiana: Nein, habe ich noch nie gedacht. Und als die Einladung kam, haben wir die angenommen, weil es wichtig ist. Aber ich hatte total Angst. Ich hatte total Angst, weil ich nicht wusste was kommt. Ich habe schreckliche Erfahrungen gemacht in Brasilien, auch mit Katholiken. Und ich hatte eine tierische Angst vor diesem Tag. Aber ich wusste, dass es wichtig war. Aber es war nicht so schlimm.

Teresa: Wir erwarteten auch dann, nach diesem Workshop, kontroversere Reaktionen im Laufe des Tages. Aber die gab es auch nicht. Also wir fanden es einfach einen sehr spannenden Tag. Menschen zu sehen, die vorher sich noch nicht mit diesem Thema auseinandergesetzt haben und die vor allem einfach neugierig sind, mit diesem neuen Thema und da ganz viele Fragen haben.

Cristiana: Aber es war einfach von Mensch zu Mensch. Es war super. Es war eigentlich ein schöner Tag.

domradio.de: Wie ist das für euch, wenn ihr über so was sehr Intimes, sehr persönliches redet, reden müsst? Hat man da Hemmungen?

Cristiana: Also wir haben hier ein kleines Bisschen erzählt. Die Geschichte ist ja noch super lang. Und ich hatte wirklich eine sehr schwierige Zeit in Brasilien, auch mit dem Glauben und der katholischen Kirche. Ich habe einen Onkel, der Priester ist. Ich habe mich nie als Enttäuschung Gott gegenüber gefühlt. Deswegen finde ich wichtig, so was zu erzählen, weil Leuten helfen können. Vielleicht ist jemand in unserer Situation, ist homosexuell und katholisch oder gläubig und weiß nicht, was wird? Aber deswegen ist es für mich wichtig zu erzählen und den Leuten zu zeigen, dass Gott uns liebt. Ich fühle das. Da kann man sagen, was man will. Wenn wir einer Person hier heute helfen konnten, hat sich das schon gelohnt.

Teresa: Und die Hemmungen werden auch abgebaut desto mehr man darüber spricht. Wir haben im Laufe der Jahre auch öfter darüber gesprochen, das heißt mittlerweile ist man da auch etwas lockerer im Umgang und merkt was diese Gespräche helfen und verändern können in Menschen.

Cristiana: Und vor allem das ist ja gar nichts so Persönliches. Das ist einfach eine Liebesgeschichte.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.