US-Bischöfe kritisieren Entscheid für gleichgeschlechtliche Ehe

"Unmoralisch und ungerecht"

US-Präsident Obama vergleicht die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe in den USA mit einem gesellschaftlichen Blitzschlag. Die US-Bischöfe sagen dagegen, die Ehe sei allein dem Bund von Mann und Frau vorbehalten.

Autor/in:
Bernd Tenhage
Befürworter der gleichgeschlechtlichen Ehe am 27.3.13 mit Regenbogenfahnen vor dem Supreme Court in Washington D.C. (dpa)
Befürworter der gleichgeschlechtlichen Ehe am 27.3.13 mit Regenbogenfahnen vor dem Supreme Court in Washington D.C. / ( dpa )

Während vor den Stufen des Supreme Court Aktivisten der "Human Rights Campaign" unter Regenbogenfahnen das historische Gleichberechtigungsurteil feierten, sehen Kirchen und religiöse Einrichtungen in den USA ihre Rechte bedroht. Der Vorsitzende der katholischen US-Bischofskonferenz, Erzbischof Joseph Kurtz, wertete die knappe Fünf-zu-vier-Entscheidung zugunsten der gleichgeschlechtlichen Ehe am Freitag als "einen tragischen Fehler, der dem Gemeinwohl und dem Verletzlichsten unter uns schadet."

Die Entscheidung des obersten Verfassungsgerichts im Fall "Obergefell gegen Hodges" sei genauso wenig wie einst das Abtreibungsurteil "Roe gegen Wade" in der Wahrheit verwurzelt. "Beide werden am Ende keinen Bestand haben". Der Erzbischof sagte, es sei "unmoralisch und ungerecht" von der Regierung, "zu behaupten, dass zwei Menschen desselben Geschlechts eine Ehe schließen könnten". Das sei allein dem "Bund von einem Mann und einer Frau" vorbehalten.

Der Vorsitzende der katholischen US-Bischöfe drückt die auch von anderen Religionsgruppen geteilte Sorge aus, das Urteil könne dazu benutzt werden, die Kirche zu zwingen, gegen ihre Überzeugungen zu handeln. "Ich fordere nun alle auf, ihre Macht und Befugnisse so auszuüben, dass sie die gottgegebene Freiheit derer respektieren, die die Wahrheit suchen, leben und Zeugnis dafür ablegen."

Protestantische Kirche fürchtet um Steuervorteile

Russell Moore von der größten protestantischen Kirche der USA, den Southern Baptist, fürchtet, die landesweite Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe könnte nun zu einer Diskriminierung religiöser Gemeinschaften führen - etwa durch die Aberkennung von Steuervorteilen für christliche Schulen und Universitäten, die gleichgeschlechtliche Ehepaare aufgrund ihrer Glaubensüberzeugungen nicht mit heterosexuellen Paaren gleichstellen wollten.

Moore und andere Kritiker des Urteils beziehen sich dabei auf Äußerungen des Justiziars der Regierung, Donald Verilli. Der hatte während der Anhörung im Frühjahr auf die Frage nach möglichen Konsequenzen einer Legalisierung der Ehe für Gleichgeschlechtliche für die Steuerprivilegien religiöser Einrichtungen erklärt: "Das wird ein Thema werden."

"Veränderung einer sozialen Institution"

Die katholischen Bischöfe unterstützen einen Vorstoß der Republikaner im Senat und Repräsentantenhaus, der darauf abzielt, die Freiheit der Gegner der Ehe für Homosexuelle aus religiösem Gründen nicht zu beschneiden. "In einem Klima der Intoleranz wird solch ein Schutz gebraucht", erklärten zuletzt die Erzbischöfe von San Francisco und Baltimore, Salvatore Cordileone und William Lori.

Diese Sorge teilt die unterlegene Minderheit im Supreme Court. Chef-Richter John Roberts schrieb in seiner abweichenden Meinung, die Mehrheit des Gerichts habe eine "soziale Institution verändert, die über Jahrtausende das Fundament menschlicher Gesellschaften gebildet hat". Dafür gebe es in der Verfassung keine Grundlage. "Wer denken wir, wer wir sind?"

Obama: "Gerechtigkeit wie ein Blitzschlag"

Obama hat eine Antwort darauf. Der Präsident sieht die USA auf dem Weg zu einer "etwas perfekteren Union". Im Rosengarten des Weißen Hauses lobte er die historische Entscheidung des Gerichts. Soziale Gerechtigkeit komme manchmal nur in kleinen Schritten voran. "Und dann gibt es Tage wie diese, wenn langsame, stetige Bemühungen belohnt werden mit Gerechtigkeit, die wie ein Blitzschlag ankommt."

Der Supreme Court hatte die widersprüchliche Rechtsprechung unterer Instanzen im Fall des Witwers Jim Obergefell in Ohio sowie drei anderer Kläger in Michigan, Kentucky und Tennessee zum Anlass genommen, das Thema der Ehe für Gleichgeschlechtliche grundsätzlich zu klären. Der moderate Richter Anthony Kennedy schlug sich auf die Seite der vier liberalen, die in der Verfassung einen Anspruch auf Gleichbehandlung Homosexueller sahen. "Grundrechte hängen nicht vom Ausgang von Wahlen ab", wies er in der Mehrheitsmeinung den Versuch zurück, gleichgeschlechtliche Ehen per Gesetz zu verbieten.

Mit dem rechtlich nicht mehr anfechtbaren Urteil wird die gleichgeschlechtliche Ehe nun in allen 50 US-Bundesstaaten zu einem Rechtsanspruch. Gleichzeitig beendet es die Rechtsunsicherheit von Paaren, die in jenen 34 Staaten geheiratet hatten, in denen die Ehe zwischen Homosexuellen bereits gestattet war.


Quelle:
KNA